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1008 - Endloser Schrecken

1008 - Endloser Schrecken

Titel: 1008 - Endloser Schrecken
Autoren: Jason Dark
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helfen?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Es war furchtbar für mich, sein Gesicht ansehen zu müssen. Ein altes Gesicht, aber ein jüngerer Körper. Ein Austausch«, flüsterte sie.
    »Sir, Sie waren doch in der Leichenhalle bei den Särgen, haben Sie den echten Horace F. Sinclair gesehen?«
    »Nein, das habe ich nicht. Ich gebe zu, es hat mich gereizt, den Sarg zu öffnen, aber ich habe mich letztendlich doch nicht überwinden können. Nennen Sie es meinetwegen Feigheit.«
    »Auf keinen Fall ist das feige, Sir«, sagte Suko. »Ich kann mir vorstellen, daß John es Ihnen übelgenommen hätte. Denn das hier muß er allein durchstehen.«
    »Sie haben recht.«
    »Wirklich allein?« fragte Bill.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun ja, wir sind hergekommen, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Es hat sich einiges verändert. Nichts ist mehr so, wie es vor kurzem noch war. Wie denken Sie darüber, Sir?«
    »Ähnlich wie Sie, Bill. Ich habe John Sinclair versprochen, daß ich ihn nicht im Stich lasse, aber wir sollten uns noch zurückhalten, denke ich mir. Er muß mit sich selbst und mit anderen Dingen fertig werden. Erst wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist, gehen wir in die Leichenhalle. Auch ich gehe davon aus, daß wir ihm eventuell helfen müssen.«
    Damit waren alle einverstanden.
    »Setzen wir uns eine Frist?« fragte Jane.
    »Wie sollen Sie das erreichen, Miß Collins.«
    »Dann handeln wir nach Gefühl?«
    »So ähnlich…«
    ***
    Ich kannte den Weg mittlerweile, war ihn schon mehrmals gegangen, aber nie zuvor war er mir so schwergefallen wie in diesen langen Minuten. Die Tür zur Halle war wieder hinter mir zugefallen.
    Der schwappende Laut klang noch in meinen Ohren nach, als wäre die Tür einer alten Gruft zugefallen.
    In der Halle hatte sich ein anderer Geruch ausgebreitet. Er stammte von den zahlreichen Kränzen und Blumengestecken, die beide Särge einrahmten.
    Letzte Grüße von Freunden und Bekannten. Mir fiel ein, daß ich selbst keinen Kranz besorgt hatte. In all dem Chaos hatte ich das einfach vergessen.
    Ich ging durch den Mittelgang. Schleppende Schritte. Das Gewicht des Schwerts, das mir bisher nichts ausgemacht hatte, merkte ich jetzt doppelt so stark. Ebenso wie das Zittern meiner Glieder und auch die Nässe auf der Stirn.
    Als scharfes Geräusch drang mein Atem durch die Nase. Mein Herz klopfte viel stärker als gewöhnlich. Manchmal hatte ich auch den Eindruck, den Kontakt mit dem Boden verloren zu haben, und so schwamm ich fast über ihn hinweg.
    Das starre Holz der Sitzreihen war zu Schatten geworden, die an mir vorbeiglitten. Je näher ich den beiden Särgen kam, um so intensiver nahm ich den Geruch der Kränze und Blumen wahr. Mir wurde übel. Der Magen drehte sich um, und immer öfter wischte ich mit der freien Hand über meine linke Wange.
    Als mein Fuß einen Kranz berührte, blieb ich stehen. Ich wußte, was ich zu tun hatte. Das Schwert legte ich auf die erste Sitzbank.
    Dann fing ich an, die Kränze und Blumen vom Sarg meines Vaters zu räumen.
    Es ging mir alles sehr, sehr langsam von der Hand. Einige Male kam es mir vor, als wäre nicht ich es, der diese Tätigkeit übernommen hatte, sondern ein Fremder.
    Ich legte alles zur Seite.
    Freie Bahn.
    Die Verschlüsse waren geschlossen, aber ich wußte, wie ich sie öffnen konnte. Das Blut war mir in den Kopf gestiegen. Ich zitterte an allen Gliedern. Vor meinen Augen entstanden Bilder, deren Motive ich aber nicht behielt, weil sie wieder so schnell verschwanden. Umgeben war ich von einer Insel der Stille, die nur von meinen eigenen Atemgeräuschen unterbrochen wurde.
    Der Reihe nach löste ich die Verschlüsse. Ich war jetzt bereit, den Sarg zu öffnen. Schweißtropfen fielen auf den Deckel, den ich mit beiden Händen bereits festhielt.
    Das Zittern in den Armen pflanzte sich fort bis in die Schultern hinein. Vor meinen Augen tanzte die Umgebung, aber ich konnte es schaffen. Der Ruck. Das Anheben. Der Deckel war weg.
    Ich hielt die Augen geschlossen, als ich das schwere Oberteil zur Seite stellte.
    Danach drückte ich mich wieder aus meiner gebückten Haltung hoch. Jetzt konnte ich meinen Vater sehen.
    Mein Vater?
    Fast wäre in meiner Kehle noch ein kratziges Lachen hochgestiegen. Der Mann, der dort lag, war mein Vater, und er war es trotzdem nicht, denn er hatte mein Gesicht.
    Mein Gesicht!
    Er war tot, aber ich mußte ihn noch einmal töten. Irgendwo tötete ich dabei auch mich selbst.
    Lalibelas Zauber oder Lalibelas Magie waren stärker, als
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