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0946 - Priester der Kälte

0946 - Priester der Kälte

Titel: 0946 - Priester der Kälte
Autoren: Manfred H. Rückert
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und Julian Peters den Baum von Vali. Doch seit Julian Peters in einem Akt unglaublicher Arroganz und Selbstüberschätzung vor mehr als acht Jahren viele Hundert Lebensbäume erweckt hatte - die daraufhin zu seelenenergiehungrigen Monstern wurden -, hatte YeCairn das Erweckungsprogramm wieder eingestellt. Noch einmal wollte er seine neue Heimat nicht so gefährdet sehen.
    Zum Zeitpunkt der mentalen Todesschreie hielt sich Gevatter Tod am Toten Wasser auf, einem See, der sich etwa in der Mitte zwischen dem Hain der Lebensbäume und dem Friedhof der Druiden befand. Unter einer magischen Schutzglocke ruhten dort die toten Druiden in Bernsteinsärgen. Der See, der Hain und der Friedhof bildeten gemeinsam die größten Heiligtümer der Druiden.
    Padrig YeCairn ging oft ans Tote Wasser, wenn er alleine sein und nachdenken wollte. Die Stille dort hatte etwas wahrhaft Erhabenes. Er war stets ergriffen, wenn er sich dort aufhielt. Er hatte die Todesschreie ebenfalls vernommen, sie hatten ihn aus seiner Meditation gerissen. Er benötigte einige Sekunden, bis er sich wieder im Hier und Jetzt befand und reagieren konnte.
    Noch bevor YeCairn einen klaren Gedanken fassen konnte, entstanden nur wenige Meter vor ihm Vali und Sergej. Die beiden Silbermond-Druiden hatten den zeitlosen Sprung angewandt, eine magische Fähigkeit ihres Volkes, um die sie Gevatter Tod beneidete. Durch starke Konzentration waren sie imstande, selbst kilometerweite Distanzen fast in Nullzeit zu überbrücken. Das kostete sie natürlich eine Menge Kraft, abgesehen davon, dass jeder Druide höchstens zwei Personen mitnehmen konnte. Sie konnten auch nur eine gewisse Anzahl zeitlose Sprünge durchführen, dann wurde die Anstrengung zu viel für Geist und Körper, denn ohne hundertprozentige Konzentration konnten sie ihr Ziel nicht erreichen.
    »Ihr habt es auch gehört?«, fragte YeCairn anstatt einer Begrüßung. Er hatte die Betroffenheit in den Mienen der beiden Druiden richtig eingeschätzt.
    »Was ist das gewesen?«, wollte Vali wissen, ohne eine Antwort auf YeCairns Frage zu geben. »Todesschreie, gewiss, aber von wem?«
    Gevatter Tod zuckte die Schultern. Er hatte noch keine Gelegenheit gefunden, sich diesem Problem zu widmen. Es war nicht leicht, aus der Meditation zu erwachen und sofort umzuschalten. Er hätte mehr Zeit benötigt, um in die Wirklichkeit zurückzukommen. So fühlte er sich, als hätte man ihn aus dem Tiefschlaf gerissen. Und irgendwie war er das ja auch.
    Er wischte sich über die Augen und blinzelte Vali an. Er mochte die Druidin sehr, sie war für ihn wie eine eigene Tochter, die er zu seinem Leidwesen nie gehabt hatte. Im Gegensatz dazu war er mit Sergej nach knapp fünf Jahren Bekanntschaft immer noch nicht richtig warm geworden. Der in mancher Hinsicht bizarre Druide vertraute nur Vali, mit der er in einer Art Bruder-Schwester-Verhältnis stand.
    Was hat die Baba Yaga ihm nur angetan, dass er nach so langer Zeit immer noch verängstigt reagiert? , fragte er sich zum unzähligsten Mal, als sein Blick von Vali zu Sergej schweifte. In groben Zügen war er über die damaligen Ereignisse informiert, doch der Druide weigerte sich, etwas dazu zu erklären.
    Seine hagere Statur ähnelte der YeCairns, doch besaß Sergej eine gänzlich andere Körpersprache. Er wirkte stets etwas linkisch und eingeschüchtert. Beim Sprechen vermied er Blickkontakt mit seinem Gegenüber, seine kehlige, heisere Stimme klang immer extrem leise und abweisend. Er benahm sich meistens so, als wäre alles schlecht und unerträglich - und als trüge sein Gesprächspartner die Schuld an allem, was ihn selbst quälte.
    Mit anderen Worten: Gespräche mit Sergej verlangten seinen Partnern oft viel Geduld und ein großes Gleichgültigkeitsgefühl ab, um nicht Schuldgefühle zu entwickeln, an denen man selbst völlig unschuldig war. Gevatter Tod schien es jedoch, als sei der Druide in letzter Zeit etwas zugänglicher geworden. Zumindest hatte er ihn schon einige Male beim Reden angesehen und andeutungsweise gelächelt, was YeCairn als kleinen Erfolg verbuchte.
    »Sauroiden sind gestorben«, klagte Sergej und blickte dabei Vali an. »Aus der Sekte der Priester der Kälte.«
    YeCairn sah die Silbermond-Druidin ebenfalls an. Wenn Sergej keinen Blickkontakt suchte, dann wollte der Philosoph ihn nicht dazu zwingen, obwohl ihm dieses Gebaren oft auf die Nerven fiel. Doch aus Erfahrung wusste er, dass es besser war, darauf überhaupt nicht einzugehen.
    »Woher weißt du das,
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