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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben
Autoren: Tom Clancy
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zu gefährlich.«
» Dort ist mein Platz, Andrea! «
Er denkt auch schon wie ein Politiker, dachte Price enttäuscht.
Ryan sah ihren Ausdruck und wußte, daß er dies erläutern mußte. Er hatte einmal etwas gelernt, vielleicht das einzig Passende in diesem Moment, und es kam ihm jetzt so klar in den Sinn wie eine blinkende Warntafel an der Autobahn. »Es ist die Führungsrolle. Das hat man mir in Quantico beigebracht. Die Truppe muß sehen, daß man seinen Job tut.
Sie müssen Gewißheit haben, daß man für sie da ist.« Und ich muß mich vergewissern, daß das alles Wirklichkeit ist, daß ich tatsächlich der Präsident bin.
War er es ?
Der Secret Service hielt ihn dafür. Ryan hatte den Amtseid geleistet, die Worte gesprochen, Gott angerufen, seine Mühen zu segnen; doch war all das zu bald und zu schnell geschehen. Nicht zum erstenmal in seinem Leben schloß John Patrick Ryan die Augen und wollte sich zwingen, aus einem Traum zu erwachen, der zu unwahrscheinlich war, um wahr zu sein; und doch, als er die Augen wieder öffnete, war das orangefarbene Glühen noch da und die auflodernden gelben Flammen. Er wußte, er hatte die Eidesformel gesprochen - sogar eine kleine Ansprache hatte er gehalten. Doch an kein einziges Wort konnte er sich jetzt noch erinnern.
Machen wir uns an die Arbeit, hatte er eine Minute zuvor gesagt.
Daran erinnerte er sich doch noch. Eine automatische Äußerung - ob sie überhaupt etwas bedeutete?
Jack Ryan schüttelte den Kopf - allein das bedurfte gewaltiger Anstrengung -, dann wandte er sich vom Fenster ab und sah die Agenten im Raum direkt an.
»Okay. Was ist noch übrig?«
»Die Minister für Handel und für Inneres«, antwortete Special Agent Price, die gerade über Funk den neuesten Stand erfahren hatte. »Handel ist in San Francisco. Inneres in New Mexico. Sie sind bereits benachrichtigt worden, die Air Force wird sie herbringen. Alle anderen Minister haben wir verloren, Direktor Shaw, alle neun Richter vom Supreme Court, die Vereinigten Stabschefs. Wir wissen nicht genau, wie viele Kongreßmitglieder abwesend waren, als es geschah.«
»Mrs. Durling?«
Price schüttelte den Kopf. »Sie hat's nicht geschafft, Sir. Die Kinder sind im White House.«
Jack nickte nur und preßte die Lippen zusammen beim Gedanken an etwas, das er höchstpersönlich erledigen mußte. Für die Kinder von Roger und Anne Durling war es kein öffentliches Ereignis. Für sie war die Sache unmittelbar und auf tragische Art einfach: Mom und Dad waren tot, und sie waren jetzt Waisen. Jack war ihnen begegnet, hatte mit ihnen gesprochen - zwar nicht mehr als das übliche Lächeln und ein »Hallo«, aber sie waren echte Kinder mit Gesichtern und Namen -, nur, daß jetzt ihr Familienname alles war, was ihnen blieb, und ihre Gesichter würden vor Schock und Unglauben verzerrt sein. Wie Jack würden sie versuchen, den nicht verscheuchbaren Alptraum wegzublinzeln, und für sie würden Jugend und Verletzlichkeit alles schlimmer machen. »Wissen sie es?«
»Ja, Mr. President«, sagte Andrea. »Sie schauten gerade fern, und die Agenten mußten es ihnen sagen. Sie haben noch Großeltern und andere Verwandte. Die lassen wir ebenfalls herbringen.« Sie fügte nicht hinzu, daß der Drill hierfür klar war, daß es in der Leitzentrale des Secret Service, nur ein paar Blocks westlich vom White House, einen ganz speziellen Aktentresor mit verschlossenen Umschlägen gab, in denen sich Operativpläne für alle möglichen Eventualitäten und obszönen Krisen befanden; das hier war nur eine davon.
Doch es waren jetzt Hunderte, nein, Tausende von Kindern ihrer Eltern beraubt. Jack mußte die Gedanken an die Durling-Kinder zurückstellen.
So schwer ihm das fiel, war es auch erleichternd, sich dieser Aufgabe zu entziehen - für den Augenblick. Wiederum sah er Agent Price an.
»Sie sagen, daß ich gegenwärtig die gesamte Regierung darstelle?«
»Genau den Anschein hat es, Mr. President. Deshalb müssen wir ...«
»Deshalb muß ich die Dinge tun, die ich zu tun habe!«
Jack wandte sich zur Tür, schreckte damit die Secret-Service-Agenten auf und versetzte sie in Aktion. Auf dem Flur gab es Kameras. An denen schritt Ryan einfach vorüber, hinter der Vorhut aus zwei Agenten, die einen Weg durch die Herde bahnten - Nachrichtenleute, die so geschockt waren, daß sie gerade mal ihre Kameras in Gang setzen konnten. Keine einzige Frage. Das, dachte Jack ohne Lächeln, war wohl einzigartig. Ihm kam gar nicht in den Sinn, wie wohl sein Gesicht
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