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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau
Autoren: Frank Sky
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Kopf so heftig, daß das Wasser nach allen Seiten spritzte.
    „Kennst du Fräulein Bloom?“
    Das Auge des Schwachsinnigen leuchtete auf. Er nickte kräftig.
    „Sie ist in der Folterkammer. Ein Mann ist bei ihr. Er quält sie.“
    Keschmer knurrte wütend und sprang auf. Seine Arme baumelten bis fast zu seinen Füßen herab. Wie ein Schimpanse hüpfte er die Treppe hinunter und rannte zur Eingangstür. Dr. Schwab hatte Mühe, ihm zu folgen. Keschmer riß die Tür auf und stürmte in den Regen hinaus. Seine unförmige Gestalt wurde immer wieder von Blitzen der Dunkelheit entrissen. Der Regen fiel noch dichter als zuvor. Dr. Schwab war schon nach wenigen Schritten bis auf die Haut durchnäßt.
    Keschmer eilte zu den Rhododendronbüschen, die in der Nähe des Turmes wuchsen. Er sprang mit einem mächtigen Satz hinein. Dr. Schwab folgte ihm, aber Keschmer schien auf einmal verschwunden zu sein.
    „Keschmer?“ schrie der Mathematiklehrer, dem plötzlich Zweifel kamen, ob er dein Schwachsinnigen wirk Hell trauen durfte.
    Eine haarige Hand packte seinen Arm und zerrte ihn tiefer in das Gebüsch. Als ein Blitz krachend in den Park einschlug, sah Schwab eine Öffnung in der Schloßwand. Keschmer kauerte wie ein großer, häßlicher Affe darin.
    „Kommen Sie! Schnell!“ röchelte er und rutschte weiter.
    Dr. Schwab kletterte hinterher, obwohl ihm durchaus nicht wohl in seiner Haut war. Der Schwachsinnige führte ihn durch einen Schacht. Er ließ seine Hand nicht los, bis sie eine Steinwand erreichten. Dr. Schwab holte sein Feuerzeug hervor und ließ es aufflammen. Keschmer kauerte vor einer mit Eisen beschlagenen Wand. Seine Hand umklammerte einen Eisenstab, der aus dem Gestein hervorragte. Keschmer bog ihn nach unten. Knirschend glitt die Wand zur Seite.
    Dr. Schwab hörte einen Schrei Anne Blooms und blickte direkt in ein Feuer.
    Wieder schlug ein Blitz in die Parkanlagen. Der Arm des alten Keschmer und der Eisenstab bildeten ein Kreuz, das einen großen Schatten auf die Brust des Henkers warf.
    Der Henker schrie auf. Er griff sich mit beiden Händen an die Brust. Seine Gestalt wurde für Sekundenbruchteile durchsichtig.
    Dr. Schwab sprang aus dem Schacht über das Feuer hinweg. Er wollte die Ketten auf der Streckbank lösen, doch Anne Bloom schrie: „Reißen Sie die Mauer ein, Andreas!“
    Er verstand sie nicht und fummelte weiter an den Fesseln herum. Die mächtige Gestalt des Henkers richtete sich wieder auf.
    „Tun Sie doch, was ich sage! Dahinter liegt die Leiche von Ulrike. Schnell!“
    Endlich begriff Schwab. Er packte das Schwert und schlug zu. Schwab war natürlich kräftiger als Anne Bloom. Ihm machte es nicht so viel Mühe, die Steine herauszubrechen.
    Der Henker nahm die glühende Zange wieder auf. Entschlossen ging er auf Dr. Schwab zu, doch wieder blitzte es draußen, und wieder zeichnete sich das Schattenbild eines Kreuzes auf seinem Körper ab. Die Zange entfiel seinen Händen. Er sank zu Boden und krümmte sich stöhnend.
    Dr. Schwab warf das Schwert zur Seite. Mit bloßen Händen brach er die letzten Steine aus der Mauer. Dabei achtete er nicht genügend auf den Henker. Dieser erholte sich überraschend schnell. Doch griff er nicht Schwab an, sondern packte ein anderes Henkersschwert, das auf einem steinernen Sockel lag, hob es hoch über den Kopf und stellte sich neben die Streckbank.
    „Ich brauche es nur fallen zu lassen“, rief er mit dröhnender Stimme.
    Anne Bloom blickte mit vor Angst und Entsetzen geweiteten Augen auf das Schwert. Wenn es herabsank, würde es ihr den Kopf vom Körper abtrennen.
    Wie eine wütende Katze schnellte Keschmer auf den Henker zu, aber er flog durch in hindurch. Der Schock war für ihn so groß, daß er wimmernd auf dem Boden liegenblieb.
    Die Hilfe kam schließlich von unerwarteter Seite. Die weiße Frau glitt leise singend an die Öffnung in der Wand heran und sah die Gebeine. Sie drehte sich zum Henker um und streckte ihm eine Hand entgegen.
    „Komm, Leopold!“ sagte sie lockend mit weicher, angenehmer Stimme. „Komm, mein Gelieber, wir sind erlöst!“
    Der Henker zögerte einige Sekunden lang, während Ulrike ihre Worte mehrmals wiederholte, dann ließ er das Henkersschwert einfach nach hinten fallen. Es fiel klirrend auf den Boden. Mit dröhnenden Schritten ging er um die Streckbank herum. Für Dr. Schwab und Anne Bloom hatte er keine Augen mehr. Der Boden erzitterte unter seinen Schritten, doch wurden die Erschütterungen immer schwächer, je näher er
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