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0857 - Die Schnitterin

0857 - Die Schnitterin

Titel: 0857 - Die Schnitterin
Autoren: Jason Dark
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ihm tun?« fragte ich den Arzt. »In welches Krankenhaus bringen Sie ihn?«
    »In das Queens Hospital.«
    »Wo ist das denn?«
    »Gerade noch in London. Es liegt hier am nächsten. Ich kenne da auch einige Kollegen recht gut.«
    »Danke.«
    »Sie haben so seltsam gefragt, als wollten Sie dem Mann einen Besuch abstatten. Ist dieser Fall für Sie beide noch nicht erledigt? Haken Sie irgendwann nach?«
    »Ja, das hatte ich vor. Aber es wird sich noch genau herausstellen, wenn ich ehrlich bin.«
    »Gut, vielleicht hören wir noch voneinander.« Der Arzt wandte sich ab, um sich um den Fahrer zu kümmern. Er zog ihn vom Stuhl hoch und nötigte ihn, in den Wagen der Ambulanz einzusteigen.
    Wir wandten uns ab. Sehr langsam schritten wir nebeneinander her. Beide hielten wir die Köpfe gesenkt und hatten auch die Stirn gerunzelt. Wir waren sehr nachdenklich. Ich hörte Bills leises Lachen und fragte ihn, warum er so einen Spaß hatte.
    »Das will ich nicht einmal behaupten.«
    »Also kein Spaß.«
    »Nein, nicht im eigentlichen Sinne. Ich denke nur gerade darüber nach, was sich wohl in deinem Kopf abspielt.«
    »Und das läßt dich lachen?«
    »So ist es.« Bill blieb stehen. »Du überlegst sicherlich, ob dieser Mann nun gesponnen hat oder nicht. Du schwankst. Du kannst dir beides vorstellen.«
    »Was kann ich mir vorstellen?«
    »Daß das eine als auch das andere stimmt. Er kann einem Hirngespinst nachgelaufen sein, also einer Halluzination, was aber nicht unbedingt sein muß.«
    »Dann kann die Gestalt für dich real gewesen sein?«
    Ich hob die Schultern. »Wie auch immer du das nennen magst, Bill. Kann sich jemand eine derartige Person ausdenken? Eine bleiche Frau mit einer Sense. Eine Todesbotin, eine…« Ich suchte nach dem richtigen Begriff, »eine Schnitterin?«
    »Man kann.«
    »Stimmt.«
    Bill lachte mich an. »Okay, wo ist das Problem?«
    »Man muß aber auch nicht.«
    Der Reporter schabte mit der rechten Schuhsohle über den Boden.
    »Also fifty-fifty, denke ich mal.«
    »Erraten.«
    »Laß mich fortführen«, sagte der Reporter. »Und weil du eben so denkst, wirst du versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Habe ich damit recht?«
    »Ja.«
    »Ich allerdings frage mich«, sagte Bill nach einer kleinen Nachdenkpause, »warum sie diesem wirklich unbescholtenen Mehmet Slater erschienen ist. Du brauchst ihn doch nur anzuschauen. Er kann nicht schlimm sein. Er steht nicht auf der anderen Seite. Ich denke, daß du da am falschen Faden ziehst.«
    »Indirekt schon.«
    »Und direkt?«
    Ich schnickte mit den Fingern und streckte den rechten Zeigefinger aus. Er wies auf Bills Brust. »Stell dir mal vor, daß es diese geisterhafte Frau tatsächlich gibt.«
    »Das stelle ich mir.«
    »Schön. Und stell dir weiter vor, daß Mehmet Slater nur zufällig in diesen Kreislauf hineingeraten ist. Daß er gar nicht dazugehört. Daß diese Frau zwar erschien, ihn aber nicht meinte oder erschrecken wollte. Was hältst du von dieser Theorie?«
    »Nicht schlecht. Nur müßtest du auch den nächsten Schritt tun und mir sagen, wem das Erscheinen dieser Person tatsächlich gegolten hat, wenn nicht Slater.«
    »Dafür käme nur einer in Frage, denke ich.«
    Bill schaute mich starr an. »Du… du … meinst den Verunglückten?«
    »Ja.«
    Der Reporter wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Zumindest blieb er neutral, legte nur sein Gesicht in Falten, lächelte dann und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, John, das ist weit hergeholt.«
    »Warum?«
    »Weil ich mich damit nicht anfreunden kann.«
    »Ich auch nicht, Bill. Du mußt aber zugeben, wenn du ehrlich bist, daß es eine Möglichkeit ist.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich werde den Weg dieses Menschen sicherheitshalber zurückverfolgen. Ich werde seinen Namen bald erfahren und werde herauszufinden versuchen, wer er ist und womit er sich beschäftigt hat, als er noch lebte. Es kann durchaus sein, daß wir eine Spur finden.«
    »Was vermutest du dahinter, John?«
    »Sorry, ich weiß es noch nicht.«
    »Dein Gefühl?«
    Ich mußte grinsen. »Hat sich mittlerweile herumgesprochen, wie?«
    »Du kokettierst doch damit.«
    »Danke, ich habe verstanden.« Nach dieser Antwort ließ ich Bill stehen, um dorthin zu gehen, wo die Helfer dabei waren, das Wrack zu zerlegen. Das Licht der Brennerflammen sah aus, als wollte es die Dunkelheit spalten.
    Sie hatten bereits in den blechernen Trümmerhaufen ein so großes Loch geschnitten, um an die Leiche heranzukommen. Jetzt versuchten sie,
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