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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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versteinert da.
    Dann floh er regelrecht aus der Kajüte und rief seine Männer zu sich.
    Nele stand hinter ihm, als er Befehl erteilte, den Anker zu lichten, die Segel zu setzen und dieselbe Weisung auch an die Begleitschiffe zu übermitteln.
    Er tischte ihnen genau das auf, was Nele ihm eingeflüstert hatte. Seine Männer schienen wenig begeistert, meuterten aber auch nicht.
    Niemand verfolgte den kleinen Verband, als er aus der Bucht fuhr und Kurs Südost setzte.
    ***
    Tage später ging die La Caduta dell'Angelo im Schutze der Nacht zusammen mit den sechs anderen Galeeren an den Gestaden des Heiligen Landes vor Anker.
    Das Wasser war so seicht, dass die Mehrzahl der Wallfahrer einfach hineinspringen und zum Ufer waten konnte. Nur die Kleinsten, die Schwachen und während der Überfahrt Erkrankten mussten mit Schaluppen an Land gerudert werden.
    Nele hatte Adamo Rossi befohlen, nicht vor Tagesanbruch die Segel zu hissen und mit seinen Schiffen Fahrt aufzunehmen. Da er immer noch die Klinge fürchtete, die Nele ihm angedroht hatte, würde er gehorchen.
    Vom Ufer aus sahen sie und Nikolaus zu, wie die Kinderschar sich am Strand sammelte. Der Capitano hatte ihnen beinahe seine letzten Wasservorräte überlassen, musste folglich selbst dringend wieder die Fässer auffüllen, bevor er sich an die Rückreise über das Meer machte.
    Daran jedoch verschwendete Nele jetzt keine Zeit. Sie hatte sich mit Nikolaus in die Dünen zurückgezogen, weil sie allein und ungestört mit ihm sprechen wollte. Seit sie den Sklavenhändlern entronnen waren, war ein Entschluss in ihr gereift.
    »Du bist immer noch von deiner Bestimmung überzeugt?«, fragte sie den weizenblonde Jungen, dessen Züge seit ihrer Begegnung vor dem Brunnen merklich ausdrucksstarker, gereift, waren. Das Kindliche war fast völlig daraus verschwunden. Aber das tat seinem Charisma keinen Abbruch. Er wirkte fast schon erwachsen, und wenn Nele in sein Gesicht schaute, kam es ihr vor, als würde sie sehen, wie auch sie selbst sich vom Mädchen zur Frau entwickelt hatte.
    »Natürlich!« Er wirkte überrascht, dass sie ausgerechnet diese Frage stellte.
    »Obwohl Gott uns nicht schützte, als diese Leute…« Sie zeigte zu den Galeeren, die als dunkle Schattenrisse unter dem Sternenzelt ankerten. »… uns verschachern und in die Unfreiheit schicken wollten?«
    »Wieso denkst du das?«, fragte er.
    »Was?«
    »Dass er uns nicht beschützte?«
    »Weil es offen-«, setzte sie an.
    »Er hat dich geschickt. Du hast uns vor Schlimmem bewahrt - aber du warst nur sein Werkzeug.«
    Sie hörte an seinem Ton, dass er es ernst meinte, und musste schlucken.
    »Dann«, sagte sie, »wird dir nicht gefallen, was ich dir jetzt zu sagen habe.«
    »Was?«
    »Ich werde dich - und euch - verlassen.«
    »Verlassen?« Er wirkte ehrlich betroffen. Natürlich. Er liebte sie, wie sie ihn liebte.
    Aber manchmal war Liebe nicht genug.
    Sie erklärte es ihm. Erklärte ihm, dass sie wieder zurück an Bord der La Caduta dell'Angelo gehen und als Geist an Adamo Rossis Seite nach Italien zurückkehren würde. Dort, in Genua wollte sie die Fährte ihres verschollenen Bruders aufnehmen und herausfinden, was mit ihm geschehen war. Später wollte sie entweder mit Julius oder allein weiterziehen. Nach Deutschland. Oder sonst wohin.
    »Die Welt ist groß«, sagte sie.
    In dieser Nacht bewies Nikolaus, dass er tatsächlich zum Mann geworden war.
    Er akzeptierte ihre Entscheidung, wenngleich er keinen Zweifel daran ließ, dass er sich wünschte, sie würde Jerusalem an seiner Seite betreten.
    Dann legten sie sich nebeneinander und küssten sich wie zwei Verdurstende, die aus dem jeweils anderen tranken.
    Erst im Morgengrauen lösten sie sich voneinander. Nele verließ die anderen Kinder ohne Erklärung und kehrte auf Capitano Rossis Galeere zurück.
    Auf diese Weise würde sie ihn daran hindern können, vielleicht doch noch zur Hatz auf die Kreuzfahrer zu blasen. Er würde keine Stunde bis Genua verbringen können, ohne ihren drohenden Atem im Genick zu spüren.
    Und so trennten sich die Wege von Nele Großkreutz und dem Anführer des Kinderkreuzzuges. Für eine lange, lange Zeit.
    Wenn auch nicht für ewig…
    ***
    Gegenwart
    Zamorra blickte auf die Greisin, die sich während des Erzählens wieder zurück in den Ohrensessel hatte sinken lassen. Ihre Zuhörer hatten auf der Bettkante Platz genommen.
    »Die Geschichte«, sagte Zamorra, als die alte Frau eine Weile geschwiegen hatte, »ist außergewöhnlich,
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