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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau
Autoren: Frank Sky
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er in den zweiten Stock hinauf und klopfte an der Tür zu Anne Blooms Zimmer. Als sie nicht antwortete, öffnete er sie.
    „Sie ist nicht da“, stellte Dr. Lohmann fest, der ihm gefolgt war, ohne daß Schwab es gemerkt hatte.
    „Das verstehe ich nicht. Es war ausdrücklich abgemacht, daß wir zusammenbleiben, damit nichts passiert.“
    Die beiden Männer kehrten ins Parterre zurück. Beiläufig drückte Dr. Schwab den Türgriff der Tür zur Folterkammer herunter und zog die Tür auf. Er hatte sich nicht viel dabei gedacht, sondern eigentlich nur prüfen wollen, ob sie wirklich gut verschlossen war. Jetzt aber blieb er wie vom Schlag getroffen stehen.
    „Lohmann“, rief er entsetzt. „was ist das?“
    Der Geschichtslehrer, der schon einige Schritte weitergegangen war, kam neugierig zurück.
    „Was ist denn?“ fragte er.
    Schwab antwortete nicht. Er strich tastend mit seinen Händen über die Eisenwand, die sich direkt hinter der Holztür erhob. Prüfend pochte er dagegen.
    „Sie ist sehr dick“, sagte er. „Zum Teufel, Lohmann, wie kommt die überhaupt hierher?“
    „Was fragen Sie mich?“ Lohmann wirkte vollkommen verstört.
    Schwab drehte sich um und rannte zum Lehrerzimmer zurück. „Kommen. Sie! Das müssen Sie sich ansehen.“
    Wenig später standen alle vor der Eisenwand versammelt. Schwab schlug mehrfach mit der Faust dagegen.
    „Ich schätze, sie ist wenigstens zehn Zentimeter dick. Ich begreife das nicht. Wie ist sie hierher gekommen?“
    Dr. Lohmann zeigte auf den oberen Rand. „Sie war hinter einer dünnen Mörtelschicht verborgen und muß von oben herabgelassen worden sein.“
    Dr. Schwab preßte sein Ohr gegen das Eisen und streckte den anderen die gespreizte Hand entgegen, um sie zur Ruhe zu ermahnen. Sie schwiegen. Doch zunächst konnte der Mathematiklehrer nichts hören, weil sich das Gewitter mit mehreren krachenden Donnerschlägen entlud.
    „Ich höre etwas“, meldete er dann.
    Bleich wich er zurück und blickte hilflos die anderen an.
    „Nun sagen Sie doch schon, was haben Sie gehört?“ drängte Frau von Stöckingen.
    „Jemand schreit da unten. Ich fürchte, es ist Anne Bloom.“
    „Dann ist es zu spät für sie“, sagte Anton Grünwald erschüttert. „Es ist in der Geschichte des Schlosses noch nie gelungen, dem Henker ein Opfer zu entreißen, wenn er es erst einmal in der Folterkammer hatte.“
    „Wollen Sie damit sagen, daß Fräulein Bloom in diesem Moment da unten – gefoltert wird?“ fragte Frau von Stöckingen tonlos.
    Grünwald nickte. „Wir können nichts tun. Wir können ihr nicht mehr helfen.“
    „Nein!“ sagte Dr. Schwab mit bebender Stimme. „Nein, und nochmals nein! Ich werde hier nicht herumstehen und abwarten, bis die Eisenwand wieder verschwindet. Dann ist Anne tot.“
    „Was wollen Sie tun? Sie müßten schon mit einem Schweißgerät arbeiten. Aber so etwas haben wir hier nicht“, sagte Dr. Lohmann. „Sie müßten es aus der Stadt holen. Und bis sie zurückkommen …“
    „Da sind doch noch die Schlitze. Vielleicht kann man durch sie etwas ausrichten.“
    Dr. Schwab rannte aus dem Schloß. Die anderen folgten ihm. Sie sahen, wie er sich in einem Blumenbeet an der Hausmauer auf den Boden warf und in eine Nische hineinblickte. Als sie ihn erreichten, richtete er sich schon wieder auf. Der Regen klatschte ihm ins Gesicht. Die anderen Lehrer und Frau von Stöckingen flohen in das Schloß zurück, um nicht auch noch naß zu werden.
    Dr. Schwab schüttelte den Kopf, als er wieder bei ihnen war.
    „Eisen“, berichtete er. „Überall Eisen. Wir kommen nicht an die Folterkammer heran.“ Er blickte sich verstört um. „Ich habe sie schreien gehört“, wisperte er. „Es war schrecklich.“
    „Wir müssen aber etwas tun. Und wenn wir die Polizei verständigen“, sagte Dr. Lohmann. „Vielleicht können wir telefonisch ein Schweißgerät anfordern.“
    „Wir könnten eine Seance veranstalten“, schlug Grünwald vor. „Damit können wir den Geist des Henkers und Ulrikes vielleicht von Fräulein Bloom weglocken.“
    „Das ist eine hervorragende Idee“, stimmte Dr. Lohmann ihm zu.
    „Versuchen Sie es!“ sagte Dr. Schwab. „Ich werde mich nicht daran beteiligen.“
    „Was haben Sie vor?“
    „Das weiß ich noch nicht. Ich werde aber bestimmt einen Weg zu Anne finden. Verlassen Sie sich darauf!“
    Frau von Stöckingen eilte in ihr Arbeitszimmer. Sie wollte die Polizei verständigen und Rettungsgeräte anfordern. Die anderen kehrten ins
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