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0935 - Tochter der Dunkelheit

0935 - Tochter der Dunkelheit

Titel: 0935 - Tochter der Dunkelheit
Autoren: M.H. Rückert
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ihre Lektion gelernt und war nicht begierig darauf, zusätzlich eine Strafe zu erhalten.
    »Mach das nicht noch einmal, sonst kann ich für nichts garantieren!«, wiederholte Vassago Kronntarrs Worte. Kassandra zitterte immer noch, sie hatte die Ohren so weit eingefahren wie noch nie. »Carrie erfährt kein Wort von deiner Schande.«
    Kassandra blickte einmal kurz in Vassagos Gesicht, dann schloss sie kurz die Augen als Zeichen dafür, dass sie verstanden hatte.
    Ihre Mutter hatte gehört, dass sie beide angekommen waren. Als Blinde hatte sie eine Art siebten Sinn dafür entwickelt, leisesten Geräuschen ihre Bedeutung zuzuteilen.
    »Wo seid ihr?«, hörten sie Carrie mit bebender Stimme rufen. »Kassandra?« Und nach einer kurzen Pause: »Sandy? Antworte doch!«
    Vassago verzog das Gesicht, an manchen Tagen nervte ihn die Hilflosigkeit seiner Gefangenen. Kassandras Erlebnis mit Kronntarr hatte ihn stärker getroffen, als er sich selbst gegenüber zugeben wollte. Wenn die Kleine so weitermachte mit ihren Frechheiten, dann hatte er binnen kürzester Zeit alle Erzdämonen gegen sich aufgebracht. Und irgendwann würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als den eigenen Nachwuchs umzubringen.
    »Kassandra, bist du das?« Langsam und klagend kam dann: »Vassago?«
    »Wir sind es beide«, antwortete der Erzdämon. »Du brauchst nicht zu jammern!«
    »Ich jammere nicht«, stellte Carrie klar, während sie sich in Vassagos Richtung drehte, doch der Dämon antwortete nicht darauf.
    »Wir sind da«, murmelte nun auch Kassandra und stellte sich zwischen Carrie und Vassago. Von ihrer Mutter hatte sie bezüglich ihres Ausflugs nichts zu befürchten. Sie würde die Episode bei Kronntarr nicht erfahren, außerdem konnte sie als Mensch sowieso nichts gegen Dämonen ausrichten.
    »Dir kann hier absolut nichts passieren, also nerve mich nicht!«, grollte Vassago, doch durch Worte allein ließ Carrie sich nicht mehr einschüchtern. »Kein anderer Dämon würde es wagen, ungestraft hierher zu kommen. Noch nicht einmal Stygia selbst. Und Fu Long hält sich aus allem heraus, was mit Höllenpolitik zu tun hat.«
    »Ihr beide seid die Einzigen, mit denen ich reden kann«, erinnerte Carrie daran, dass sie isoliert hier lebte. »Wenn euch etwas geschieht…«
    »Was soll uns denn schon geschehen, Ma?«, fragte Kassandra wider besseres Wissen. Obwohl sie das in selbstsicherem Tonfall sagte, bekam Carrie Zweifel daran, dass sie die Wahrheit hörte. Sie wusste um die Abenteuerlust ihrer Tochter, und Vassago lebte genauso, als könnte ihm nichts passieren. Auch in dieser Hinsicht taugte er nicht als Vorbild.
    »Du kannst ja wieder einen Irrwisch dressieren, wenn du dich einsam fühlst.« Vassago lachte, als hätte er soeben einen guten Witz erzählt. Dabei wusste er nicht einmal, was das Wort Einsamkeit für Carrie bedeutete. »Einen, der dich wieder Menschin nennt.«
    »Ich hatte den Irrwisch nicht dressiert.« Carrie reagierte stärker als beabsichtigt. »Er war neugierig auf mich und vor allen Dingen wollte er mir helfen.«
    »LUZIFER hilf! Jetzt hören wir schon wieder diese Geschichte«, stöhnte Kassandra laut auf. Sie legte die Hände gegen die nun schon wieder etwas länger gewordenen Ohren und schüttelte den Kopf. »Ich fasse es nicht…!«
    Carrie presste die Lippen zusammen und drehte sich in Richtung ihrer Tochter. Ihre Enttäuschung über Kassandras Worte war deutlich zu erkennen.
    »Ich zwinge dich nicht, mir zuzuhören, wenn ich etwas erzähle«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Wenn es dir lieber ist, dann kannst du ja berichten, welche großartigen Abenteuer du erlebt hast, während dein… Erzeuger dich gesucht hat.«
    Fast hätte sie Vassago als Kassandras Vater bezeichnet, aber diese Ehre wollte sie dem Dämon nicht antun. So wie fast immer reagierte er überhaupt nicht auf die Anspielung. Dafür ging Kassandra umso mehr auf die Aufforderung ein, zu erzählen.
    »Abenteuer? Ich? Woher hast du denn das?«, sprudelte es aus der kleinen Dämonin heraus. »Ich doch nicht. War alles ganz langweilig.« Und nach einer kleinen Kunstpause sagte sie das Wort, das Carrie vollends stutzig werden ließ: »Ehrlich!«
    »Hat dich dein Erzeuger also wieder einmal aus irgendwelchen Schwierigkeiten geholt.« Die Mutmaßung traf voll ins Schwarze, aber mittlerweile wusste Carrie ihre Tochter genau einzuschätzen. Sie konnte ihr nichts mehr vormachen, Carrie erfasste instinktiv, was los war. »Was war es denn dieses Mal? Hast du ein paar
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