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085 - Von den Morlos gehetzt

085 - Von den Morlos gehetzt

Titel: 085 - Von den Morlos gehetzt
Autoren: Peter T. Lawrence
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können wir gemeinsam zum Ausgang gehen.“
    Die Frau zuckt zusammen, ihre Bewegungen erstarren, sie glotzt mich mit weiten Augen an, dann öffnen sich ihre Lippen zu einem lautlosen, unhörbaren Schrei. Sie taumelt einige Meter zurück und sinkt zu Boden.
    Ich renne auf sie zu, schließe für Sekunden, als ich mich einer Laterne nähere, geblendet die Augen, aber es geht nicht. Sie lassen sich nicht schließen. Ich reiße die Arme hoch, schütze sie vor dem hellen Licht, pralle entsetzt ins Halbdunkel zurück und starre ungläubig meine Hände an.
    Kleine, fette Hände.
    Ein furchtbarer Schrei steckt in meiner Kehle, aber er kann sich nicht lösen. Wie zur Salzsäule erstarrt stehe ich da, sehe an meinen kurzen, plumpen Beinen hinab, begreife kaum, was passiert ist, denn mein Gehirn weigert sich, diese Wahrnehmungen zu verarbeiten.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so dastehe, fassungslos meinen aufgedunsenen fetten Leib betastend. Was ist schon Zeit, jetzt, da ich eine fiepende, scheußliche Kreatur geworden bin? Sie haben mich also getötet und geopfert. Haben mich unter die starren Toten gelegt, wo mir die Hände Maleeks neues, zeitloses, ewiges Leben gaben.
    Wo soll ich hin? Nach Hause? Mit verdeckten Augen? Zur Polizei, wo ich mit niemandem sprechen kann? Oder zu Ben, vorausgesetzt, daß er es geschafft hat, dieses Reich als Mensch zu verlassen. Ich wäre ein Morlo für ihn. Ein Morlo, der käme, ihn zu töten, wie Elena Tichles, oder Harry oder William, oder George getötet worden waren.
    Noch einmal sehe ich zu der am Boden liegenden Frau. Dann wende ich mich langsam ab und gehe mit hängenden Schultern zur Gruft der Claire Benneth zurück. Zurück in mein Reich, zurück zu jenen Wesen, denen ich nun angehöre.
     

     

Als ich die letzten Stufen der Leiter erreicht habe, höre ich das Singen. Es ist faszinierend und hell und schön. Ich stehe da, lausche der fremden, lockenden Stimme, die mich ruft.
    Rasch schlüpfe ich in den Tunnel, haste ein paar Meter hindurch und nehme plötzlich die Ausdünstung eines Menschen wahr. Ein Mensch. Hier in unserem Reich. Menschen sind gefährlich und böse. Sie kämpfen mit Licht und mit Dingen, die unseren Kräften überlegen sind. Man muß vorsichtig sein. Nur gut, daß sie im Dunkeln nichts sehen.
    O Maleek, er hält mich auf, aber ich werde zu dir eilen. Ich habe deinen Ruf gehört. Nur dieser Mensch ist mir noch im Weg.
    Ich nähere mich ihm vorsichtig. Er liegt auf dem Rücken, der Dummkopf, und mir scheint, er horcht in meine Richtung. Blind wie ein Maulwurf ist er. Langsam schleiche ich mich an ihn heran. Ich glaube, er hat Angst. Ja, jetzt bewegt er sich, versucht sich umzudrehen, aber da knie ich auch schon auf seiner Brust und umklammere seine Kehle.
    Sie ist hart und fest, gibt schließlich knirschend und lautlos nach. Ich spüre das Knirschen, vermag es aber nicht zu hören. Der Mensch versucht noch einmal mit einer schwachen Bewegung nach mir zu greifen, aber ich bin schneller, du Bestie! Wiederholt schlage ich zu, dann durchläuft ein Zucken seinen Körper, und er liegt still.
    O Maleek, habe Geduld. Ich bring dir ein Opfer.
     
     
     
    ENDE
     
     
     
     
     
     
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