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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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begegnet. Es ist der grausamste und brutalste Menschenschlag, den man sich vorstellen kann. Aber auch feige. Eine so große Zahl von Schiffen, die in Sichtweite zueinander segeln, würden sie niemals angreifen.«
    »Auch dafür sind wir Euch und Eurem Herrn zu unendlichem Dank verpflichtet«, sagte Nikolaus. »Ich weiß immer noch nicht, was ich zu der Großzügigkeit und dem Aufwand, der für uns getätigt wird, sagen soll.«
    »Schließt uns in eure Gebete ein«, sagte Rossi leichthin. »Das wäre meinem Herrn und mir - und allen, die ebenso für eure Sache einstehen - Lohn genug.«
    Nele war sprachlos vom Auftritt des Mannes, dem Nikolaus nichts Geringeres als ein halbes Tausend Kinder und Halbwüchsiger anvertrauen wollte - sich selbst und sie, Nele, eingeschlossen.
    Später, als sie die Kajüte verlassen und für kurze Zeit allein waren, wandte sie sich entschieden an Nikolaus. »Wir können ihm nicht vertrauen - und ich kann nicht gehen, ohne zu wissen, was mit Julius ist!«
    Ihr Bruder war seit Nikolaus' Scheitern nicht wieder aufgetaucht.
    »Wir können vor allem eines nicht - diese Chance ungenutzt verstreichen lassen«, sagte Nikolaus. »Eine zweite Gelegenheit dieser Art wird sich nicht ergeben. Sieben Schiffe! Hier hat Gott der Allmächtige seine Hand im Spiel.«
    »Und warum hatte er sie nicht im Spiel, als es darum ging, das Meer zu teilen?«
    Noch während sie es grimmig fragte, bereute sie es bereits.
    Aber es war zu spät, es zurückzunehmen.
    Nikolaus sah sie mit leerem Blick an. »In Wahrheit gibst du nicht Gott, sondern mir die Schuld am Ausbleiben des Wunders.«
    »Unsinn!«
    Er wandte sich ab, entfernte sich vom Kajütenaufbau. Die Wallfahrer waren im Lagerraum des hinteren Decks untergebracht. »Es steht dir frei, mitzukommen oder wieder von Bord zu gehen«, hörte sie ihn noch sagen.
    Ein kalter harter Klumpen bildete sich in ihrem Magen.
    Die ganze Nacht gingen sie einander aus dem Weg, wechselten kein Wort mehr. Nele war hin- und hergerissen zwischen ihrer Sorge um Julius und der Liebe zu Nikolaus.
    Am Ende siegte die Liebe - auch wenn es ein Pyrrhussieg war, das spürte sie.
    »Hast du dich entschieden?« Wie aus dem Nichts tauchte er im Morgengrauen neben ihr an der Reling auf. »Die Rampe wird gleich eingeholt. Wenn du gehen willst…«
    »Ich bleibe. Es ist auch mein Kreuzzug. Vielleicht ist Julius längst auf dem Weg nach Hause. Auch wenn ich nicht weiß, was er dort zu finden hofft. Ich wünschte, er hätte mit mir gesprochen und wäre nicht einfach fortgerannt! Ich weiß nicht einmal, ob er überhaupt noch am Leben ist. Und wie groß wäre meine Chance, ihn in Genua zu finden, wenn ich ganz auf mich allein gestellt nach ihm suchte?«
    Erst jetzt drehte sie sich zu Nikolaus um.
    Er wirkte angeschlagen, aber erleichtert - weil sie sich entschieden hatte, bei ihm zu bleiben?
    »Wir befreien Jerusalem«, sagte er, aber den Worten fehlte das Feuer und die Leidenschaft, mit denen er sie sonst gesprochen hatte. Fast klangen sie wie auswendig gelernt. »Und wenn wir Jerusalem befreit haben, kehren wir hierher zurück und forschen gemeinsam nach deinem Bruder.«
    Nele wusste, dass er keine leichtfertigen Versprechungen machte. Dennoch zweifelte sie daran, dass es je dazu kommen würde.
    Die La Caduta dell'Angelo war nicht das, was sie zu sein schien. Capitano Adamo Rossi war nicht der, der er zu sein vorgab.
    Und diese Mission hatte von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden.
    Aber wenn dies alles in der von ihr befürchteten Katastrophe endete, wollte sie dabei sein. Dann wollte sie zusammen mit Nikolaus in das einzige Reich eingehen, zu dem Menschen wie der Kölner Erzbischof, wie Wenzel oder Rossi keinen Zugang finden würden.
    Der Himmel. Nele glaubte immer noch felsenfest an das himmlische Reich, in dem sie ihrer Sorgen ledig sein würden.
    Darüber vergaß sie, dass es auch eine Hölle gab.
    Die Hölle auf Erden.
    Zu der die sieben Galeeren früh am Morgen aufbrachen. Ihre Bäuche waren prall gefüllt mit Kindern aller Altersgruppen, die ihrer Bestimmung nicht entgehen würden.
    Nur dass diese Bestimmung nicht Jerusalem hieß.
    ***
    Wieder hatte es Tote gegeben. Trotz scheinbar ausreichender Verpflegung starben allein auf der La Caduta dell'Angelo während der Überfahrt drei Mädchen und ein Knabe. Adamo Rossi brachte jedes Mal sein, wie er es nannte, »tief empfundenes Beileid« zum Ausdruck. Die Toten wurden feierlich der See überantwortet - was Nele wie eine heidnische
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