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0853 - Heimat der Menschen

Titel: 0853 - Heimat der Menschen
Autoren: Unbekannt
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hatte.
    Seit er sie ein halbes Jahr lang dreimal täglich gegessen hatte, schlang er sie nur noch widerwillig herunter. In einem halben Jahr würde er auch keine Sandfrüchte mehr sehen können, aber dann gab es ja wieder die frischen Baumstäbe.
    Partmann Gogh erinnerte sich daran, einmal in seinem Leben etwas anderes gegessen zu haben als Sandfrüchte und Baumstäbe. Das war vor mehr als fünfzig Jahren gewesen. Damals war ein Raumschiff auf Kesskeil gelandet. Einer der Offiziere hatte ihm, der damals noch ein Junge war, ein Stückchen Fleisch gegeben. Es war die größte Köstlichkeit, die er je zu sich genommen hatte. Und wenn es ihm besonders schlecht ging oder die Arbeit extrem hart war, dann dachte er stets an dieses Stückchen Fleisch, das ihm eine Ahnung davon verliehen hatte, wie es auf anderen Planeten aussah.
    Motorengeräusch schreckte ihn auf. Träge drehte er sich um. Ein verbeulter Gleiter näherte sich und landete unter dem Baum im Schatten, nachdem der Fahrer ihm zugewinkt hatte. „Warum holst du mich nicht?" schrie Gogh mit krächzender Stimme. Der andere verstand ihn nicht und winkte ihm heiter zu. Gogh gab es auf, es mit einem Zuruf zu versuchen. Sein Hals war so trocken, daß ihm die Stimme versagte.
    Müde schleppte er sich durch den Sand, wobei er es sorgfältig vermied, auf eine der Pflanzen zu treten. Er brauchte fast fünf Minuten für die kurze Strecke, und als er endlich den Schatten erreicht hatte, fiel er erschöpft in den Sand. „Du hättest mich ruhig mit dem Gleiter abholen können", sagte er mühsam. „Wir müssen Energie sparen", antwortete Jerome Tas, der Pilot. „Es tut mir leid."
    Das war nichts als eine Ausrede. Tas war nie bereit, jemandem eine Gefälligkeit zu tun. Partmann Gogh verzichtete auf weitere Beschwerden und nahm sich vor, in einer ähnlichen Situation ähnlich zu handeln wie Tas.
    Er nahm den Wasserbehälter, den der Pilot ihm reichte, und trank. Danach war ihm besser. „Was gibt es?" fragte er.
    Dabei rückte er näher an den Baumstamm heran und lehnte sich daran. Die Kühle im Schatten tat ihm gut. „Sandpolypen", erwiderte Jerome Tas lakonisch.
    Gogh richtete sich ruckartig auf. Seine Augen weiteten sich. Er schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht sein", sagte er verzweifelt und zeigte auf das von der Sonne durchglühte Land hinaus. „Man sieht überhaupt nicht die geringste Spur."
    „Hier noch nicht", erklärte Jerome Tas, „aber weiter im Norden haben sie schon ganze Plantagen kahlgefressen.
    Ich komme gerade von dort. Kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm ist verschont geblieben. Da oben ist nichts als Wüste. Sie reicht vom Tifflor-Tal bis hinauf in die Polargebiete. Und vermutlich sieht es im Süden genauso aus. Administrator Obonk hat eine Gleiterexpedition ausgeschickt, die den Süden untersuchen soll."
    Partmann Gogh schloß die Augen. „Sandpolypen", sagte er nach einer Weile. „Mein Gott, ich dachte, wir hätten diese Pest endgültig besiegt."
    „Das haben unsere Vorväter auch schon einmal gedacht", bemerkte Jerome Tas. „Sandpolypen sind aber nicht auszurotten."
    Partmann Gogh trank noch einen Schluck Wasser.
    Wir hätten es uns eigentlich denken können, sagte er sich. Hundert-siebenundzwanzig Jahre sind um, und die Polypen kommen alle hun-dertsiebenundzwanzig Jahre. So war es seit mehreren Jahrhunderten gewesen.
    Die ersten Siedler hatten eine blühende Welt vorgefunden, die eine geradezu verblüffende Ähnlichkeit mit der Erde hatte. Innerhalb weniger Jahre war eine leistungsstarke Industrie entstanden. Kesskeil war eine der wichtigsten Welten des solaren Imperiums geworden. Dabei hatte man wenig Rücksicht auf die ökologischen Realitäten des Planeten genommen. Umweltschutzbedingungen waren so gut wie unbekannt gewesen. Das hatte dazu geführt, daß ein großer Teil der Natur von Kesskeil zerstört worden war.
    Zunächst hatte sich niemand etwas dabei gedacht. Der Reichtum dieser Welt schien unermeßlich zu sein.
    Doch dann waren die Sandpolypen gekommen. Sie hatten sich rund um den Planeten gefressen. Selbst mit modernsten Waffen war ihnen nicht beizukommen gewesen. Sie widerstanden allem, was man gegen sie aufbot.
    Und innerhalb eines einzigen Jahres hatte sich Kesskeil in eine Wüstenwelt verwandelt. Von einer Bevölkerung von vierzig Millionen Menschen hatten nur zehn Millionen die Katastrophe überlebt. Von diesen waren vier Millionen ausgewandert.
    Die Sandpolypen aber waren von einem Tag zum anderen wieder verschwunden,
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