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0803 - Stätte der Vergessenen

Titel: 0803 - Stätte der Vergessenen
Autoren: Unbekannt
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Blaß-Schönen. Ich werde ihre sterblichen Überreste mit viel Feingefühl behandeln, dann werden sie auch im Tode wieder schön."
    Diese Heuchelei war Beiami plötzlich zuwider. Mußte erst die Kunst von Heiler herhalten, damit die toten Blaß-Schönen ihre Attribute zurückerhielten, deren sie sich als Lebende rühmen konnten? Warum ließ man die Blaß-Schönen nicht die Wahrheit erkennen, nämlich daß der Tod häßlich machte und nicht erstrebenswert war?
    Beiami verstand das nicht. Er schrieb sein Unverständnis seiner Unreife zu, und er beschloß, sich nun doch in eine Wiege zurückzuziehen. Doch da geschah etwas, das ihn diesen Entschluß sofort rückgängig machen ließ.
    „Hüter, wird es zum Kampf kommen?" fragte Buggel von den Grazil-Krummen, der gerade in den Tempel gehumpelt kam.
    „Es wird bereits gekämpft!" berichtete Hüter.
    „Wie kannst du ...", wollte Tröster aufbegehren, doch Bluter brachte ihn zum Verstummen.
    „Wir wollen keine Ausflüchte, sondern die Wahrheit hören", verlangte Bluter entschlossen wie selten. „Hüter, sage uns, wie unsere Chancen stehen."
    „Wollt ihr die Wahrheit wirklich hören?" fragte Hüter.
    Bluter und Buggel sahen einander an, dann sagten sie wie aus einem Mund: „Wir wollen eine ehrliche Antwort."
    „Dann kommt mit den Anführern der anderen vier Geschlechter in die Seher-Lauscher-Kombination", bat Hüter.
    Das gab für Beiami den Ausschlag. Er beschloß, sich den Sippenoberhäuptern anzuschließen.
    Bluter fröstelte an diesem kalten, unpersönlichen Ort, wo Hüter und Tröster und Spender und Melder und Lauscher und all die anderen dienstbaren Geister ihren Sitz hatten. Er kam nur her, wenn es unvermeidbar war, denn so warm und einschmeichelnd die Stimmen der dienstbaren Geister waren, ihre Manifestationen waren geradezu abstoßend häßlich.
    Als er die Lauscher-Seher-Kombination betrat, hatte er sich seelisch immerhin schon soweit auf den Anblick des unästhetischen Gerümpels von Anorganischem vorbereitet, daß er wenigstens keinen Porenkrampf bekam. Spectro, der Purpur-Zarte dagegen hatte sich nicht so gut in der Gewalt und verlor alle Farbe.
    Das sonst so überproportionierte Schönheitsorgan des Zungen-Sensiblen Oralo schrumpfte beängstigend.
    Beiami hielt sich im Hintergrund. Er hatte sich schon einige Male hierhergeschlichen und fand den Anblick der Hauptsektion keineswegs abstoßend.
    „Seht, was euch Seher zu zeigen hat", sagte Hüter zu ihrem Empfang.
    Ein Fenster öffnete sich und gab den Blick nach draußen frei.
    Nun wurde auch Beiami bange, als er die schwarze Unendlichkeit erblickte, die alles Licht in sich zu verschlingen schien und nicht einmal von den Myriaden von Leuchtpunkten erhellt werden konnte.
    Er glaubte, daß durch die Öffnung die Kälte der Schwärze zu ihnen hereinwehte und murmelte zu seiner Beruhigung etwas vor sich hin.
    Aber noch erschreckender als die frostige Weite war das Ding, das plötzlich darin auftauchte und schnell größer wurde.
    Ein vielstimmiger Schrei ertönte, als die Sippenführer die Spiralform erkannten. Die Todesspirale! Sie schien auf die Große Wiege zuzustürzen und mit ihr zusammenzuprallen.
    „Beruhigt euch, Croisloner", sagte Hüter. „Seher bedient sich nur der Vergrößerung."
    Die Todesspirale hielt an. Sie schien zum Greifen nahe.
    Plötzlich lösten sich von ihrer Hülle einige Blitze, die langsam, wie in Zeitlupe auf die Große Wiege zuschossen, geradewegs auf das Fenster zu.
    Beiami schoß eine Reihe von blubbernden Lauten der Angst hervor. Er fühlte, wie ihm die Sinne zu schwinden drohten, doch er kämpfte mit aller Kraft gegen die Schwächeperiode an.
    Seine Neugierde war stärker als die Angst - eigentlich höchst ungewöhnlich für einen Blaß-Schönen. Beiami sah, wie die tödlichen Lichtblitze vom Hüter noch weit vor der Großen Wiege abgefangen wurden.
    Das hatte jedoch zur Folge, daß vor dem Fenster eine undurchdringliche Flammenwand entstand, die nicht mehr erlosch - und wenigstens den schöngeistigen Croislonern den Anblick der Todesspirale ersparte.
    „Die Todesspirale ist nur noch hundert Millionen Tanzschritte entfernt", berichtete Melder. „Und sie kommt unaufhaltsam näher.
    Sie ist schneller als die Große Wiege. Wir können ihr nicht entfliehen."
    Bluter und die anderen bekamen Krämpfe.
    „Handelt es sich dabei um dieselbe Todesspirale, die uns von Croislon verjagte?" fragte der Sippenführer der Blaß-Schönen.
    „Jawohl", antwortete Hüter.
    „Aber das ist
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