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085 - Von den Morlos gehetzt

085 - Von den Morlos gehetzt

Titel: 085 - Von den Morlos gehetzt
Autoren: Peter T. Lawrence
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schmatzendem Geräusch vom Sarg, sauste in die Höhe, wo Georg ihn neben das Grab schleuderte.
    Neugierig schauten sie beide in das Innere des Sarges und prallten entsetzt zurück. Ihr Schreien zerriß die nächtliche Stille. Harry, der immer noch unten stand, stieß gegen die Lehmwand, rutschte auf der Kante des Sarges aus und fiel schreiend über die feuchte Oberkante in das hölzerne Behältnis hinein.
    Bill Fleming war fort, aber da starrten ihn winzige Äuglein aus einem fetten, aufgedunsenen Gesicht an, das bleich und bartlos, nur ein dicker Klumpen Fleisch mit Haut und Augen zu sein schien. Dann sauste das schreckliche, menschenähnliche Wesen davon und verschwand blitzschnell in einem hellen Fließton durch ein schwarzgähnendes Loch am Kopfende des Sarges.
    George, der immer noch auf dem Bauch lag und in die Tiefe spähte, schrie pausenlos. Schließlich raffte er sich auf und begann zu laufen, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Als er – für ihn mochten Ewigkeiten vergangen sein – endlich das schmiedeeiserne Tor des Friedhofes erreicht hatte, zerrten gerade fette, fleischige Händchen den zu Tode erschrockenen Harry in den engen Schlund am Kopfende von Bill Flemings Sarg hinein in die Tiefe einer grauenvollen, unbekannten Welt.
    Ein sanfter Wind wehte durch die Straßen Londons an jenem Tag, an dem Laura mich zu einem Plausch im CAFE WEELMANN in der City gebeten hatte. Zwei meiner hervorstechenden Eigenschaften sind Pünktlichkeit und ein gewisses Quentchen Ordnungsliebe. Punkt 15 Uhr saß ich an einem der Tischchen, die draußen vor dem Cafe aufgestellt waren. Ich bestellte einen Campari-Tonic, wartete auf Laura und sah den Mädchen nach, die der Frühsommer wie in jedem Jahr in bezaubernde Geschöpfe verwandelt hatte. Die Straßen schienen von Feen und Elfen bevölkert zu sein. Old London blühte auf …
    Laura ließ auf sich warten. Ihre beiden dominierenden Eigenschaften waren den meinen diametral entgegengesetzt. Das wußte ich längst. Deshalb war ich auch nicht verärgert, als sie erst nach eineinhalb Stunden mit bezauberndem Lächeln zu mir trat.
    „Tag, Rob.“
    Das luftige Sommerkleid war gewagt und schick und aus einem Stoff, mit dem man ansonsten wohl Röntgenschirme überspannte, damit sie durchsichtig wurden. Ich lächelte zurück und wies auf einen Stuhl.
    „Hallo, Laura. Setzt dich.“
    Ihre Wangen glühten, und die hübschen Kulleraugen verrieten als Spiegel der Seele ihre frühlingshaften Gefühle.
    „Eine wahnsinnige Sache“, begann sie, noch bevor sie mir auf dem zierlichen Cafestühlchen gegenübersaß.
    „Rob, ich hab da etwas ausgegraben, was dich vom Stuhl reißen wird!“
    Der Ober kam, sichtlich froh darüber, daß ich den Tisch jetzt nicht mehr allein besetzt hielt. Laura bestellte sich eine Cola, worauf er seine Bittermiene wieder zeigte.
    Ich lächelte.
    „So schlimm kann’s nicht sein. Du hast immerhin anderthalb Stunden Verspätung, Kindchen.“
    „Ich hatte noch bei Gericht zu tun. Du weißt ja, wie sie dort im Archiv arbeiten.“
    „Sicher“, antwortete ich geduldig. „Also, kommen wir zur Sache: Warum hast du mich herbestellt?“
    „Du kennst doch Elena Tichles?“
    „Das Medium?“
    „Genau die. Sie ist weltbekannt, hat die tollsten Verstorbenen schon aus dem Jenseits gerufen, und die Parapsychologen gehen bei ihr ein und aus.“
    „Ich sagte schon, daß ich sie kenne, Laura.“
    „Na ja, stimmt. Also nun höre zu, Rob: Eben jene Elena Tichles hatte vor zwei Tagen eine Erscheinung, die sich erheblich von allen vorherigen unterschied. Während einer Sitzung materialisierte sich der Kopf eines älteren Mannes, der sich den Anwesenden als Doktor Warren vorstellte.“
    Ich grinste.
    „Nur der Kopf?“
    „Du brauchst gar nicht zu spotten, Rob. Daß sich Tote zuweilen materialisieren können, dürfte auch dir inzwischen bekannt sein. Oder zweifelst du etwa daran?“
    „Nicht im geringsten. Aber du mußt zugeben, daß es etwas ungewöhnlich ist, wenn nur ein Kopf erscheint und weiter nichts.“
    „Es wird noch viel ungewöhnlicher, Mister Newman“, sagte sie aggressiv und sah dann finster dem Kellner nach, der mit verächtlicher Miene die Coca-Cola auf den Tisch geknallt hatte.
    Der Mann stellte sich nämlich gerade den Leuten als Dr. Warren vor, als plötzlich ein schimmerndes Etwas im Raum auftauchte, das eine fühlbare Kälte mit sich brachte. Die Augen dieses Doktors blickten nun entsetzt zu dieser anderen Erscheinung hin, die von den Anwesenden
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