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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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weil er viel Kraft in seinen Hieb legen wollte.
    Kein langer Kampf, mit einem Schlag mußte die Sache beendet sein.
    Die Waffe raste nach unten - und traf Elohim nicht. Der hatte sich gedankenschnell zurückbewegt und war einige Stufen in die Höhe gehuscht. Rabanew jaulte auf. Er schrie nicht mehr, er jaulte, denn als Kreatur der Finsternis reagierte er anders als ein Mensch. Als er aus seiner gebückten Haltung in die Höhe kam, war der Junge noch weiter zurückgeeilt. Er stand am Ende der Treppe und schaute auf den hinab, der ihn hatte töten wollen.
    Rabanew stand auf. Er stolperte die Treppe hoch, er rannte in das Zimmer, in dem das Licht brannte, hätte brennen müssen, dort aber war es dunkel.
    Keine Spur mehr von Elohim…
    Rabanew brüllte. Er stand breitbeinig auf dem Fleck, den Oberkörper zurückgedrückt, den Kopf schüttelnd, und sein Gebrüll klang so laut, als wollte es die Wände des Hauses einstürzen lassen.
    Dann drehte er sich im Kreis, schwang dabei auch seine Waffe herum und brüllte: »Wo bist du? Verdammt noch mal, wo bist du? Zeig dich endlich!«
    Seine Worte verhallten. Er schrie noch einmal, dann wieder, aber das Haus schwieg.
    Rabanew sah ein, daß es keinen Sinn hatte, noch länger auf den Jungen hier oben zu warten. Er schüttelte sich, bevor er das dunkle Zimmer verließ und mit langsamen Schritten die Treppe hinunterging.
    ***
    Das war wie der berühmte Schlag in die Magengrube, der mich allerdings nicht umwarf, aber in meinen Knien spürte ich schon das berühmte Gummigefühl und irgendwann in den nächsten Sekunden würde ich einen Halt finden müssen.
    Raniel hatte das Abteil betreten.
    Ich sprach ihn nicht an, um zu erfahren, woher er kam, er hatte den Weg gefunden, nur das zählte, und ich glaubte nicht, daß ich zudem eine Antwort von ihm bekommen würde.
    Ich schaute ihn an.
    Sein Gesicht hatte sich nicht verändert. Noch immer faszinierten mich seine Augen, die auf eine so geheimnisvolle Art und Weise strahlten. Ich konnte diesen Blick nicht beschreiben. Er hatte etwas von einem gütigen Menschen, aber auch etwas von einem Engel, denn tief in den Pupillen lauerten Wissen und Wärme zugleich. Ich wußte aber auch, daß dieser Engelmensch - so sah ich ihn - eiskalt seine Ziele erreichte und auch vor dem Tod eines Menschen nicht zurückschreckte. Das hatte ich schon einige Male erlebt.
    Seine Augen faszinierten mich. Ohne daß ich es zulassen wollte, übten sie eine beinahe hypnotische Macht auf mich aus, der ich einfach nicht entwischen konnte.
    Diese Augen waren wie Banner. Sie hatten die Kontrolle über mich erlangt. Sie sorgten dafür, daß ich stehenblieb und mich wie von einem Strom gepackt fühlte, der mich zurück in die Vergangenheit trieb.
    In den Augen sah ich - so unwahrscheinlich dies auch sein mochte - plötzlich Bilder entstehen. Dabei vergrößerten sich die Augen, veränderten sich zu einer regelrechten Leinwand, auf der sich das widerspiegelte, an das ich mich erinnerte.
    Ein Ort in Deutschland, nahe bei Köln.
    Sogar der Name fiel mir wieder ein.
    Altenberg…
    Ein herrlicher Dom, in dem sich damals nur drei Personen befunden hatten. Raniel, Elohim und ich.
    Elohim!
    Er war derjenige gewesen, den ich begleitet hatte. Ein Kind, ein Junge, einer, der eine Mutter gehabt hatte, die als erste Hure des Himmels bezeichnet worden war, und der auf der Suche nach seinem Vater gewesen war.
    In Altenberg hatte er ihn gefunden. Es war Raniel gewesen, eben dieser Mensch und Engel, der Gerechte, der sich seine eigenen Gesetze geschaffen hatte.
    Eine Gestalt zwischen den Welten, einer, der das Licht ebenso kannte wie den Schatten. Ein Pendler zwischen den Sphären, der letztendlich auf der Suche nach seinem Sohn gewesen war und ihn in Altenberg gefunden hatte.
    Mir war es im Dom gelungen, Elohim vom Einfluß seiner schrecklichen Mutter Lilith zu befreien, und dann war Raniel erschienen und hatte sich mir offenbaren müssen, denn meine Fragen waren zu speziell gewesen.
    Als Engel hatte er sich mit Lilith eingelassen. Er war von ihr verführt worden, aber er war zugleich ein Mensch, denn Raniel lebte in zwei Existenzen. Besser gesagt, zwei Existenzen lebten in ihm, bis es ihm gelungen war, die eine Existenz zu vernichten. Erst dann hatte er die Kraft bekommen, als Gerechter aufzutreten und dort zu erscheinen, wo das Unheil zu groß wurde. Das Gute hatte zum Glück gewonnen, wie auch bei dem jungen Elohim, und er hatte sich letztendlich freiwillig für seinen Vater entschieden
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