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0935 - Aibons klagende Felsen

0935 - Aibons klagende Felsen

Titel: 0935 - Aibons klagende Felsen
Autoren: Jason Dark
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Lösegeld erhalten und sind verschwunden. - Tja, eigentlich wäre damit alles gelaufen und klar. Aber nur eigentlich, Dad, denn ich habe mich entschlossen, nicht nach Hause zurückzukehren. Ich werde hierbleiben. In meiner neuen Umgebung, in einer herrlichen Landschaft, inmitten der Natur. Ich habe inzwischen wundersame Dinge erlebt, es ist einmalig hier, und ich fühle mich sauwohl. Ich will mein Leben hier verbringen. Ich bin jetzt zweiundzwanzig, habe mich mit der Natur arrangiert und fühle mich wohler als bei dir im Haus. Bitte, nimm es mir nicht übel, Dad, aber es ist mein fester Entschluß. Auch wenn du versuchst, mich zu finden, du wirst es nicht schaffen, denn ich habe Helfer bekommen, die alle Feinde von mir fernhalten. Ich bin in dieser und auch in einer anderen Welt. Es ist das Leben, das ich tief in meinem Innern gesucht habe.«
    Westwood beugte sich vor und stellte den Apparat hastig ab. Dann stöhnte er auf und lehnte sich wieder zurück, dabei hastig einen Schluck Wein trinkend.
    »War das alles?« fragte ich.
    »Nein, nein!« stieß der Mann hervor. »Das war nicht alles. Wahrlich nicht alles. Aber ich wollte Ihnen und mir nur eine Pause gönnen. Vor allen Dingen mir. Wissen Sie, es nimmt mich mit, wenn ich die Stimme meiner Tochter höre, die so glücklich klingt, im Gegensatz zu den vorherigen Anrufen, als sie sich noch in der Gewalt dieser Kidnapper befand. Da hat sie anders gesprochen, aber jetzt war sie regelrecht happy, als hätte sie tatsächlich ihr Glück gefunden.«
    »Vielleicht hat sie das, Marvin«, sagte der Reporter.
    »Nein, nein!« Westwood bewegte seine Hände, als wollte er einen bösen Geist wegscheuchen. »Um Himmels willen, so ist das nicht! Ich kann es mir zumindest nicht vorstellen.«
    »Ihre Tochter stammt aus einer anderen Generation«, sagte ich. »Da hat man oft seine Schwierigkeiten, mit dieser Denke zurechtzukommen.«
    »Ich gebe Ihnen recht, Mr. Sinclair. Sie müssen allerdings auch wissen, daß Joanna alle Freiheiten bei mir hatte. Ich bin seit mehr als zwölf Jahren geschieden und lebe auch mit keiner anderen Frau zusammen. Joanna und ich waren nicht wie Vater und Tochter, sondern mehr wie Freunde. Ich habe ihr niemals Steine in den Weg gelegt. Sie hat sich frei entfalten können. Sie hatte ihren Spaß in der Clique. Sie hat Parties gegeben, von denen die Gäste heute noch schwärmen, deshalb begreife ich ihr Verhalten nicht.«
    Wir Männer wußten nicht, was wir darauf antworten sollten, aber Sheila stellte die Frage. »Hatte sie möglicherweise nicht zuviel Freiheiten? Wäre es nicht besser gewesen, Sie hätten Joanna hin und wieder in die Schranken verwiesen und ihr erklärt, daß Action und Fun sowie Feten nicht alles im Leben sind? Kann es nicht sein, daß sie sich schon vor Jahren tief in ihrem Innern nach etwas anderem gesehnt hat?«
    Westwood überlegte. »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, murmelte er. Seine Stimme klang lahm. »Es ist alles möglich, Sie sind ja selbst Mutter. Ich habe es nur gut gemeint.«
    »Wie stand es denn mit Drogen?«
    »Da hat Joanna keine genommen, Mrs. Conolly.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Mein Gott!« Er lachte auf. »Wer kann sich da schon hundertprozentig sicher sein?«
    »Ja, da haben Sie recht.«
    »Und mir ist noch etwas eingefallen.« Sheila, einmal in Fahrt, ließ sich so leicht nicht stoppen. »Ich bitte Sie, Mr. Westwood, mich nicht falsch zu verstehen, aber die Vergangenheit hat mich gelehrt, auch an die Vorgänge zu denken, die außerhalb unserer elterlichen Logik liegen.«
    »Bitte, reden Sie. Ich glaube kaum, daß mich noch etwas erschüttern kann. Dafür habe ich in meinem Beruf zuviel erlebt.«
    »Okay.« Sheila trank einen Schluck. »Sie können sich also nicht vorstellen, daß ihre Tochter, wie es vor Jahren bei der Entführung der Patricia Hurst geschehen ist, mit ihren Kidnappern gemeinsame Sache gemacht hat und bei ihnen geblieben ist - daß die drei sich mit dem Geld ein schönes Leben machen? Daß Joanna die relative Sicherheit ihres Elternhauses hinter sich gelassen hat und sich allein durchschlagen will? Wäre das unter Umständen auch eine Alternative?«
    Marvin Westwood saß auf seinem Platz, ohne sich zu rühren. »Nein«, flüsterte er, »nein, auf keinen Fall. Ich kenne die Sache von damals. Ich habe sie verfolgt. So etwas würde meine Tochter nie tun niemals…«
    Sheila sagte nichts. Ihr Mienenspiel sprach Bände. Sie verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Glauben Sie mir nicht, Mrs.
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