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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben
Autoren: Tom Clancy
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beschäftigt, bevor ich heute morgen gestartet bin. Gott im Himmel!« schloß Robby mit einem weiteren Kopfschütteln.
Seaton nickte. Ed Kealty war wegen dieses Sexskandals zurückgetreten, der Präsident überredete Ryan, die Vizepräsidentschaft zu übernehmen, bis zu den Wahlen im nächsten Jahr, der Kongreß bestätigte ihn, doch bevor er zur Annahmezeremonie eintreten konnte - man sieht ja, was passiert ist. Ein Flugzeug, mitten hinein.
»Die ganzen JCS sind hin. Die Stellvertreter rücken nach. Mickey Moore« - Army General Michael Moore, stellvertretender Chef des Generalstabs - »hat alle Oberkommandierenden aufgefordert, nach Washington zu kommen, und zwar so schnell wie möglich. Eine KC-10 erwartet uns auf Hickam AFB.«
»Akutbedrohung?« wollte Jackson wissen.
Seine permanente Stellung - soweit irgendeine Stellung für Uniformierte permanent war - war Deputy J-3, was bedeutete: Planungsoffizier Nummer zwei für den Vereinigten Generalstab.
Seaton zuckte die Achseln. »Theoretisch nichts. Im IO ist Ruhe eingekehrt. Die Japaner sind aus dem Kriegsgeschäft raus ...«
Jackson beendete den Satz: »Aber Amerika ist noch nie so hart getroffen worden.«
»Das Flugzeug wartet. Sie können sich an Bord umziehen. Korrekte Uniform zählt im Augenblick nicht, Robby.«
*
    Wenn ihr - selten genug - Zeit zur Überlegung geblieben wäre, hätte sie daran gedacht, daß die Welt durch Zeit und Raum, vor allem Zeit, unterteilt wird. Sie war jetzt über sechzig, ihre kleine Figur durch Jahre der selbstlosen Arbeit gebeugt, und das Schlimme war, daß es so wenig Jüngere gab, die sie ablösen konnten. Wirklich, fair war es nicht, aber für sie gab es keine Ablösung. Sie bemühte sich, den Gedanken beiseite zu tun. Unwürdig für sie wie auch für ihre Stellung, gewiß auch für die Versprechen, die sie vor mehr als vierzig Jahren vor Gott abgegeben hatte. Wenn ihr jetzt Zweifel über jene Versprechen kamen, sprach sie sie nicht aus, nicht mal in der Beichte. Das belastete ihr Gewissen mehr als die Zweifel selbst, obwohl sie wußte, daß ihr Beichtvater diese ihre Sünde - wenn es denn eine war - mit Milde ansprechen würde. Er würde sie deswegen nur sanft tadeln, denn wahrscheinlich hegte auch er seine Zweifel im Alter wie sie, wo man zurückblickt auf das, was ist und was hätte sein können, allen Erfolgen eines produktiven und nützlichen Lebens zum Trotz.
    Ihre Schwester, keinen Deut weniger religiös als sie, war der häufigsten aller Berufungen gefolgt und jetzt Großmutter; Schwester M. Jean Baptiste fragte sich nun, wie das war. Die eigene Entscheidung hatte sie vor langem gefällt, in einer Jugend, an die sie sich noch erinnern konnte, und wie jede solche Entscheidung war sie unüberlegt, wenn auch richtig.
    Den Damen in Schwarz brachte man Achtung entgegen. Aus der fernen Jugend erinnerte sie sich, daß ihnen deutsche Truppen höflich zunickten, denn auch wenn man vermutete, daß die Nonnen alliierten Fliegern oder gar flüchtenden Juden halfen, so wußte man, daß sie jedermann unterschiedslos fair behandelten, weil Gott es so wollte. Außerdem brauchten auch die Deutschen das Krankenhaus, wenn sie verwundet waren, weil die Chancen dort besser waren als irgendwo anders. Es war eine stolze Tradition, und wenn auch Stolz eine Sünde war, wurde sie von den Damen in Schwarz gelassen begangen, denn sie sagten sich, Er würde es verstehen, weil die Tradition in Seinem Heiligen Namen entstanden war. Und so hatte sie zur rechten Zeit ihre Entscheidung getroffen, und damit hatte es sich. Manche waren gegangen, aber als für sie die kritische Zeit gekommen war, sprachen der Zustand des Landes nach einem Krieg und der Bedarf für ihre Fähigkeiten und eine Welt, die sich noch nicht genug geändert hatte, dagegen. So hatte sie kurz darüber nachgedacht, zu gehen, hatte den Gedanken verworfen und war bei ihrer Arbeit geblieben.
    Schwester M. Jean Baptiste war eine erfahrene und tüchtige Krankenschwester. An diesen Ort gekommen war sie, als er noch zu ihrem Heimatland gehörte, und sie war geblieben, nachdem sich der Status geändert hatte. In all dieser Zeit hatte sie ihre Arbeit immer auf die gleiche Art verrichtet, mit derselben Hingabe, trotz der stürmischen politischen Veränderungen, die sich um sie herum vollzogen hatten, ganz gleich, ob ihre Patienten Afrikaner oder Europäer waren. Doch vierzig Jahre, mehr als dreißig davon hier an ein und demselben Ort, sie hatten ihren Tribut gefordert.
    Nicht, daß sie es satt
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