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0768 - Lady Bluthaar

0768 - Lady Bluthaar

Titel: 0768 - Lady Bluthaar
Autoren: Jason Dark
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sich, eine Antwort zu geben. Doch wie auf ein geheimes Kommando hin richteten die Männer ihre Blicke auf Camacho. Von ihm erwarteten sie eine Erwiderung.
    Der Mann stand in der Nähe des Hauptsegels. Auch er hatte alles verstanden, doch sein Kopf blieb dumpf und leer. Er wollte nicht akzeptieren, was man ihm und den Leuten gesagt hatte. Vor allen Dingen wollte er nicht sterben, sondern seinen Auftrag zu Ende bringen. Seit seinem Besuch bei dieser Frau war er ein anderer geworden. Er litt unter Qualen, er hatte Angst, und sein Gesicht war grau geworden, als hätte er in seiner Phantasie etwas Furchtbares gesehen.
    Deshalb schwieg er.
    Die Männer schwiegen ebenfalls, denn sie sahen, wie Camacho seinen Kopf zur Seite drehte.
    Keiner begriff ihn, keiner fragte ihn, doch ihr Schweigen war Antwort genug.
    Auch der Steuermann wußte Bescheid. Sein Blick war gläsern geworden, und er schaute über das Deck wie jemand, der zu einer Puppe geworden war. Selbst das Wasser hatte sich verdunkelt, als würden sich Teile der Wolken darin widerspiegeln. Sie sahen aus wie mächtige Schleier oder der gefrorene Atem eines Ungeheuers.
    Die See war glatt. Nicht einmal kabbelige Wellen sorgten für Bewegung. Die Natur holte noch einmal Atem, um den gewaltigen Sturm aus dem Gefängnis zu befreien.
    Dann hörten sie das Geräusch!
    Es war kaum mit Worten zu erklären und auch nicht zu fassen. Irgendwo in der Ferne, zwischen Himmel und Meer lauerte ein Untier, das seinen Atem mit gewaltigen Geräuschen ausgestoßen hatte. Ein Jaulen und Pfeifen, ein tiefes Röhren. Dazwischen das Winseln und Schreien, als wäre ein Folterknecht dabei, sich endlich an seinen Opfern auszulassen.
    »Das ist der Tod!« rief der Steuermann, der so etwas schon erlebt und nur mit Glück überstanden hatte.
    Keiner widersprach ihm.
    Die Männer klammerten sich noch fester an die längs und quer gespannten Taue.
    Die Luke mit den Gefangenen war nur oberflächlich abgedeckt worden. Das Holz war für andere Dinge gebraucht worden, und plötzlich heulte die erste Bö heran, und sie brachte eine meterhohe Welle mit.
    Der Segler stand ihr im Weg. So schnell konnte er auch nicht manövriert werden. Die Männer waren steif, völlig bewegungslos. Sie schauten dem heranrasenden Tod entgegen, sie hörten das Rauschen und sahen darüber dem irren Spiel der Wolken zu, die sich in einen Kreisel hineindrehten.
    Mit immenser Kraft hämmerte die Welle gegen die Backbordseite des Schiffes, das diesen entfesselten Kräften der Natur keinen Widerstand entgegensetzen konnte. Der Segler wurde zu einem regelrechten Spielball. Die Macht des anstürmenden Wassers schleuderte ihn in die Höhe, warf ihn nach Steuerbord über, und es gab keinen Mann, der sich dabei noch hätte auf den Beinen halten können.
    Die Schreie der Besatzung mischten sich in das gewaltige Toben und Krachen.
    Das Schiff wurde durchgeschüttelt. Planken brachen, erste Wasserströme drangen ein, aber der Segler richtete sich wieder schwerfällig und unter gewaltigen Mühen auf.
    Das Material ächzte und schrie, als bestünde es aus Menschen, die in einen gläsern wirkenden Wasserschwall eingepackt waren.
    Die ersten Männer waren über Bord geschwemmt worden. Sie wirkten so kraftlos und erinnerten an Puppen, die ein Riese nicht mehr als Spielzeug hatte haben wollen. Sie wurden durch die Wellen geschleudert und landeten in der kochenden See.
    Camacho hatte sich noch gehalten. Mit beiden Händen klammerte er sich an einem Tau fest. Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten. Als das gurgelnde und brodelnde Wasser schließlich zurückfloß und sich das Schiff aufgerichtet hatte, da kam es ihm vor, als wären ihm die Arme aus den Schultern gerissen worden.
    Es gab nichts mehr zu befehlen. Eine Ordnung existierte nicht mehr. Hier war sich jeder selbst der nächste. Es ging nur darum, sein Leben zu retten.
    Camacho wußte, daß dies erst der Anfang war. Er kannte die See. Sie war wie ein hungriges Tier, und sie würde erst aufhören, wenn sie alles verschlungen hatte und gesättigt war.
    Camacho konnte wieder Luft holen. Ihm war kalt, er zitterte, und er dachte an Isabella, die schöne Frau. Nein, nur äußerlich war sie schön. Innerlich war sie verfault, denn sie gehörte zu den Günstlingen des Teufels, sie war eine Hexe.
    Über ihm heulte es. Der Sturm sammelte sich wieder. Das Wasser schlug über. Das Schiff hatte bereits eine Schräglage eingenommen, als die nächste Welle heranrollte.
    Sie war die Pranke des Raubtiers, denn
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