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0946 - Priester der Kälte

0946 - Priester der Kälte

Titel: 0946 - Priester der Kälte
Autoren: Manfred H. Rückert
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sie auch weiter, ohne dass er sich dauernd um sie kümmern musste. Es sei denn, er beschloss, sie wieder zu löschen oder etwas an ihnen zu verändern.
    Aber im Fall Silbermond hatte er das garantiert nicht vor. Er war über alle Maßen froh, dass es ihm damals gelungen war, den Silbermond zu stabilisieren und das Volk der von Reptilien abstammenden Sauroiden zu retten.
    Die Druidin versuchte erneut, mit ihren Druidensinnen zu lauschen , aber trotz intensiver Konzentration konnte sie die telepathischen Schreie nicht mehr vernehmen.
    »Was ist das dort vorne?«, erkundigte sie sich bei Sergej. Sie zeigte auf ein verwaschen aussehendes, netzartiges Etwas, das sich von ihrer Nachbarsiedlung in Richtung Stilles Gebirge zog. Mit dem normalen Auge war das Etwas nicht zu erkennen; nur durch ihre speziellen Fähigkeiten. Der Nebel wurde durchsichtig, er bildete weißgraue Flocken, und löste sich schließlich vollständig auf.
    »Es besteht auf jeden Fall aus Magie«, sagte Sergej. Für kurze Zeit hatte er wieder auf seine Druidenkräfte umgeschaltet, trotzdem war der unbekannte Netznebel verblasst.
    »Wir sollten zurückkehren«, schlug Vali vor. Eine innere Unruhe erfüllte sie mit einem Mal. »Ich muss unbedingt mit Gevatter Tod über die mentalen Schreie reden, die wir gerade gehört haben. Außer uns gibt es hier nur die Sauroiden als intelligente Wesen, also kommen bloß sie als Rufer infrage. Wer sonst außer ihnen sollte gerufen haben?«
    Sie hatte zweifellos recht. Außer einigen wenigen menschlichen Wesen existierten auf dieser Welt knapp eine Million Sauroiden. Vor 65 Millionen Jahren wurde die Echsenwelt durch ein Experiment der DYNASTIE DER EWIGEN von der Erde abgespalten. Die hochintelligenten, magisch begabten Reptile hatten sich vor einigen Jahren auf den Silbermond gerettet, als ihre Welt durch einen ansteigenden Entropiewert zerfiel.
    Vali und Sergej hatten sich mittlerweile ein ganzes Stück von der Ansiedlung entfernt, in der sie wohnten. In der Ferne sahen sie die Organhäuser der Silbermond-Druiden und die Wohn-Eier der Sauroiden. Sie fügten sich harmonisch zusammen und wirkten, als wären sie immer schon nebeneinander gebaut worden. Dabei lagen Jahrtausende zwischen dem Anfertigen der beiden grundverschiedenen Bauwerke.
    Um keine Zeit zu verlieren, kürzten sie den Weg ab, indem sie den zeitlosen Sprung verwendeten, die spezielle Fähigkeit der Druiden, wenn sie große Entfernungen schnell überbrücken wollten. Die Luft flimmerte leicht wie bei großer Hitze, dann waren die beiden verschwunden.
    ***
    Gevatter Tod verdiente seinen Namen zu Recht, denn er sah genauso aus, wie man sich gemeinhin den Sensenmann vorstellte. Mit richtigem Namen hieß er Padrig YeCairn, aber da sein Schädel eher einem hautüberzogenen Totenkopf glich und sein Körper hager und klapperdürr wie bei einem Knochengestell wirkte, wurde er seit vielen Jahren »Gevatter Tod« genannt. Niemand wusste, woher er stammte, am wenigsten er selbst, da er die Erinnerung an seine Heimat zum größten Teil verloren hatte. Er wusste nur noch, dass sie eine auf seltsame Art zweigeteilte Welt war, deren Hälften durch eine dunkle, lebensfeindliche Sphäre voneinander getrennt waren. Je mehr Jahre verstrichen, desto schwächer wurden die Bilder der Vergangenheit, als würden die neuen Eindrücke sie einfach überschreiben. Er hatte sich damit abgefunden, nie wieder zurückkehren zu können.
    Er wollte es auch gar nicht mehr, und er hatte gute Gründe dafür.
    Einst war er ein Krieger gewesen, mehr noch: ein Ausbilder von Kriegern; der beste, über den sein Volk jemals verfügte. Wenn man beobachtete, wie er sich bewegte - immer kontrolliert, stets vorsichtig, sorgfältig, trotzdem erstaunlich schnell und gewandt -, wusste man ihn schon bald als äußerst gefährlich einzuschätzen.
    Noch bevor er auf dem Silbermond ankam, hatte er das Kriegshandwerk aufgegeben und war erst zu einem Philosophen geworden, dann zu einem Heiler und Wiederbeleber der Organhäuser.
    Die lebenden Wohnungen der Silbermond-Druiden waren genauso tot wie ihre Besitzer. In jahrelanger schwerer Arbeit war es YeCairn gelungen, die Organhäuser wieder ins Leben zurückzuholen.
    Und schließlich schaffte er sein Meisterstück: Er wurde zu einem Wiedererwecker der Lebensbäume…
    Zuerst hatte er den Lebensbaum von Kerr erweckt - der daraufhin im Körper des Reeders Luc Avenge wiedergeboren wurde -, dann gemeinsam mit dem damaligen sauroiden Sicherheitsbeauftragten Reek Norr
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