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078 - Das Drachennest

078 - Das Drachennest

Titel: 078 - Das Drachennest
Autoren: Dämonenkiller
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Zimmer. Er schob sich den Hut aus der Stirn und baute sich breitbeinig vor mir auf. Francesco war ein beleibter Mann in meiner Größe. Sein Körper war grobknochig. Unter dem Hut sah sein pechschwarzes Haar hervor.
    Er schüttelte den Kopf und kam langsam auf mich zu. Einen Schritt vor mir blieb er stehen. „Domenico Vitelli war bei mir", sagte Francesco. „Ich weiß über die Totenbeschwörung Bescheid. Weshalb hast du das getan, Michele?"
    Wenn wir allein waren, dann duzten wir uns.
    Ich seufzte. „Enrico hat mich dazu gezwungen. Er hatte mir gesagt, daß er mit deinem Vater sprechen würde, wenn ich mich weigern sollte. Er würde dafür sorgen, daß ich der Inquisition übergeben werde. Das wollte ich verhindern. Ich wollte dich nicht in diese Angelegenheiten mit hineinziehen. Ich ahnte ja nicht, welchen Verlauf die Beschwörung nehmen würde."
    Francesco nickte und setzte sich nieder. „Domenico Vitelli verlangt deinen Kopf, Michele. Ich kann dich in Florenz nicht schützen. Er wird mit meinem Vater sprechen. Und wie ich meinen Vater kenne, wird er Domenicos Wunsch entsprechen. Ich sehe, daß du bereits alles zur Flucht vorbereitet hast. Wohin willst du fliehen?"
    „Nach Livorno", antwortete ich. „Von dort aus segle ich mit einem Schiff nach Frankreich."
    „Da wirst du wenig Glück haben, Michele."
    „Weshalb?"
    „Ich bekam heute aus Livorno eine Nachricht. In der Hafenstadt ist die Pest ausgebrochen. Kein Schiff darf den Hafen verlassen."
    „Die Pest?" fragte ich überrascht.
    Francesco lächelte. „Aber du kannst trotzdem nach Livorno reiten. Dort bist du im Augenblick vor der Rache der Vitellis sicher. Keiner ihrer Häscher wird es wagen, seinen Fuß in die Stadt zu setzen. In Livorno hast du die Möglichkeit, deine Heilmittel zu erproben."
    „Und dann?" fragte ich. „Irgendwann geht auch die Pest vorüber."
    Er nickte grinsend. „Mein Vater ist alt, Michele. Ich glaube nicht, daß er noch lange leben wird. Du bist in den wenigen Wochen, seit ich dich kenne, zu meinem besten Freund geworden. Ich lasse dich nicht im Stich, Michele. Hör mir zu! Du bleibst vorerst in Livorno. In der Zwischenzeit lasse ich dein Laboratorium nach Porto Ercole bringen, das ist ein kleines Fischerdorf, etwa hundert Kilometer von Livorno entfernt. Dort kannst du später in völliger Ruhe deinen Experimenten nachgehen." Ich blickte Francesco überlegend an. Sein Vorschlag klang nicht so übel, nur schien mir Livorno im Augenblick nicht gerade der idealste Aufenthaltsort. Aber er hatte recht; niemand würde sich in die von der Pest heimgesuchte Stadt wagen.
    „Einverstanden", sagte ich.
    Francesco stand auf. „Ich werde dir Bescheid geben, sobald alle deine Gegenstände in Porto Ercole sind. Es gibt dort einen alten Leuchtturm, der nicht mehr benutzt wird. Der eignet sich gut für deine Zwecke. Du mußt deinen Diener mitnehmen. Niemand darf erfahren, daß ich in dieser Nacht bei dir war. Reite im Morgengrauen los!"
    Es war gut, wenn man einflußreiche Freunde hatte. Aber das hatte ich schon vor langer Zeit gelernt. „Ich werde dich vermissen", sagte ich.
    „Ich dich auch", sagte er leise. Er drückte fest meine Hand. „Viel Glück, Michele!"
    „Danke. Ich kann es gebrauchen."
    Er drehte sich um und ging rasch aus dem Zimmer.
    Ich sah ihm nachdenklich nach, hob die Schultern und schloß die Truhen. Einige Minuten später betrat Franca das Zimmer.
    „Sattle drei Pferde, Franca!" sagte ich. „Nimm einige Kleidungsstücke für dich mit!"
    Franca verschwand, ohne Fragen zu stellen. Das schätzte ich besonders an ihm. Ich hatte ihn vor einigen Jahren kennengelernt. Er war der treueste Diener, den man sich nur vorstellen konnte.
    Ich setzte mich und schenkte ein Glas Wein ein. Hätte mir heute morgen jemand gesagt, daß ich fluchtartig Florenz verlassen würde, ich hätte ihn ausgelacht. Aber es war nicht das erste Mal, daß ich fliehen mußte. Damals, als ich noch bei meinen Vater in Venedig gewohnt hatte, war ich zum erstenmal geflohen. Damals war Alraune schuld gewesen, die sich Selva Farsetti genannt hatte. Ich war sechzehn Jahre alt gewesen, ein ängstlicher hochaufgeschossener Bursche, der ständig krank gewesen war; ich hatte so mutig und heldenmutig wie meine älteren Brüder werden Wollen. Von dem Burschen von damals war nicht viel übriggeblieben. Jetzt war ich breitschultrig und kräftig wie ein Schlächter. Ich war in unzählige Kämpfe verwickelt worden - und kein Mensch konnte mir heute nachsagen, daß
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