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0852 - Der Klang der Hölle

0852 - Der Klang der Hölle

Titel: 0852 - Der Klang der Hölle
Autoren: Volker Krämer
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verschwunden. Wie leicht hätte sie die Amazone töten können. Sie hatten es nicht getan. Warum nur? Iriga verstand diese Wesen nicht.
    Doch sie verstand etwas ganz anderes sehr gut. Die Menschen hätten Neffia töten können… und sie, Iriga, wäre neue Amazonenführerin gewesen.
    Die Kriegerin landete ihre Echse einige Schritte neben Neffia, die jetzt begann, sich langsam zu regen.
    Sie erwacht… noch ist Zeit…
    Geschmeidig glitt Iriga aus dem Sattel, sah sich erneut nach allen Seiten hin um. Der beste Beweis, dass niemand in der Nähe war, kam von ihrem Drachen. Das Luftwesen begann sich zu reinigen, mit seinem spitzen Maul die Parasiten aus den Flügelfalten zu angeln; für die Echsen waren das Leckerbissen. So etwas taten die Drachen nur dann, wenn ihnen keine Gefahr, keine Störung drohte. Iriga konnte sich also sicher sein.
    Langsam trat sie neben ihre Anführerin. Neffia atmete schwer. Wahrscheinlich hatte sie sich mehrere Rippen gebrochen. Ihr linkes Bein stand in einem unnatürlichen Winkel ab - auch dort war der Knochen nicht heil geblieben. Die Schürfwunden, die Iriga entdecken konnte, waren nicht zu zählen. Doch Neffia würde das überstehen.
    Gewiss. Ganz gewiss…
    Und sie würde noch über Jahrzehnte hinweg die erste Kriegerin der Stämme bleiben. Iriga hingegen…
    Neffia blickte ihrer Stellvertreterin entgegen. Sprechen konnte die Frau noch nicht, doch ihre Augen stellte eine Frage: Warum bist du hier? Hatte ich dir nicht befohlen, zu Stygia zu fliegen?
    Iriga lächelte kalt. »Nein, ich bin nicht geflogen. Ich habe gewartet, was geschehen würde. Ich habe deine Niederlage erlebt, Neffia, Tochter der Bronna.« Iriga bückte sich, zog das gekrümmte Schwert aus der Lederscheide, die an Neffias Hüfte hing. Die Klinge war schartig - Zeugnis von ungezählten Kämpfen. Doch sie war scharf, wie die Rasiermesser der Männer, die von den Kriegerinnen so verachtet wurden. Vorne lief die breite Klinge nadelspitz zu.
    »Und ja - ich habe deine Befehle einfach missachtet. Was sagst du dazu? Ach, du kannst wohl nicht reden? Das macht nichts.« Iriga rammte die Klinge mit großer Wucht nach unten. »Du wirst ja nie wieder einen Befehl geben müssen.«
    Iriga setzte sich mit untergeschlagenen Beinen neben die Leiche, aus deren Brust die Klinge wie ein Fahnenmast ragte. Die Kriegerin musste jetzt nur noch warten… und ein wenig lügen, doch damit hatte sie noch nie Probleme gehabt. Wenn die Schwestern sie schließlich fanden, dann konnte sie eine gute Geschichte erzählen.
    Die Geschichte von den Menschen, die Neffia kaltblütig getötet hatten.
    Dann hatten die Amazonen neue Feindbilder - und Iriga würde Neffias Position einnehmen.
    Stygia war sicher erfreut, wenn Iriga ihr von der Situation um die weiße Stadt Bericht erstattete. Von nun an musste die Fürstin der Finsternis sich daran gewöhnen, eine neue Amazonenherrin vor ihrem Thron zu empfangen.
    Iriga, erste Kriegerin der Stämme!
    ***
    Im Château Montagne war rasch alles wieder wie gehabt.
    Als sich Zamorra in den Schwefelklüften einigermaßen erholt hatte, war der Rücktransit zur Erde recht normal abgelaufen.
    Artimus hatte zuvor darauf bestanden, noch einmal zur Stadtmauer zu gehen. Aus der Nähe hatte sich der unglaubliche Eindruck noch verstärkt dargestellt: Armakath schlief einen Dornröschenschlaf. Wie durch Zuckerwatte waren die Straßen und Gebäude kaum auszumachen. Zu sehr verschmolz das Visuelle des zu stofflicher Substanz gewordenen Klanges mit dem reinen Weiß der Stadt.
    Schließlich war dann doch der Wissenschaftler in van Zant erwacht. Mit dem Dolch der Amazone, die sie nach wie vor ohne Besinnung zurückgelassen hatten, versuchte er eine Probe des Stoffes zu entnehmen. So sehr er sich auch mühte - es gelang nicht. Schließlich gab er enttäuscht auf, als die Dolchklinge brach. »Hartnäckig, aber nicht für sehr lange.«
    Nicole hatte Artimus fragend angesehen. »Wie kannst du da sicher sein. Vielleicht hält das hier eine Ewigkeit lang.«
    Van Zant schüttelte energisch den Kopf. »So viel Zeit hat der Praetor nicht, glaube mir. In allem was er tat, war eine Portion Hektik zu erkennen. Ich denke, die wahren Herren der weißen Städte haben ihm eine Frist gesetzt. Vielleicht ist die aber auch in der Natur der Sache begründet. Viel mehr als ihr weiß ich auch nicht, doch als Krieger Armakaths bleiben mir zumindest Ahnungen. Meine Vision - wenn es wirklich eine war - beweist mir, dass es irgendwo Krieger gibt, die nicht
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