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0768 - Lady Bluthaar

0768 - Lady Bluthaar

Titel: 0768 - Lady Bluthaar
Autoren: Jason Dark
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sie schlug mit einer ungeheuren Wucht zu. Sie jagte auf das Deck, sie hämmerte gegen die Masten und knickte sie kurzerhand weg. Dieser Wucht konnte kein Mast Widerstand entgegensetzen.
    Camacho hörte das Brechen, dazwischen die Schreie der Leute, als der Hauptmast auf das Deck krachte und einige Männer erschlug. Camacho hatte Glück. Zwar wurde er auch getroffen, aber nicht tödlich. Etwas Hartes erwischte seinen Rücken. Er kam nicht dazu, einen Schrei auszustoßen, denn in seinen schon offenstehenden Mund gurgelte Wasser. Er mußte es schlucken, er bekam keine Luft mehr, und die nächste Welle schwemmte ihn einfach weg.
    Camacho schaffte es auch nicht mehr, sich an dem quer gespannten Tau festzuhalten. Das gurgelnde und strudelnde Wasser zerrte den Körper mit. Obwohl er um sich schlug, fand er nichts, woran er sich hätte festhalten können. Aber er sah die Männer, die sich in der gleichen Lage befanden wie er.
    Sie huschten an ihm vorbei, auch den Steuermann entdeckte er.
    Der Lange lag auf dem Rücken. Sein haarloser Kopf wirkte wie eine Kugel, die jemand abgestoßen hatte, um sie auf ein bestimmtes Ziel zuzurammen. Das Ziel war in diesem Fall ein querliegender Balken. Der Kopf hämmerte dagegen, und er wurde eingedrückt wie eine Nuß unter dem Schlag eines Hammers.
    Mehr bekam Camacho von dem Steuermann nicht mehr zu sehen. Das abfließende Wasser riß ihn mit. Da ließ bereits der nächste Brecher das Schiff erzittern.
    Wieder splitterte Holz, wurden Balken auseinandergebrochen. Geräusche, die wie schrille Schreie klangen, entstanden und vermischten sich mit den Hilferufen der Männer.
    Für Camacho ging die Welt unter. Er wußte nicht mehr, wo er sich befand. Er sah keinen Himmel mehr, auch kein Schiff, nicht einmal Planken und Reste.
    Dabei hatte er seine Augen weit geöffnet. Um ihn herum toste nur das wilde Wasser. Es hatte ihn eingehüllt wie ein Laken, es spielte mit ihm, es drückte ihn in die Tiefe, schleuderte ihn wieder hoch. Ein lebloser Körper prallte gegen ihn, schon steif wie eine Holzplanke.
    Der Körper verschwand, auch Camacho trudelte weiter. Schneller, immer schneller. Es gab keinen Widerstand mehr. Die Luft war ihm längst knapp geworden. Er wunderte sich selbst darüber, daß er es noch schaffte, den Mund zu schließen.
    Ein Gesicht erschien dicht vor dem seinen. Es gehörte einem der Pestkranken. Starre Augen starrten ihn anklagend an, selbst das konnte er innerhalb kürzester Zeit erkennen, und da war ihm klar, daß er sein Leben eigentlich verpfuscht hatte, weil er so hart und rücksichtslos seinen Mitmenschen gegenüber gewesen war.
    Etwas umklammerte seine Beine. Er dachte daran, daß er noch tiefer in die See gezogen würde. Das Gegenteil trat ein. Camacho bekam einen Stoß, der ihn in die Höhe katapultierte und gleichzeitig aus den Fluten hervor.
    Er kam sich vor wie ein Korken, der einen starken Druck erfahren hatte.
    Endlich im Freien, endlich Luft.
    Er riß den Mund weit auf, keuchte und spie das Wasser wieder aus. Ein Strudel packte ihn, drückte ihn wieder für einen Moment unter Wasser, und Panik schoß in dem Mann hoch.
    War das sein Ende?
    Nein, der Strudel schoß ihn wieder hoch.
    Er tauchte auf.
    Luft, Hauptsache Luft! Das Spiel begann von vorn. Es war wie eine Folter, die nur kurz unterbrochen wurde. Atemholen, für einen Moment sich wieder als Mensch fühlen.
    Jemand war bei ihm. Dicht vor ihm schwamm die Person auf dem Wellenkamm. Keiner von der Besatzung, sondern Isabella, die Hexe. Camacho wußte nicht, was er davon halten sollte, denn trotz der lebensgefährlichen Situation hörte er ihr böses Lachen. Für ihn war es wie ein veränderter Racheschwur.
    Er wünschte sich, von einer Welle gepackt und in die Tiefe gerissen zu werden.
    Das geschah nicht.
    Die Hexe selbst schien mit den entfesselten Kräften der Natur einen Pakt geschlossen zu haben.
    Sie blieb.
    Und da waren ihre Hände.
    Sie tauchten aus dem Wasser auf wie bleiche Klauen. Plötzlich umklammerten sie Camachos Kehle und drückten ihm die Luft ab.
    Er spürte den zuckenden Schmerz. Die Wunden bluteten, und Salzwasser biß hinein. Isabella ließ nicht los. »Das ist meine Rache, Camacho!« Ihre Stimme übertönte das Tosen der Wellen. »Ich werde dich zur Hölle schicken. Ich bringe dir den Tod, aber ich - ich werde leben, hast du gehört?«
    Er hatte gehört. Jedoch die letzten Worte nur mehr schwach. Etwas rauschte auf ihn nieder, das ihm wie ein blutroter Vorhang vorkam, in den sich schwarze
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