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0867 - Die Pesthexe von Wien

0867 - Die Pesthexe von Wien

Titel: 0867 - Die Pesthexe von Wien
Autoren: Christian Schwarz
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umständlich. »Auf jeden Fall sah das Ding pechschwarz und unheimlich aus und hatte vier Hörner an der Seite. Aber das sagte ich, glaube ich, schon.«
    »Gab es sonst noch irgendwelche Auffälligkeiten an dem Kelch?«
    »Ich habe auf jeden Fall keine bemerkt. Aber etwas anderes, Herr Zamorra: Konnten Sie in der Zwischenzeit eigentlich irgendetwas über die Hexe herausfinden? Was will sie hier? Sie hat doch längst tot zu sein.«
    »Die gnädige Frau Hexe ist uns momentan immer einen Schritt voraus, weil wir uns wie die größten Dussel des Universums angestellt haben«, antwortete Nicole an Stelle ihres Lebensabschnittsgefährten. »Ein bisschen was wissen wir aber doch.«
    »Wären Sie so gütig, mich an diesem Wissen teilhaben zu lassen, Frau Duval?«
    »Ja. Aber nur, weil Sie und Ihr geheiligter Tagesablauf mir äußerst sympathisch sind.« Sie funkelte ihn unter ihrer metallicblauen Perücke hervor an. »Also: Besagte Hexe Theresia Maria von Waldstein dürfte ums Jahr 1680 herum eine intensive Auseinandersetzung mit zwei Mönchen gehabt haben. Der eine könnte der berühmte Abraham a Sancta Clara gewesen sein, der andere der Zisterziensermönch Franziskus, der unseren Freund Claudius im Traum gewarnt hat. Das dürfte Ihnen soweit bekannt sein, Herr Abt. Schließlich stammt dieses Wissen ja von Ihnen.« Nicole grinste schräg.
    »In der Tat. Dass es sich bei dem zweiten Mönch um diesen Franziskus gehandelt hat, ist mir allerdings neu.«
    »Ja. Das ist bisher allerdings nur eine Vermutung unsererseits. Bruder Franziskus weilte nämlich um 1680 herum in Wien, unsere Annahme liegt also nahe. Auf jeden Fall töteten die Mönche Gräfin von Waldstein mit der heiligen Kreuzpartikel. Aus sicherer Quelle wissen wir, dass sich die Reliquie danach nicht mehr aus dem Brustkorb der Hexe lösen ließ und sie bis vor wenigen Tagen bannte.«
    »Wer soll diese sichere Quelle sein, Frau Duval?« Die Äuglein des Abtes funkelten spöttisch. »Dieser Vorgang kann so nämlich nicht stimmen. Die heilige Kreuzpartikel befindet sich seit Jahrhunderten in Kapuzinerobhut. Der Türkenpoldl persönlich hat uns die Reliquie 1683 zur Aufbewahrung übergeben.«
    »Türkenpoldl?«
    »Äh, ja, so wurde Kaiser Leopold im Volksmund genannt, weil er während der zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 an der Regierung war.«
    »Kaiser Leopold, soso. Seltsam, dass die Hexe gerade an seinem Sarg war, oder? Da gibt es irgendwelche Zusammenhänge.«
    »Das ist mir noch gar nicht aufgefallen«, erwiderte Bruder Laurentius verblüfft. Er schaute immer wieder sehnsüchtig zu Zamorra und zu Bruder Claudius hin, so, als hoffe er, einer von ihnen würde das Gespräch weiterführen. Es war ihm wohl unangenehm, sich mit einer Frau unterhalten zu müssen. Die Männer taten ihm den Gefallen nicht.
    »Bei dieser Quelle handelt es sich um den amerikanischen Touristen Jerry Kretchmer. In dem war die Hexe wiedergeboren worden und hatte ihn nach Wien gelenkt, um sich dort mit ihrem alten Körper vereinigen zu können. Dank unserer Hilfe hat sie das auch tatsächlich geschafft. Wir waren nämlich so blöd, die heilige Kreuzpartikel zu zerstören, die sie an der Wiedervereinigung gehindert hatte. Mit ein paar einfachen Tricks hat sie uns glatt und sauber geleimt. Und als uns Kretchmer gerade wichtige Dinge über sie erzählen wollte, hat sie ihn durch eine hypnotisch beeinflusste Frau erschießen lassen. Momentan führt uns die gnädige Frau ganz schön vor. Aber irgendwann kommen wir aus dieser Pechsträhne wieder raus.« [2]
    Dass dank eines ignoranten Kapuzinerabtes besagte Pechsträhne weiterging, diese spitze Bemerkung schluckte sie hinunter, auch wenn es noch so schwerfiel.
    »Die Zeitschau kann ich mir jetzt zwar schenken. Trotzdem würde ich mir den Tatort gerne ansehen«, sagte der Professor. »Ist das möglich, Herr Abt?«
    »Natürlich. Ich führe Sie hin.«
    »Dann nichts wie los.«
    Sie gingen zum Neuen Markt hinüber. Zamorra wirkte seltsam nachdenklich und in sich gekehrt.
    »Hast du was, Chéri?«
    »Hm, kann man so sagen. Wäre es möglich, dass wir diese Geschichte schon einmal erlebt haben? Nur in einer völlig anderen Version?«
    Nicole sah ihn an, als würde ihm eine Tasse im Schrank fehlen. »Keine Ahnung, was du meinst. Willst du darüber reden?«
    »Ach, lass gut sein. War nur so eine blöde Idee.«
    Die Stadt lag bereits im Lichterglanz. Ein wunderschöner Sternenhimmel mit glitzernden Juwelen spannte sich darüber. Vor dieser Kulisse konnten
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