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0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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versucht hatte, diesen Ort zu erreichen?
    War die Unsterblichkeit etwa zur Quelle zurückgekehrt? Hatte er sich nicht als würdig erwiesen?
    Mit schmerzenden Gliedern rappelte er sich auf. Ein Blick über den Friedhof zeigte ihm, dass er es noch gut erwischt hatte. Er traute seinen Augen kaum. Zamorra sah aus wie ein alter Mann und statt Dunja entdeckte er nur noch ihre Kleider auf dem Boden. Quoll da Staub aus den Ärmeln?
    Dylan musste heftig schlucken. Offenbar war er nicht der Einzige, der die Unsterblichkeit verloren hatte.
    Schlimm genug, doch außerdem steckten Zamorra und Rhett in argen Schwierigkeiten. Der Erbfolger rang mit einem Blutsauger auf dem Boden und ein weiterer dieser ekligen Langzähne setzte dem Professor zu. Zu allem Überfluss waren auch die Achtziger-Blondine und der Junge wieder erwacht.
    Seinen schlaffen Muskeln zum Trotz wollte er den Freunden zu Hilfe eilen, da entdeckte er das nächste Unheil.
    Der Boden vor ihm schien zu leben. Ein wuselndes, wimmelndes Geflecht aus Wurzelsträngen kroch langsam, aber unaufhaltsam auf ihn zu.
    Er fuhr herum. Das gleiche Bild.
    Dylan und der Monolith bildeten das Zentrum eines sich immer enger ziehenden Kreises aus dämonisch beseelten Wurzeln.
    Springen!
    Im gleichen Augenblick verwarf er den Gedanken. Es waren einfach zu viele. Selbst wenn er fit gewesen wäre, hätte er sich schwer getan, sie zu überspringen. Aber im Zustand der Erschöpfung war es ein Ding der Unmöglichkeit.
    Von der Erdbewegung aufgescheucht, huschte vor ihm eine Maus aus ihrem Loch. Sie lief einige Meter, blieb stehen und schnupperte aufgeregt. Gerade, als sie weiterlaufen wollte, schoss eine der Wurzeln heran und spießte das Tier auf. Sie hob es hoch und zog es ins Geflecht, wo sich sofort weitere Stränge um die Beinchen und den Hals wickelten und den armen Nager zerfetzten.
    Dylan würgte, als ihn etwas Mäuseblut im Gesicht traf. Das also stand ihm bevor, wenn die Wurzeln ihn erwischten.
    Langsam wich er zurück. Was sollte er tun? Auf den Monolithen klettern? Doch dahin würden ihn die Stränge sicher verfolgen.
    Hätte er doch nur den E-Blaster bei sich. Aber den hatte er bei Rhett und Zamorra fallen lassen, bevor er wie in Trance seiner ausströmenden Unsterblichkeit hintergelaufen war. Mit dem Laserstrahl hätte er eine hübsche Bresche in das Geflecht brutzeln können.
    Er tat einen weiteren Schritt zurück, verfing sich an etwas und stürzte.
    Die Wurzeln! Sie sind schon hinter mir. Und nun falle ich ihnen direkt in die Arme.
    Aber es war keine Wurzel. Noch nicht. Ein Stein ragte so weit aus dem Erdboden, dass Dylan an ihm hängen geblieben war.
    Doch das dämonische Geflecht kam immer näher. Fingern gleich tasteten erste Pflanzenstränge nach seinen Schuhen. Hastig zog Dylan die Beine an und kroch rückwärts auf den Monolithen zu.
    Da spürte er ihn auch schon im Rücken. Aus! Das Ende der Flucht.
    Er schob sich seitlich am Stein entlang. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg.
    Etwas packte ihn am Handgelenk, umklammerte es und schob sich im Inneren des Hemdsärmels nach oben.
    Als hätte er eine heiße Herdplatte berührt, riss Dylan die Hand zurück. Es war keine Wurzel, die sein Gelenk umschlang, sondern schwarze Linien. Wie lebendige Tattoos.
    Er fetzte den Hemdsärmel auf, sodass zwei Knöpfe davonsprangen, und schob ihn hoch.
    Ein merkwürdiges Ding wie ein Stoffstreifen schmiegte sich um seinen Unterarm. Es war von verwirrenden dunklen Strichen übersät, die ihn an Tribal-Tattoos erinnerten.
    »Nein!«, schrie Dylan.
    Erst die Wurzeln und jetzt dieses Ding, was auch immer es sein mochte. Mit schlenkernden Bewegungen versuchte er, es wegzuschleudern.
    Er schaffte es nicht.
    Stattdessen geschah etwas anderes. Etwas absolut Überraschendes.
    Die Tattoos lösten sich von seinem Unterarm und schossen den Wurzeln als schwarz flimmernder Ball entgegen. Die magische Entladung zischte in das Geflecht und hinterließ an ihrem Einschlagsort nur verkohlte, stinkende Pflanzenfasern.
    Sofort zuckten die restlichen Wurzeln zurück und waren nur Augenblicke später im Boden verschwunden. Von ganz weit entfernt glaubte Dylan, einen Schmerzensschrei zu hören.
    Die Stimme kam ihm bekannt vor. Matlock McCain? Hatte er mit diesem Wurzelangriff zu tun? Aber wo steckte er?
    Mit großen Augen starrte Dylan seinen Unterarm an. Das Stoffarmband lag noch immer fest auf seiner Haut, nur die Tattoos waren verschwunden.
    Halt! Nein, das stimmte nicht. Denn kaum war die Wurzelgefahr
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