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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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schon häufiger Geschäfte gemacht hatte. Und zweifellos hatte der genuesische Eigentümer der Handelsflotte von Anfang an, als er den Kindern die Schiffe zur Überfahrt anbot, im Sinn gehabt, sie jenseits des Meeres in die Sklaverei zu verkaufen.
    Nele hörte noch eine Weile zu, dann kehrte sie zu Nikolaus zurück.
    Er schien mit keiner Hiobsbotschaft zu rechnen.
    Aber darauf konnte und wollte Nele keine Rücksicht nehmen.
    ***
    »In die Sklaverei?«
    »Leise! Wir dürfen nicht verraten, dass wir Bescheid wissen!«
    Nikolaus schien sich unsicher zu sein, ob er ihrem Bericht Glauben schenken sollte.
    »Habe ich dich jemals hinters Licht geführt?«, fragte sie mit galoppierendem Herzschlag. Sie suchte fieberhaft nach einem Ausweg aus der Falle - aber solange sie auf dem Schiff waren…
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dann musst du mir vertrauen!«
    »Das tue ich. Aber wie kann Gott es zulassen, dass…«
    Sie schnitt ihm das Wort ab. »Lass uns darüber ein anderes Mal diskutieren. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir den heimtückischen Plan des Kapitäns durchkreuzen.«
    »Was können wir schon tun?«
    »Wir sind viele«, gab sie zu bedenken. »Viel mehr als sie. Aber nur solange wir noch auf der La Caduta dell'Angelo sind. Wenn wir eine Chance haben wollen, müssen wir jetzt handeln. Jetzt. «
    Er fasste sie an den Schultern und sah sie eindringlich an. »Bist du sicher , dass sich alles so verhält, wie du es mir gerade erzählt hast? Wenn wir ihnen Unrecht täten…«
    »Nicht auszudenken, ich weiß. Aber: Ja, ich bin sicher!«
    Ein letzter Blickwechsel, dann begaben sie sich zu Nikolaus' unter Deck eingepferchten Anhängern. Mit gefasster Stimme berichtete Nikolaus ihnen, in welcher Gefahr sie schwebten. Es fiel ihm sichtlich schwer - immerhin dokumentierte er gerade, dass Gott sie zum zweiten Mal in Folge im Stich gelassen hatten.
    Obwohl er ihr Ansinnen eigentlich hätte gutheißen und unterstützen müssen.
    Dieser Zwiespalt drangsalierte auch Nikolaus, wie Nele erkannte. Sie unterstützte ihn so gut sie nur konnte, um aufglimmenden Zorn - Zorn auf ihn - im Keime zu ersticken.
    Dann ging alles sehr schnell. Offenbar war seine Ansprache nicht unbemerkt geblieben. Von oben fiel die Luke, durch die Licht und Luft in den Frachtraum strömten, polternd zu, und eine Stimme, die zweifellos Adamo Rossi gehörte, rief: »Ihr närrischen Kinder! Wie könnt ihr denken, dass ich mich euch durch die Lappen gehen lasse! Ihr kommt erst wieder ans Tageslicht, wenn wir im Hafen anlegen. Mein Geschäftspartner und ich sind uns einig geworden. Ihr werdet eine neue Kultur kennenlernen - vergesst euren Herrgott, der euch auch vergessen hat!« Er lachte heiser. Dann, als das Raunen als Zeichen des Unmuts im Bauch der Galeere anschwoll, fügte er hinzu: »Benehmt euch, sonst lasse ich euch da drinnen verrotten!«
    Nele war ebenso schockiert wie alle anderen. Sie hoffte nur, dass alle die Nerven behielten und nicht in Panik verfielen. Auf so engem Raum wäre das tödlich gewesen.
    »Beruhigt euch«, ermahnte sie ihre in Tränen der Wut und Furcht ausbrechenden Leidensgenossen. »Wir finden einen Ausweg. Ich kümmere mich darum.«
    »Und wie?«, rief jemand aus der Menge. »Sie haben die Luke von draußen fest verrammelt. Sie aufzubrechen, werden wir nicht schaffen!«
    »Das wird auch nicht nötig sein«, ergriff endlich auch Nikolaus wieder das Wort. »Gott ist mit uns. Er hat uns…« Sein Blick suchte und fand in der Düsternis, die nur durch ein paar Ritzen erhellt wurde, Neles Gesicht. »… einen Engel geschickt, der uns erretten wird!«
    ***
    Der Einsatz des »Engels« verlangte mehr Courage von Nele als alles, was sie in ihrem Leben jemals auf sich genommen hatte.
    Zudem musste sie schnell handeln.
    Sie musste diejenigen, die sich schon die Hände rieben ob der Menge an »Frischfleisch«, das ihnen versprochen worden war, ebenso überraschen wie diejenigen, die ihnen den Nachschub für ihre Sklavenmärkte besorgt hatten!
    Nele wurde zum Geist und durchdrang die Barriere, die sie vom Oberdeck fernhalten sollte, so mühelos, als wäre sie Rauch, der durch einen Kamin nach oben drängte.
    Auch jenseits der Luke blieb sie in ihrem feinstofflichen Zustand und damit unsichtbar für jeden normalen Betrachter - ungeklärt war indes immer noch, warum gerade Nikolaus sie selbst im Schutze ihrer Gabe zu sehen vermochte. Schlummerte in ihm eine vergleichbare Kraft, die nur noch nicht zum Ausbruch gekommen war?
    Nele sondierte die Lage an
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