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1001 Kuss - und dann Schluss

1001 Kuss - und dann Schluss

Titel: 1001 Kuss - und dann Schluss
Autoren: Susan Stephens
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einsam.
    Doch darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Wie sollte man in dieser schicken französischen Stadt nicht einsam sein, wenn hier nur Paare auftauchten? Lucy hatte immer gewusst, dass sie nie dazugehören würde und gab sich damit zufrieden, die Energie und das Vergnügen der anderen mitzuerleben. Sie war schüchtern, pummelig und unauffällig. Da hatte man es in Gesellschaft glamouröser, selbstbewusster Menschen schwer, die zudem vollen Körpereinsatz zeigten – nicht nur beim Skilaufen. Aber sie durfte für sie kochen und es ihnen im Chalet so gemütlich wie möglich machen. Das war eine lohnende Aufgabe, mit der sie sich einstweilen zufriedengab.
    Eines Tages werde ich meinem Prinzen begegnen, dachte Lucy verträumt und berührte den silbernen Schuh, den sie als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trug. Hoffentlich übersah er sie nicht unter den vielen hübschen, schlanken, trainierten Mädchen!
    „Bis später!“
    Die Haustür fiel ins Schloss, und Lucy beobachtete, wie Fiona sich in die Arme ihrer neuesten Eroberung warf.
    Lucy wandte sich ab. Die Schneelandschaft mit den hohen Bergen, der klaren Luft und dem gleißenden Licht, das zwischen den zerklüfteten Granitspitzen hindurch bis ins Tal fiel, war wirklich zauberhaft. Aber noch wichtiger waren ihr die entspannte, fröhliche Arbeitsatmosphäre, der Zusammenhalt mit den Kollegen und die Herzlichkeit der Gäste. Was sie zu Hause im Zentrum einer nach Abgasen stinkenden, lauten Stadt bei ihrer Familie vermisste, die ihre Nasen ständig in Bücher steckte, fand sie hier in dieser ursprünglichen Wildnis.
    Aufmerksam überprüfte sie den Inhalt des Kühlschranks. Sie las auch gern, aber sie setzte das Gelesene auch gern in die Praxis um. Darum war sie hier gelandet – in der pittoresken Ecke eines Alpendorfs, mit einem Gebirgsbach vor dem Holzchalet. Sie genoss die Auswahl köstlicher Käsesorten aus der Region und die Milch und Sahne im Kühlschrank, die sie von Bauernhöfen in der Umgebung bezog. Noch immer fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie mit den Erzeugern der Region bestmögliche Konditionen aushandelte und tatsächlich für die Skisaison bei einer der Topfirmen in Val d’Isère als Köchin angestellt war.
    Aber sie hatte dafür auch einiges getan. Lucy schrieb schnell auf, was sie für die vor ihr liegende Woche bestellen musste und machte den Kühlschrank wieder zu. Vor dem verantwortungsvollen Job im französischen Chalet hatte sie in einem englischen Nobelrestaurant das Kochen von der Pike auf gelernt. Monsieur Roulet persönlich hatte ihr das alles entscheidende Empfehlungsschreiben mit auf den Weg gegeben. Natürlich war es ständig eine neue Herausforderung, für anspruchsvolle Kunden zu kochen, aber das machte ja gerade den Reiz dieser Aufgabe aus. Außerdem hatte Lucy endlich die Gelegenheit bekommen, aus dem Schatten ihrer Brüder herauszutreten.
    Lucys sechs Brüder zeichneten sich auf Gebieten aus, die ihre Eltern höher einschätzten als die Kochkünste ihrer Tochter. Ihr Selbstbewusstsein hatte einen empfindlichen Dämpfer bekommen, als ihre Mutter ihr eines Tages anvertraut hatte, sie hätten keine Ahnung, was sie mit einer Tochter anfangen sollten – dazu noch mit einer, die kochte! In den Augen ihrer Mutter wirkte sich die Leidenschaft fürs Kochen abwertend auf die Stellung als Frau in der Gesellschaft aus. Als sie dann noch in ihrer lässigen, leicht abwesenden Art hinzugefügt hatte, Lucy sollte lieber zu Hause bleiben und für ihre Familie kochen, weil sie dann wenigstens keinen Unsinn anstellen konnte, war das Maß voll gewesen. Lucy hatte gewusst, dass es an der Zeit war, eigene Weg zu gehen.
    Lucy lächelte trocken. Ihre Mutter würde es wahrscheinlich begrüßen, dass Männer sie wie eine kleine Schwester behandelten. Wenigstens war sie den ständigen Erwartungen ihrer Familie entkommen und hatte nun Gelegenheit herauszufinden, wer sie eigentlich war. Es gefiel ihr, Menschen mit ihren Kochkünsten zu erfreuen und Anerkennung zu erfahren.
    Die Familie war völlig überrumpelt gewesen, als Lucy verkündet hatte, sie habe einen Ausbildungsplatz bei Monsieur Roulet erhalten. Auch sie selbst war überrascht gewesen, dass der furchterregende Sternekoch sie tatsächlich nehmen wollte. Als er sie nach der Ausbildung dann zur Seite nahm, ihr riet, ins Ausland zu gehen und ihr sogar ein persönliches Empfehlungsschreiben mitgab, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Um den Mann, der ihre Karriere gefördert hatte,
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