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0803 - Stätte der Vergessenen

Titel: 0803 - Stätte der Vergessenen
Autoren: Unbekannt
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unmöglich", behauptete Oralo der Zungen-Sensible, sein Mundorgan war wieder zu seiner ursprünglichen Größe angewachsen und berührte mit seiner geschmückten Spitze den Boden. „Wir mußten unsere Heimat vor dreißig Festen verlassen. Wie kann uns der Zocke die ganze Zeit über gefolgt sein?"
    „Damit haben wir nicht gerechnet", gestand Hüter. „Im allgemeinen verlieren die Zocken leicht die Geduld. Als die Todesspiralen uns über Croislon nicht abfangen konnten, drehten sie alle ab. Bis auf diese eine, die von einem besonders hartnäckigen Zocken befehligt zu werden scheint. Er dürfte es auf die Vernichtung dieser Großen Wiege und der darin befindlichen Geschlechter angelegt haben.
    Welche Tricks ich auch versucht habe, ich konnte die Todesspirale nicht abschütteln. Bisher habe ich es euch verschwiegen, aber ihr wolltet die Wahrheit erfahren. Ihr sollt auch wissen, daß unsere Abwehr bald zusammenbrechen wird, wenn der Zocke das Feuer nicht einstellt.
    Wir haben jedenfalls der Feuerkraft der Todesspirale nichts entgegenzusetzen."
    „So kannst du mit den ehrenwerten Geschlechtern nicht sprechen!" schalt Tröster Hüter sofort. Und an die beunruhigten Sippenführer gewandt, fuhr er fort: „Laßt euch von Hüter nicht ängstigen. Blaß-Schöne, Purpur-Zarte, Grazil-Krumme, Grün-Verzückte, Zungen-Sensible und Feinglieder, ihr seid die edelsten der Geschlechter von Croislon.
    Habt ihr nicht das Leben in vollen Zügen genossen?
    Ihr brachtet es in der Sinneslust zu höchster Perfektion ..."
    „Das klingt wie ein Nachruf", schaltete sich Beiami da ein.
    „Deine Heuchelei widert mich an, Tröster. Anstatt die ehrenwerten Geschlechter auf den Tod vorzubereiten, solltest du ihnen Mut fürs Leben geben."
    „Du sprichst wie ein Kretin, Belami", sagte Bluter enttäuscht.
    „Ich habe die größten Hoffnungen in dich gesetzt, dabei zeigst du knapp nach deiner Initiation Symptome eines Entarteten.
    Überhöre seine Worte, Tröster, wir sind dir dankbar. Ich habe in meinem langen Leben viele Erfahrungen gesammelt und habe mit meinen Blaß-Schönen alle Freuden kennengelernt. Nun freue ich mich auf eine Erfahrung, die mir noch nicht gegönnt war. Ich freue mich auf den Tod!"
    Die anderen Sippenführer stimmten darin ein.
    „Du irrst, es gäbe noch vieles, was das Leben euch zu bieten hätte, Bluter", gemahnte Erzieher, der meistens von den anderen Dienern unterdrückt wurde.
    „Die ehrenwerten Geschlechter könnten nach Höherem streben..."
    „Was ist erstrebenswerter als höchste Sinneslust!" riefen Bluter, Buggel, Oralo und die anderen. Und sie schlossen sich zu ihrem letzten Tanz zusammen.
    „Rette sie, Hüter!" rief Beiami verzweifelt. Er konnte nicht glauben, daß die Diener, die zur Lebenserhaltung geschaffen worden waren, die letzten eines großen Volkes in den Tod schicken würden.
    „Ich werde die Erhabenen bis zum letzten Tanzschritt beschützen", versprach Hüter.
    „Du sollst sie retten!" schrie Beiami.
    „Noch kämpfe ich!" versicherte Hüter.
    „Beiami, reihe dich ein", verlangte Bluter. Die Absicht war ihm anzumerken, daß er sich bei seinem letzten Tanz in haltlose Ekstase steigern wollte.
    „Kommt zu euch! Kämpft um euer Leben!" verlangte Beiami und versuchte, die Tanzenden voneinander zu trennen. Buggel hatte sich bereits in Trance gesteigert, die stimulierenden Nonsens-Laute sprudelten nur so aus seinem verzerrten Mund. Beiami schrie, um Buggel zu übertönen.
    „Kämpft! Kämpft!"
    „Er spricht wie ein Kretin", behauptete Oralo und ließ seine überdimensionale Zunge schnalzen. „Und er muß ein Kretin sein.
    Kein Wunder, bei den Erbanlagen der Blaß-Schönen.
    Jeder zweite von euch ist ein Kretin."
    „Spender, vermittle meinen Purpur-Zarten in ihren Wiegen erregende Träume", verlangte Spectro mit sich überschlagender Stimme. „Nicht alle von ihnen sind bereit, den Tod als erstrebenswerten Lebensabschluß hinzunehmen."
    „Hüter, rette unser Volk!" appellierte Beiami wieder an den Beschützer der Großen Wiege.
    „Ich kann noch kämpfen", versicherte Hüter mit schwacher Stimme.
    Da sah Beiami, wie die Flammenwand vor dem Fenster in sich zusammenbrach. Die Todesspirale wurde wieder sichtbar.
    Instinktiv erkannte Beiami, daß das Verteidigungssystem der Großen Wiege zusammengebrochen war.
    Er hatte Angst, und nun beneidete er die Sippenführer, die aus der Not eine Tugend gemacht und den unabwendbaren Tod als die Krönung ihres Daseins feierten.
    In seiner größten Not, als
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