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091 - Die Bräute des Henkers

091 - Die Bräute des Henkers

Titel: 091 - Die Bräute des Henkers
Autoren: Dämonenkiller
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ist er auch nicht mehr."
    „Mitte Fünfzig wird er schon sein. Aber gut beisammen ist er. Du solltest ihn sehen, wie er mit seiner Allongeperücke in dem reichverzierten Rock und mit den Kniehosen und dem Dreispitz auf der Insel herumstolziert, den Degen an der Seite. Mich und seine Bediensteten redet er grundsätzlich nur in der dritten Person an."
    Latour lachte leise. Der Lieferwagenfahrer, sicher ein Ladenbesitzer aus Carnac, rief ihm noch einen Abschiedsgruß zu und fuhr dann mit seinem Dreiradwagen davon.
    Coco sprach Latour an. Sie hatte abseits gestanden und die Szene beobachtet.
    „Monsieur Latour?"
    Der alte Seebär drehte sich um. Was er zu sehen bekam, gefiel ihm sichtlich. Er machte ein etwas freundlicheres Gesicht und nahm sogar die Pfeife aus dem Mund.
    „Ja, Mademoiselle?"
    Coco sprach ein fast akzentfreies Französisch. Doch bei dem bretonischen Dialekt der Leute hier in der Gegend mußte sie aufpassen, daß sie alles mitbekam. Möwen flogen kreischend über den alten Hafen.
    Coco ging auf Michel Latour zu und sagte: „Können Sie mich auf die Paradiesinsel mitnehmen? Ich würde mich gern dort umsehen."
    „Hat der Graf Sie eingeladen?" fragte Latour. „Haben Sie ein Beglaubigungsschreiben?"
    „Nein."
    Latour schüttelte den Kopf.
    „Dann tut es mir leid. Ich habe strenge Anweisungen…"
    Er verstummte. Sein Blick wurde starr. Coco war schließlich die Tochter einer Dämonenfamilie. Als echte Hexe besaß sie magische Fähigkeiten. Die Hypnose war eine ihrer einfachsten Künste.
    Latour war hypnotisiert.
    Gehen wir an Bord!" sagte Coco.
    Sie ließ Latour den Laufsteg wegräumen, dann ging sie mit ihm auf die Brücke. Es roch nach Eisen, Salzwasser und Dieseldunst. Allzu sauber war es nicht auf dem Boot. Eine Schnapsflasche lag auf der Ablage rechts vom Steuerrad und dem Kompaß, dessen Sichtscheibe sehr staubig und verklebt aussah.
    „Sie werden mich zur Insel bringen und unbemerkt absetzen", sagte Coco zu Latour. Es war ein Befehl, den der Hypnotisierte erfüllen mußte. „Haben Sie mich verstanden?
    „Ja"
    „Erzählen Sie mir von der Frau, die Sie morgen zur Insel befördern sollen! Wie heißt sie und was soll sie dort?"
    „Ihr Name ist Valerie de Tinville. Sie ist von dem Grafen als Gesellschafterin engagiert."
    Das kam Coco gut zupaß. In ihrem Gehirn begann sich ein Plan zu formen. Aber zuerst wollte sie sich auf der Insel umsehen. Wenn sie Dorian Hunter nicht gleich traf, konnte sie immer noch auf ihren Plan zurückgreifen.
    Dorian war vor zwei Tagen in Carnac gewesen, zusammen mit einem Mann, auf den die Beschreibung Magnus Gunnarssons paßte. Das hatte Coco erfahren, als sie am Vormittag verschiedenen Leuten Fragen gestellt hatte. Dorian und Gunnarsson waren danach nicht mehr in Carnac gesehen worden. Eine Frau, die einen Zeitschriftenladen hatte und offenbar als die Nachrichtenbörse von Carnac angesehen werden konnte, hatte Coco erzählt, drei Männer hätten an der Küste ein Zelt aufgeschlagen. Einer von ihnen war ein großer Mann mit schwarzem Haar und einem schwarzen, bis über die Mundwinkel herabgezogenen Oberlippenbart gewesen. Dorian Hunter. Am späten Nachmittag des vergangenen Tages hatten die Männer das Zelt abgebrochen und seither waren sie nicht mehr gesehen worden.
    Coco nahm an, daß Dorian Hunter und seine Gefährten sich bereits auf der Paradiesinsel befanden. Sie fragte Michel Latour nach dem Dämonenkiller, aber der Seemann konnte weder mit Dorian Hunters Beschreibung noch mit der Magnus Gunnarssons oder Abi Flindts etwas anfangen. Und von einem blauhäutigen Zyklopenjungen wußte er schon gar nichts. In der Hypnose zeigte er bei dieser Frage keinerlei Überraschung.
    „Du wartest, bis ich meine Sachen geholt habe!" befahl Coco dem vierschrötigen Seemann. „Dann legen wir ab und fahren zu der Paradiesinsel hinüber. Du wirst keinerlei Überraschung zeigen und meine Anordnungen befolgen, wenn ich dich aus der Hypnose aufwecke."
    „Ja, das werde ich tun."
    Ein Fingerschnippen löste den hypnotischen Bann. Der grauhaarige Seebär blinzelte nur kurz. „Beeilen Sie sich, Mademoiselle!" sagte er. „Bis zur Paradiesinsel sind es neunzehn Seemeilen, und ich will noch vor Mitternacht zurück sein."
    Coco ging von Bord. Das große Abenteuer konnte beginnen.
    Grau war der Himmel. Wie eine schmutzige Decke spannte er sich über das wogende Meer. Die Belle Jeanette schaffte nur zwölf Knoten in der Stunde; und ihre altersschwache Dieselmaschine machte Geräusche, als
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