Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Rang als Commander. Wahrscheinlich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Oder? Er beobachtete die beiden Männer knapp vier Meter unter sich. Keiner machte eine besonders freundliche Miene. Nun gut, es war nicht die Zeit für freundliche Mienen. Harte Wochen lagen hinter allen, weiß Gott!
    Eine Frau trat aus dem Kristallgebäude, lief über den Vorplatz, umarmte Matt von hinten und schmiegte sich an ihn.
    Rulfans Motiv für eine ansonsten wenig attraktive Expedition - in einer Qualle durch endlose Röhren unter dem Meeresgrund von Europa nach Mittelasien, das musste man sich mal vorstellen! -, sein Motiv also: Aruula, die Barbarin. Sie hielt Matt einfach fest, sagte keinen Ton, drückte nur ihre Wange an sein breites Kreuz und schloss die Augen.
    Streitet doch nicht, mochte das heißen.
    Rulfan sah kurz zu ihr hin. Dann wandte er sich abrupt ab und blickte auf den See hinaus. Gern hätte Dave sein Gesicht jetzt gesehen. Ob er die Zähne zusammen biss? Oder die Augen schloss?
    Aruula sprach wenig seit ein paar Tagen. Harte Zeiten, wie gesagt, für Aruula ganz besonders. Sie war schwanger gewesen. Obwohl - eine richtige Schwangerschaft wäre nicht so lange unbemerkt geblieben wie diese, und das Blut eines normalen Embryos enthielt auch keine pflanzlichen Substanzen. Und normalerweise konnte eine Frau vom Volk der dreizehn Inseln telepathischen Kontakt zu ihrem Nachwuchs aufnehmen - Aruula hatte nichts gespürt.
    Aber das war jetzt ohnehin irrelevant: Das Kind war weg, einfach weg. Als Matt und die anderen in der Transportqualle unterwegs zum Seegrund waren, hatte irgendein… Ding Aruula am Ufer aufgelauert. Dave wusste nicht genau, was. Niemand wusste es. Jedenfalls hatte es das Kind aus Aruulas Leib geraubt. [1] Üble Sache. Kalte Schauer rieselten ihm über Nacken und Arme, wenn er daran dachte. Also lieber nicht daran denken.
    Dave war nicht mit von der Partie gewesen, als sie zum Kometen hinunter tauchten. Nur Rulfan, Mr. Black, Quart’ol und Mer’ol. Und der Commander natürlich. Dave hatte sich alles haarklein berichten lassen.
    Sie hatten Myriaden der Kristalle gesehen, und Schwärme von Todesrochen. Bis auf knapp fünfhundert Meter waren sie an den aus dem Grund ragenden Kometen herangekommen, und kurz bevor die Rochen Mer’ol entdeckt und verschleppt hatten, war diesem eine Art flaches Bauwerk an der Flanke des 8-Kilometer-Brockens aufgefallen.
    Der Sitz der Macht im See? Eine Kommandozentrale? Wenn letzteres zutraf - aber noch scheute Dave zurück, dies ernsthaft in Betracht zu ziehen -, handelte es sich wohl eher um ein Raumschiff als um einen Kometen. Fest stand auf jeden Fall, dass die grün leuchtenden Kristalle mit ihm auf die Erde gekommen waren; der Brocken war davon gespickt.
    Quart’ol hatte den mitgebrachten Kristall telepathisch durchleuchtet - und Erstaunliches zu berichten gewusst.
    Entweder fungierten diese Kristalle als Datenspeicher, oder sie besaßen gar ein eigenes Bewusstsein! Der Hydrit hatte das Bild einer humanoiden, hell schuppigen Lebensform empfangen, die - wenn er die fremden Empfindungen richtig interpretierte - als Ziel angesehen wurde.
    Ziel von was? Auch diese Frage war noch unbeantwortet.
    Aber es hatte mit der Macht im See zu tun, so viel war klar.
    »Halluzination? Wie kannst du so etwas sagen, alter Freund?« Matt antwortete ohne jeden kritischen Unterton auf Rulfans Einwurf. Im Gegenteil, seine Stimme klang auf einmal leise und werbend. »Du kennst doch Quart’ols mentale Fähigkeiten.«
    »Ich hab darüber nachgedacht, natürlich.« Rulfan drehte sich nicht um. »Aber ich zweifle an der Bedeutung dieses Wesens. Bei all den Mutationen rund um den Kratersee ist es nur eines unter vielen. Ich bin nicht bereit, auch nur ein Leben aufs Spiel zu setzen für die Jagd nach etwas, das uns am Ende nicht weiterhilft!«
    »Es ist von Bedeutung!« Eine dritte Stimme mischte sich ein.
    Sie kam aus größerer Entfernung und klang abgehackt und seltsam knarzend. »Ich kann nicht erklären, was genau ich gesehen habe«, fuhr Quart’ol fort, »aber der Kristall hat sich so intensiv darauf konzentriert, als wäre es Ei’don persönlich - oder Wudan bei euch Menschen.«
    Der Hydrit lag in dem schmalen flachen Fußlauf, der an der Kristallfestung vorbei strömte, um ein paar hundert Meter weiter über die Klippen in den See zu stürzen.
    »Hörst du, was er sagt, Rulfan?« Matt trat neben den Albino.
    »Ich höre vor allem, dass er von dem Kristall redet, als wäre es ein lebendes Wesen«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher