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0827 - Der Rosenfluch

0827 - Der Rosenfluch

Titel: 0827 - Der Rosenfluch
Autoren: Jason Dark
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sich der Umriss der Frau abhob. Sie hatte den rechten Arm angehoben und zog den Vorhang zur Seite.
    Die Conollys lauschten dem leisen Geräusch. Intervallweise wurde es heller, und das helle Licht des Spätherbstes fand seinen Weg ins Zimmer, genau dorthin, wo das Bett stand, in dem eine Person lag, die den Besuchern den Rücken zukehrte.
    »Kommen Sie bitte«, flüsterte Bea.
    Bill setzte sich als Erster in Bewegung. Er ging mit kleinen Schritten.
    Ähnlich wie jemand, der sich nicht traut, auf einen bestimmten Punkt zuzuschreiten. Sheila hielt sich dicht hinter ihm. Bill spürte, dass sie ebenso nervös war wie er.
    Bea Quentin hatte den Arm ausgestreckt und war mit der Hand streichelnd über das Haar der im Bett liegenden gefahren, die der Tür den Rücken zudrehte.
    Das Kind gab keinen Laut von sich. Es blieb starr liegen, die bunte Decke bis hoch an die Schultern gezogen. Es sah so aus, als wollte es sich verweigern.
    Sheila und Bill hatten das Bett erreicht. Dicht davor waren sie stehen geblieben. Auf dem Boden neben dem Bett lagen Bücher, deren Inhalt sich zumeist mit Pferden und Menschen beschäftigten.
    Bea beugte sich über das Bett.
    »Iris«, flüsterte sie.
    Das Mädchen rührte sich nicht.
    »Iris, wir haben Besuch. Es sind liebe Menschen. Du solltest sie schon begrüßen.«
    »Warum?«
    Zum ersten Mal hatte Iris gesprochen. Ihre Stimme klang schwach und war kaum zu verstehen gewesen.
    »Es sind liebe Menschen, Iris. Bitte, sag ihnen guten Tag. Sie sind deinetwegen gekommen.«
    »Gut, Mum.«
    Bea lächelte. Sie weinte zugleich, als sie sich wieder aufrichtete und den Conollys über das Bett hinweg zunickte.
    Gleichzeitig bewegte sich ihre Tochter. Recht unwillig, aber sie drehte sich auf die andere Seite. Obwohl Bill noch nichts sah, spürte er den Druck im Magen.
    Er stellte fest, dass Iris das gleiche dunkle Haar hatte wie ihre Mutter. Es war lang, durch das Liegen aufgewühlt und leicht struppig geworden.
    Sie schaffte die Rolle.
    Dann lag sie auf der anderen Seite.
    Beide Conollys schauten gegen ihr Gesicht, und beide hatten das Gefühl, in ein Horror-Kabinett geraten zu sein.
    Iris schaute sie an.
    Das war kein fröhliches, zehnjähriges und normales Mädchen.
    Iris Quentin hatte das Gesicht einer uralten Frau!
    ***
    Sheila hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken. Sie hob den Arm und presste die Hand gegen die Lippen, während sie gleichzeitig kalkweiß wurde und den Kopf zur Seite drehte, als wäre der Anblick des Mädchens unerträglich für sie.
    Bill war stehen geblieben. Auch er musste sich zusammenreißen und schmeckte den Speichel bitter in seinem Mund. Er hatte schweißfeuchte Hände, die Haut an seinem Hals zuckte, die Kehle war wie zugeschnürt, und vom Magen drückte etwas hoch, das ihm Übelkeit bereitete.
    Er hätte am liebsten weggeschaut, doch das wäre bestimmt nicht in Bea Quentins Sinn gewesen. Sie hatte schließlich beide geholt, damit sie sich den Problemen stellten und ihr halfen.
    Bill hatte mit vielen Dingen gerechnet, mit denen er selbst sich nicht auskannte, aber dies hier war so schaurig und furchtbar, dass ihm die Worte fehlten. Wie musste es im Innern der Mutter aussehen, die ein derartiges Kind hatte?
    Der Reporter schaute über das Bett hinweg auf Bea Quentin. Sie stand an der anderen Seite wie eine Statue. Aus ihren Augen quollen Tränen und rannen über ihr Gesicht. Sie litt, ihr Mund zuckte, aber sie sagte kein einziges Wort.
    Es fiel Bill schwer, sich wieder auf das ›Kind‹ zu konzentrieren. Er hörte, wie Sheila etwas von ihm zurückwich und einige Male ihre Nase hochzog.
    Auch er hätte am liebsten geheult, aber er riss sich zusammen und schaute auf das Gesicht, als wollte er sich jede Kleinigkeit genau einprägen.
    Natürlich war die Frische der Haut verschwunden. Sie war eingefallen, sehr alt geworden und hatte auch die Farbe gewechselt. Lappige, graue Haut spannte sich über den Knochen, gezeichnet von zahlreichen Furchen und Mulden. Selbst die Lippen sahen aus wie alte Asche und waren nur bei genauem Hinsehen zu erkennen. Die Augen lagen tief in den Höhlen, auch sie zeigten einen sehr alten Ausdruck, aber die Stimme blieb die eines Kindes, wie Bill hören konnte, als Iris ihn plötzlich ansprach und ihn damit überraschte.
    »Wer sind Sie?«
    Er konnte nicht sofort auf diese simple Frage antworten. Nur mühsam brachte er seinen Vornamen über die Lippen. Dabei sah er, wie sich die alten Lippen des Kindes zu einem Lächeln verzogen.
    »Sie sind ein
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