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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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Opfergabe vorkam, die die Wettergeister gnädig stimmen sollte.
    Und tatsächlich schien bei jeder Seebestattung der Wellengang nachzulassen, und gerade noch tobende Winde schwächten zu einer Brise ab, die ideal war, um schnell voranzukommen, ohne ein Schiff vom Kurs abzubringen.
    Nach etlichen Tagen kam Land in Sicht.
    »Bald«, sagte Capitano Rossi, »bald werdet ihr den Ungläubigen die Köpfe waschen können!«
    So nannte er es - er hatte nicht verstanden, was Nikolaus in jener Nacht von Gott selbst oder einem seiner Engel auf getragen bekommen hatte. Er hatte nicht verstanden, dass die kindlichen Wallfahrer die heiligen Stätten von Jerusalem mit bloßer Überzeugungskraft - der Kraft ihrer Unschuld - zurückgewinnen wollten.
    Aus seiner Sicht mochte dies auch einfältig sein. Die Unschuld, daran zweifelte Nele keinen Augenblick, hatte er schon vor langer Zeit hinter sich gelassen.
    Je näher das Ziel kam, desto unruhiger wurde sie - aber in anderer Weise als Nikolaus, der es kaum erwarten konnte, an Land zu gehen, während Nele am liebsten gar nicht erst an Land gegangen wäre. Nicht mit dem Geleit eines Mannes von Rossis Kaliber jedenfalls.
    Zwischendurch hoffte sie des Öfteren, sich völlig unnötig Sorgen zu machen. Es gab keine Verbindung zu den anderen Galeeren, abgesehen vom bloßen Blickkontakt. Wie es auf ihnen aussah, konnten sie nur vermuten, aber es stand zu befürchten, dass es auch dort Opfer zu beklagen gab.
    Schließlich kam ein Hafen in Sicht, und Capitano Rossi gab Befehl, einzulaufen.
    »Ist das schon Alexandria?«, fragte Nikolaus erwartungsvoll. Sie waren zu weit entfernt, um die Bauweise der Häuser erkennen zu können.
    »Ja«, sagte der Comandante - aber in einem Tonfall, der Neles Argwohn aufs Neue und heftiger als je zuvor entfachte.
    »Das Land der Pharaonen«, murmelte Nikolaus ehrfurchtsvoll.
    Sie gingen in einigem Abstand zu den Kaimauern vor Anker. Ein Boot, angetrieben von einem halben Dutzend Ruderern, kam ihnen entgegen und ging längsseits. Ein einzelner Mann in fremdartiger Kleidung kletterte über eine Strickleiter an Bord und verschwand grußlos mit Adamo Rossi in dessen Kajüte.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Nele.
    »Und was genau?«, fragte Nikolaus gereizt.
    Nele verstand seinen Ärger - weil sie ihm unablässig madigmachte, was er für eine glückliche Fügung des Schicksal hielt.
    Aber sie blieb dabei: Es gefiel ihr nicht.
    Der Kerl an Bord gefiel ihr nicht - und die Art, wie Adamo Rossi ihn empfangen hatte, auch nicht. Sie hatten sich in einer fremden, unverständlichen Sprache miteinander unterhalten. Es war nicht Rossis Muttersprache, eher die des Ankömmlings.
    Nele traf eine Entscheidung.
    »Ich werde dich kurz allein lassen. Sei nicht beunruhigt, wenn es etwas länger wird. Mir passiert schon nichts, ich gebe gut acht auf mich.«
    »Was hast du vor?«
    »Spionieren«, sagte sie leichthin. »Ich rücke den beiden auf den Pelz. Auf meine Weise.«
    ***
    Sie erweckte die Gabe in sich - und wurde zum Geist. Sie musste die Kajütentür nicht einmal öffnen, um sie zu durchschreiten. Schon stand sie im Inneren, wo Adamo Rossi und der dunkelhäutige Fremde am Kapitänstisch saßen und sich miteinander in gemäßigter Lautstärke, aber energischem Tonfall miteinander unterhielten.
    Nele verstand sofort, was sie taten.
    Sie feilschten miteinander. Und zu ihrer eigenen Verwunderung verstand sie jedes Wort, obwohl die beiden sich immer noch der Sprache des Fremden bedienten.
    Eine Sprache, die ich nicht beherrsche. Wie kann das sein?
    Sie war unsichtbar. Sie bewegte sich unter der schützenden Magie ihrer Gabe.
    Erlebte sie gerade eine weitere Nuance dieser in ihr wohnenden übernatürlichen Fähigkeit? Verstand sie die beiden in fremder Zunge sprechenden Männer, weil sie als Geist zu ihnen gekommen war?
    Sie grübelte nicht länger darüber, sondern hörte zu.
    Hörte genau zu, wie Capitano Rossi seinem Gegenüber den Preis auf seine Ladung nannte - und wie dieser sein Gegenangebot machte, das offenbar deutlich darunter lag.
    Die Ladung, um die es ging, das wurde schon aus den ersten Sätzen deutlich, waren keine toten Güter, die vielleicht noch irgendwo unter Deck lagerten - nein, es ging um die Fracht, die Rossi in höchsten Tönen anpries und die ahnungslos über alle sieben Galeeren verteilt danach fieberte, endlich das gelobte Land zu betreten!
    Dieser Schweinehund, ich wusste es.
    Offenbar war der dunkelhäutige Besucher ein Sklavenhändler, mit dem Rossi
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