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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London
Autoren: Adrian Doyle
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meinen immer noch knackigen Allerwertesten… er ist doch noch knackig?« Sie sah ihn wirklich so an, als wäre das momentan die Kardinalfrage schlechthin; alles andere schien verkraftbar.
    Er nickte fahrig.
    Sie lächelte zufrieden und fuhr fort: »Ich verwette also meinen Knackarsch, dass es in der sogenannten Wirklichkeit schnurzpiepegal ist, ob wir einem Spuk bei Tag oder bei Nacht zu Leibe rücken.«
    »Und warum spukt es dann vornehmlich nachts?«
    Sie tat den Umstand mit einem Schulterzucken ab. »Wenn du's nicht tust, tu ich es.«
    Er reagierte nicht.
    »Bitte…« Sie schob sich an ihm vorbei und machte Ernst, kniete sich neben der Truhe nieder und hob den Deckel.
    Wollte ihn anheben. Aber er trotzte ihren Anstrengungen, als wäre er festgeschweißt.
    »Hey, verrat mir den Trick! Wie hast du das vorhin gemacht? Ich hab doch gesehen, wie du…«
    Er schob sie sacht beiseite, bückte sich und hob den Deckel mit einer Hand an. Er hatte kaum Gewicht, und schon gar nicht war er verriegelt.
    Maya gab einen überraschten Laut von sich - oder quietschten die Scharniere der Truhe?
    »Wow«, rann es über ihre Lippen.
    Sam achtete nicht darauf. In der Truhe leuchtete es. Aber es waren weder Gold noch Diamanten, die dort funkelten, nur eine fast schlicht wirkende Rolle aus einem Papier, wie es heutzutage kaum mehr üblich war. Handgeschöpft, alt , reflektierte Sam automatisch. Sehr alt.
    Er scheute fast davor zurück, das Dokument - oder was immer es war - in die Hand zu nehmen. Vielleicht war es so mürbe, dass der leiseste Druck es zu Staub zerfallen ließ!
    Diese und andere aberwitzige Gedanken geisterten durch sein Gehirn. Trotzdem konnte er nicht anders. Er musste es anfassen, musste es herausnehmen und er war überrascht, wie robust es sich anfühlte. Eine rote Kordel hielt es zusammen, und die war wiederum mit einer Schlaufe, die kaum Knoten genannt werden konnte, lose verknüpft. Die Schnur fiel ohne Sams Zutun ab. Er beachtete sie gar nicht, entrollte stattdessen das leuchtende Papier.
    Kaum sah er die ersten Buchstaben, wusste er, woher der Glanz kam, der geisterhaft aus dem Dokument hervorbrach.
    Die Buchstaben, die ihn hierher gelockt hatten… sie bedeckten jetzt - wieder wesentlich kleiner - die Oberfläche des Bogens.
    Sam hörte nicht, was Maya zu ihm sagte. Sie stand unmittelbar hinter ihm. Aber er hatte nur Augen und Verstand für die Worte, die auf dem Brief verewigt waren.
    Zeilen, die ihn in tiefste Verwirrung stürzten.
    Das Ende ist nah , stand da in leicht antiquiertem Englisch zu lesen. Sam Tyler - wir brauchen deine Hilfe. Oder anders gesagt, Du musst IHN verständigen, damit er den Untergang verhindert. Den Untergang der ganzen Stadt, denn London zerbricht. Sag ihm das. Unverzüglich. Sag ihm, Arsenius schickt dich. Er kennt mich, und er wird um den Ernst der Lage wissen, sobald du ihm diesen Brief übergibst. Sein Name ist Zamorra. Er lebt in Frankreich, auf einem Schloss an der Loire. Finde ihn. Suche ihn persönlich auf. Nur er kann noch helfen. Er und der Stern, über den er gebietet, denn Unvorstellbares bahnt sich an. Ich, nein, WIR können es nicht mehr verhindern. Das Siegel bricht. Es ist zu stark. Die Macht in der Tiefe ist zu stark. Sie ist unterschätzt. Ich habe kaum noch Kraft. Geh! Rette alles, was dir lieb und teuer ist. Ich vertraue auf dich. Wenn du nur annähernd so entschlossen und verlässlich bist wi…
    Hier brach die Schrift ab. Mitten im Wort.
    Sam ließ die Hand, die Hände, die das Schreiben hielten, sinken. In diesem Moment erlosch die Schrift, die aussah, als bestünde sie nicht aus Tinte, sondern aus winzigen Flämmchen.
    Zurück blieben andere Buchstaben, andere Worte als die, die er gerade gelesen hatte. Es waren weniger, und sie hatten eine gänzlich andere Bedeutung. Er reichte die Rolle an Maya, die sie nahm und laut vorlas.
    »Mein lieber Twist. Ich fürchte fast und fühle, dass uns ein schwerer Abschied bevorsteht. Vergiss nie, dass ich in Gedanken bei dir bin, wo immer du auch gerade sein magst. Mein Geist ist bei dir, meine Kraft mit dir. Lass dich nicht vom rechten Weg abbringen. Ich wünsche dir Gottes Segen und ein erfülltes Leben. Vergiss nie, wir waren… nein, wir sind Freunde. Und Freundschaft vergeht nie.
    Dein dich schätzender und ewig liebender
    Arsenius Hall.«
    Sam riss ihr ungewollt grob die Rolle aus der Hand. »Das steht da nicht!«, keuchte er. »Maya, was soll…«
    Insgeheim leistete er ihr Abbitte. Was sie vorgelesen hatte, stand
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