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0867 - Die Pesthexe von Wien

0867 - Die Pesthexe von Wien

Titel: 0867 - Die Pesthexe von Wien
Autoren: Christian Schwarz
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nicht nur das Herz Tokios, dort lag auch der kaiserliche Park Shinjuku-Gyoen, in dem er mit Hina die wunderbare Kirschblüte genießen wollte. Nun, sie wusste noch nichts davon. Und auch nicht, dass er den Posten als Verwaltungsfachmann in der Präfektur Tokio bekommen hatte. Ein Posten, der nicht nur ihn, sondern auch sie aufwerten würde. Zugleich hatte er ihr einen Job in einem Hotel besorgt, der wesentlich angenehmer war als die Arbeit am Band in der Fahrzeugzulieferindustrie. Dies alles würde sein Hochzeitsgeschenk an sie sein. Konnte ein Mann, der nicht der Kaiser war, seiner Frau mehr bieten?
    Yuuki seufzte. Alles wäre also wunderbar gewesen, wenn Hina nicht in der Nacht vor seiner Abreise diesen seltsamen Traum gehabt hätte. Sie hatte ein Krankenhausbett gesehen, in dem er regungslos lag und schwarze Schleier über ihm schwebten. Seither war sie überzeugt, dass er nicht mehr zurückkehren würde.
    Unsinn.
    Yuuki rief seine Geliebte täglich an. Mit jedem Tag, den er noch lebte, konnte er sie ein bisschen mehr von der Bedeutungslosigkeit ihres Traumes überzeugen. Zu schade, dass sie nicht bei ihm sein konnte. Ihr Arbeitgeber hatte ihr nicht freigegeben. Vier Tage noch, dann würde er sie wieder sehen. Er freute sich schon sehr darauf.
    Doch momentan genoss er die Stadt Wien. Sie bildete den Abschluss seiner Reise nach London, Paris, Athen und Berlin. Es gefiel ihm wunderbar hier. Und die Wiener Regierung tat etwas für ihre Gäste. Der leuchtend rote Nachthimmel mit den schwarz zuckenden Blitzen und den Millionen von Raben war ein wunderbar inszeniertes Schauspiel gewesen, von dem er Hina in allen Details vorschwärmen konnte. Was mit Lasertechnik heute alles möglich war! Noch besser: Er hatte es sogar fotografiert. Sie würde stolz auf ihn sein.
    Die japanische Gruppe verließ den Augustinerkeller und zog weiter. Eine Sehenswürdigkeit jagte die andere, kurz nach Mitternacht fiel Yuuki schließlich erschöpft in sein Hotelbett.
    Am nächsten Morgen zog er alleine los. Während seine neuen Freunde zum Schloss Königsbrunn fuhren, wollte er sich unbedingt die Kapuzinergruft ansehen. Gegen neun Uhr stand er auf, duschte und ging zum Neuen Markt hinüber, wo mal wieder zahlreiche Raben auf dem schlichten, hochgiebeligen Kapuzinerkloster saßen und in die Morgensonne blinzelten. Über dreihundert Bilder schoss Yuuki in den zehn Gruftabteilungen. Dabei hatte er anfänglich kaum gewusst, wo er bei all der Pracht und Herrlichkeit anfangen sollte. In der Leopolds- oder doch lieber in der Karlsgruft? Oder in der prächtigen Maria-Theresien-Gruft? Oder…? Er schaffte sie trotzdem alle. Als er die Karlsgruft durchquerte, war ihm einen winzigen Moment lang übel. Er dachte sich nichts dabei.
    Vier Stunden später, in der Spanischen Hofreitschule, überfielen ihn erste Fieberattacken. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn. »Was bei den Göttern ist plötzlich mit mir los?«, murmelte er verstört. Er fühlte sich von einem Moment auf den anderen schwach und ausgelaugt, seine Haut spannte am ganzen Körper und tat schon bei der geringsten Berührung weh. Das Pochen in seinen Schläfen wollte auch kein Ende mehr nehmen.
    Verstört schleppte er sich ins Hotel zurück. Wenn er krank wurde, war das kein großes Problem. Er besaß eine ausreichende Auslandskrankenversicherung. Ein Problem war aber, dass er seinen plötzlichen Zustand mit Hinas Traum in Verbindung brachte. Panik wallte in ihm hoch und steigerte sich in dem Maße, in dem er körperlich schwächer wurde. Er umklammerte die »Maneki Neko«, die »winkende Katze«, so stark, dass er sie zerdrückt hätte, wäre nur noch genügend Kraft in seinen Händen gewesen. Hina hatte ihm diesen tierischen Glücksbringer aus rotem Porzellan, der eine alte Goldmünze mit dem unwahrscheinlich hohen Betrag von zehn Millionen Ryou in den Pfoten hielt, zum Abschied geschenkt. Welch böser Geist sich auch immer in seinem Körper eingenistet hatte, die Magie der Maneki Neko musste einfach helfen. Sie musste!
    Sie tat es nicht. Stattdessen kamen Kopfweh und Benommenheit hinzu. Und in seiner rechten Achselhöhle fühlte es sich an, als säße dort eine Beule so groß wie eine Zitrone unter der Haut. Yuuki fühlte sich so schwer krank wie noch nie in seinem Leben.
    Er schaffte es noch, die Reiseleiterin zu alarmieren. Als der Notarzt in sein Zimmer stürzte, prallte der Mann sofort wieder zurück und drängte die nachfolgenden Sanitäter aus dem Zimmer. Yuuki sah es verwundert aus
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