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078 - Das Drachennest

078 - Das Drachennest

Titel: 078 - Das Drachennest
Autoren: Dämonenkiller
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würdig, mein Sohn zu sein", keuchte der Tote.
    Seine kalten Hände glitten höher. Sie packten die Kehle seines Sohnes.
    „Kommt ihm zu Hilfe!" schrie ich.
    Ich wagte nicht, den magischen Kreis zu verlassen, da der Erweckte augenblicklich auf mich losgegangen wäre.
    Doch niemand kam Enrico zu Hilfe. Die Frauen und Mädchen kreischten entsetzt, und Enricos Bruder war wie gelähmt.
    Der Tote drückte die Kehle seines Sohnes immer stärker zusammen. Ich sah, daß die blauen Flammen schwächer brannten. In wenigen Minuten würden sie erlöschen; doch da konnte es für Enrico bereits zu spät sein.
    Jetzt gab es kein Zögern mehr für mich. Ich sprang aus dem Kreis und lief auf die beiden zu.
    Enrico schlug verzweifelt mit den Armen um sich. Sein Gesicht war blau angelaufen; die Augen schienen aus den Höhlen zu fallen.
    Mit fünf Schritten stand ich neben seinem Vater. Mit voller Kraft schlug ich meine rechte Faust in den Nacken des zum Leben erwachten Toten, doch er reagierte nicht. Ich faßte ihn an den Schultern und versuchte ihn von seinem Sohn zurückzureißen. Vergebens. Schließlich packte ich die eiskalten Hände, die sich in Enricos Kehle verkrallten. Doch der Griff war zu fest. Dann war ein lautes Knirschen zu hören. Der Tote hatte das Genick seines Sohnes gebrochen. Enricos Kopf fiel zur Seite. Der Tote ließ noch immer nicht los. Ich war zu spät gekommen.
    Ich trat zwei Schritte zurück. Die Frauen und Mädchen schrien und heulten. Einige liefen panikartig aus dem Zimmer.
    Die blauen Flammen wurden schwächer.
    „Wagt niemals mehr, meine Ruhe zu stören", flüsterte der Tote. „Niemals! Sonst geht es..."
    Ein Zittern durchlief seinen Körper. Die Flammen erloschen. Er fiel zu Boden, seinen Sohn mit sich reißend.
    Ein paar Sekunden war es still, dann stürmte Enricos Bruder auf mich zu. Er baute sich vor mir auf. Seine dunklen Augen funkelten mich wütend an.
    „Das werdet Ihr mir büßen, da Mosto!" brüllte er mich an.
    „Ich warnte Euern Bruder, Herr", sagte ich. „Doch er wollte nicht auf mich hören. Er wußte, daß es gefährlich..."
    „Schweigt!" unterbrach er mich.
    „Ihr Feigling", sagte ich und packte ihn an der Brust. „Ihr habt ruhig zugesehen, wie Euer Vater Euern Bruder das Genick gebrochen hat. Ihr habt nicht das Recht, zu urteilen, Ihr..."
    Ich brach ab. Worte waren sinnlos. Sie konnten nichts mehr ändern. Ich gab Enricos Bruder einen Stoß vor die Brust, bückte mich und sammelte meine Gegenstände ein.
    „Ihr werdet von mir hören, da Mosto", knurrte Enricos Bruder. „Ich werde dafür sorgen, daß Ihr auf dem Scheiterhaufen endet."
    Ich antwortete nicht und warf statt dessen den beiden Toten einen Blick zu. Noch immer hatte der Vater die Gurgel des Sohnes umklammert.
    Grußlos verließ ich das Zimmer. Von den Frauen und Kindern war keiner zu sehen.
    „Wir gehen, Franca", sagte ich.
    Zwei Diener kamen uns entgegen, die uns aber nicht aufhielten. Ich war froh, als ich auf die Straße trat.
    Ich hatte Enrico Vitelli mehrmals gewarnt, doch er hatte meine Warnungen nicht ernst genommen. Jetzt war er tot. Ich wußte, daß sich der Haß und die Wut der Familie Vitelli gegen mich richten würde. Meine Argumente, daß ich es ja nur auf Befehl Enricos getan hatte, würden mir nichts helfen. Das beste für mich war, Florenz rasch zu verlassen.
    Ich ging schneller. Franca hatte Mühe, mir zu folgen. Flucht war zwar ein Eingeständnis meiner Schuld, aber es blieb mir keine andere Möglichkeit. Ich bedauerte es, daß ich schon nach wenigen Wochen Florenz wieder verlassen mußte, da ich mich hier äußerst wohl gefühlt hatte. Das beste war wohl, nach Livorno zu reiten und von dort aus dann mit einem Schiff nach Frankreich zu fahren.
    Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Rasch packte ich alle meine Wertgegenstände in einen Sack; dazu legte ich einige wenige Kleidungsstücke. In einen anderen Sack steckte ich die wichtigsten meiner Bücher und alle meine Aufzeichnungen. In einer Truhe verstaute ich einen Teil meiner Heilmittel.
    Ich war kaum mit dem Packen fertig, als Franca ins Zimmer trat. Er war bleich. Zwei schwarzgekleidete Männer folgten ihm, die neben der Tür stehenblieben. Sie blickten schweigend auf die gefüllten Säcke und die offenstehenden Truhen. Ich kannte die beiden Männer. Sie gehörten zu Francescos Leibwache.
    Schwere Schritte näherten sich. Francesco trat mit ernstem Gesicht ins Zimmer. Mit einer Handbewegung scheuchte er die Leibwächter und meinen Diener aus dem
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