Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
bis sich plötzlich der Boden unter seinen Füßen glättete. Eine befestigte Straße. Er tastete sich langsam nach links. Ein Drahtzaun mit Betonpfosten. Und ein nicht sehr tiefer Graben. Eine Farm vielleicht - und ganz unerwartet tauchten Lichter aus dem Dunkel. Er schien hinter einer Böschung hervorgetreten zu sein. Ein großes Haus. Er sah viele Fenster im Widerschein des Lichts schimmern. Der Mann, den man Tom Burt nannte, blieb stehen, um zu überlegen. Er entschied sich fürs Weitergehen. Nach etwa zehn Schritten ...
    »Hände hoch!« rief eine heisere Stimme. »Keine Bewegung, sonst wird geschossen ... Joe!«
    Da die Stimme etwas leiser wurde, schien der Unbekannte den Namen über die Schulter gesprochen zu haben.
    Mr. Burt war überrascht, daß ihn der Unsichtbare sehen konnte.
    »Joe ... Verdammt noch mal!«
    Schlurfende Schritte und eine hohe Stimme.
    »Siehst du ihn?«
    »Ja, Sir.«
    »Schieß ihn nieder, wenn er nicht tut, was ich ihm befehle. Los, Mister - geradeaus.«
    Burt gehorchte. Dann begriff er endlich.
    Sein Gegner stand bis zu den Hüften in einem Graben, und Burts Silhouette hatte sich gegen den düsteren Himmel abgezeichnet.
    »Los, los - bis zum Haus. Ich gehe hinterher. Laß ihn nicht aus den Augen, Joe.«
    »Nein, Sir«, sagte der unsichtbare Bursche. Tom Burt amüsierte sich trotz der peinlichen Lage, aber er machte sich auch seine Gedanken. Das Haus war groß, und drei Fenster zeigten sich hell erleuchtet. Den Eingang zierte ein Säulen-Portal, und zwei dort angebrachte Lampen warfen ihr Licht auf den Kiesweg.
    Die Tür stand offen. Er konnte eine große, getäfelte Eingangshalle erkennen; im offenen Kamin brannte ein Feuer. Von den Wänden starrten die präparierten Schädel von einem Dutzend Füchse. Er sah ein Gestell mit Reitgerten und hinter der Glasscheibe eines Schrankes eine Reihe von Gewehren.
    »Stehenbleiben und umdrehen!« sagte die Stimme. »Joe, mach die Tür zu!«
    Burt drehte sich um.
    Er hatte schon vermutet, daß sein Gegner alt war, erlebte also in dieser Hinsicht keine Überraschung. Der weiße Bart und der kahle Schädel waren mit Regentropfen bedeckt. Dunkle, drohende Augen blitzten unter buschigen weißen Brauen hervor. Die Gestalt war unter einem dunklen Regenmantel verborgen. Der langläufige Armeerevolver zitterte nicht wie das Gewehr in den Händen des jungen Burschen, dessen Zähne klapperten. Er schloß die Tür.
    »Warten Sie hier. Der Junge wird Sie niederschießen, wenn Sie sich rühren!«
    Der alte Mann schlurfte an Burt vorbei. Eine Tür ging auf, fiel wieder ins Schloß, Burt stellte fest, daß er genau in einen Spiegel sah, wenn er den Kopf drehte.
    Ein schöner Anblick! dachte er. Der nasse Mantel flatterte um seine Beine, der Rand seines Hutes hing traurig nach unten. Das Gesicht war durch lange Bartstoppeln entstellt.
    »Fröhliche Weihnachten!« sagte er laut und verbeugte sich vor seinem Spiegelbild.
    Der Junge atmete schneller. »Rühren Sie sich lieber nicht, Mister!« warnte er.
    Burt grinste vor sich hin. »Reg dich nur nicht auf, mein Junge!« sagte er freundlich.
    Hinter Burt öffnete sich eine Tür. - »Kommen Sie 'rein!«
    Mr. Burt drehte sich um und ging durch die offene Tür. Er befand sich in einem großen Raum mit hoher Balkendecke. Vor dem offenen Kamin standen zwei Männer. Der jüngere von beiden trug einen Smoking, der andere einen hellen Anzug. Er war stämmig, hatte ein rotes Gesicht, weiße Haare und hervortretende Augen. Sein Begleiter, ein schmalgesichtiger Mann mit schwarzem Schnurrbart, stand mit dem Rücken zum Feuer.
    »Guten Abend«, sagte er mit ironischer Höflichkeit. »Ich hoffe, der Spaziergang hat Ihnen gefallen?«
    »Die Luft war gut«, erwiderte Burt, »die Landschaft zweifellos wunderschön, nur die Bewirtung ließ zu wünschen übrig.«
    »Besorge ihm etwas zu essen«, wies der ältere von beiden den Mann mit dem Revolver an.
    Eine Uhr tickte irgendwo melodisch, das brennende Holz knackte; sonst war es totenstill, bis der Alte mit einem Tablett zurückkehrte.
    »Schon gut, Gald, Sie können gehen«, meinte der jüngere Mann und wandte sich, als der Alte verschwunden war, an Tom Burt: »Essen Sie, mein Freund -«
    »Soll ich auch trinken?« fragte Mr. Burt, als er sich am Tisch niederließ. »Trinken und fröhlich sein, angesichts der festlichen Zeit? Sagen Sie mir, daß ich morgen sterben muß, und ich nenne Sie einen Lügner.«
    »Unverschämtheit«, brummte der Ältere, aber der andere warf ihm einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher