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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau
Autoren: Frank Sky
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ihrem Zimmer hinaufging, um ein paar Kleinigkeiten zu holen, sah sie die Puppe auf dem Treppengeländer liegen, wo sie sie offensichtlich hingelegt hatte, als sie Hausmeister Keter holte. Sie nahm sie auf, ohne sich etwas dabei zu denken, und warf sie in ihrem Zimmer auf einen Stuhl.
    Als sie auf dem Rückweg nach unten am Lehrerzimmer vorbeikam, hörte sie die Stimme von Dr. Lohmann. Sie öffnete die Tür. Am Tisch saßen Frau von Stöckingen, Dr. Schwab, Dr. Lohmann und drei weitere Kollegen. Sie hörten dem pensionierten Anton Grünwald zu, der dem Geschichtslehrer gerade antwortete.
    Leise, um nicht zu stören, trat Anne Bloom ein und blieb an der Tür stehen.
    „Sie fragen mich, was man gegen einen solchen ruhelosen Geist tun kann, Dr. Lohmann. Nun, es gibt nur eine einzige Methode. Man muß ihm helfen, das zu finden, was er sucht. Ruhe.“
    „Sehr aufschlußreich“, warf Lohmann bissig ein. „Und wie macht man das? Gibt es eine Patentlösung?“
    Grünwald lächelte unmerklich. „Das nicht, aber im Fall von Ulrike müßte sich etwas machen lassen. Ich bin davon überzeugt, daß wir dem Spuk ein Ende bereiten können, wenn wir die Stelle finden, an der die unglückliche Ulrike seinerzeit eingemauert wurde. Wenn wir die Gebeine des Mädchens in geweihter Erde bestatten, wird alles in Ordnung sein.“
    „Das ist leicht gesagt“, stellte Dr. Schwab fest. „aber woher sollen wir wissen, wo das Grab sich befindet.“
    „Das muß uns Ulrike selbst sagen.“
    „Und wie sollte sie das tun?“ fragte Lohmann zweifelnd.
    „Wir werden eine Seance abhalten und sie zwingen, bei uns zu erscheinen. Wenn sie da ist, werden wir ihr befehlen, uns zu führen. Wir alle zusammen sind stärker als sie. Schwierig ist das Gespräch mit Ulrike nur deshalb, weil sie schwachsinnig ist. Es könnte sein, daß sie überhaupt nicht begreift, daß wir ihr helfen wollen. Wir müssen Zugang zu ihrem verwirrten Geist finden. Wenn wir das schaffen, ist alles gut.“
     

     
    Anne Bloom verließ das Lehrerzimmer so leise, wie sie gekommen war. Mehr wollte sie nicht wissen.
    Energisch und zielstrebig setzte sie ihre Arbeit fort. Der Krankenwagen kam und brachte die noch immer bewußtlose Harriett ins Krankenhaus. Der Bus nahm die erste Mädchengruppe auf, die nicht nach Klassen, sondern nach der Abfahrtszeit der Züge und den Verbindungsmöglichkeiten zusammengestellt worden waren. Es wurde bereits ruhiger auf dem Schloß.
    Um achtzehn Uhr verabschiedete Frau von Stöckingen die letzten Mädchen. Das Lehrerkollegium blieb, obwohl man wußte, daß die gefährlichste Nacht bevorstand. Doch alle waren davon überzeugt, daß nicht mehr viel passieren konnte. Anton Grünwald war da. Er schien mit der Situation fertig zu werden. Man durfte nicht länger fortlaufen, sondern mußte sich dem unwirklichen Gegner stellen; nur so konnte die Gefahr für alle Zeiten gebannt werden.
    Abermals erschien ein Reporter vom Kreisblatt auf dem Schloß. Frau von Stöckingen empfing ihn zusammen mit Anne Bloom zu einem kurzen Gespräch. Sie ging nicht auf die tatsächlichen Ereignisse der letzten Tage ein, sondern erklärte, daß es durch eine unglückliche Verkettung von Zufällen zu drei schweren Unfällen gekommen sei. Aus diesem Grunde habe sie sich entschlossen, die Schülerinnen vorzeitig abreisen zu lassen.
    „Man sagt, daß es im Schloß spukt“, sagte der Reporter.
    Frau von Stöckingen lächelte überlegen. „Vielleicht spukt es in Ihrem Kopf, junger Mann, bei uns jedenfalls nicht. Und wir müßten es ja eigentlich am besten wissen, nicht wahr?“
    „Sie bleiben also bei der Behauptung, daß es hier im Schloß keine Geistererscheinungen gab, noch zu anderen übersinnlichen Vorfällen gekommen ist?“
    „Das ist keine Behauptung, das ist eine Tatsache. Würden Sie das, bitte, zur Kenntnis nehmen?“
    „Wir sind eine moderne Schule, und als moderne Menschen haben wir für derartige Ammenmärchen auch nicht viel übrig“, warf Anne Bloom ein.
    Der Reporter erhob sich. Er war unzufrieden. Das war ihm deutlich anzusehen. Doch das war den beiden Frauen egal. Für sie und die Schule war wichtig, daß von seilen der Presse kein großer Rummel um das Internat veranstaltet wurde.
    Der Reporter ging.
    „So“, sagte die Schulleiterin seufzend. „Jetzt sind wir allein. Anderen kann nun nichts mehr passieren.“ Sie blickte Anne Bloom an. „Wenn diese Nacht doch nur schon hinter uns läge!“
    „Wir werden sie gut überstehen“, entgegnete Anne, nickte
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