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0768 - Lady Bluthaar

0768 - Lady Bluthaar

Titel: 0768 - Lady Bluthaar
Autoren: Jason Dark
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ehemaliger Pirat wußte, ob es dort Wasser gab.
    Er schaute hoch zu den Segeln, weil sie nicht so schnell vorankamen, wie er es sich vorgestellt hatte. Wenn der Wind nicht auffrischte, würden sie einige Stunden länger brauchen und auch den nächsten Tag noch durchsegeln. Das war in seinen Plänen nicht vorgesehen, deshalb verfluchte er innerlich den Wettergott.
    Er ging zu seinem Steuermann. Mit besorgtem Gesicht stand der Lange, so wurde er wegen seiner Körpergröße genannt, am Ruder. Er hatte die Lippen geschürzt, die Augenbrauen zusammengezogen und eine Strickmütze über seinen kahlen Schädel gestreift. Seine von Narben gezeichneten Hände hielten die Speichen fest.
    »Wie sieht es aus?«
    Der Steuermann schüttelte den Kopf. »Nicht gut, Camacho.«
    »Warum nicht?«
    »Der Wind.«
    Camacho verengte die Augen. Er schaute auf das Meer hinaus, dessen Oberfläche sich in einer langen Dünung bewegte und das Schiff wie einen schwerfälligen Trog schaukeln ließ. »Was ist mit dem Wind?«
    »Ich traue ihm nicht.«
    Camacho nickte. »Sag mir den Grund.«
    Der Steuermann rückte mit der Wahrheit heraus. »Du kennst mich, und du weißt, daß ich mich noch nie richtig geirrt habe, was die Prophezeiungen angeht.«
    »Red schon.«
    »Wir werden Sturm bekommen.«
    Der Bärtige furchte seine Augenbrauen. »Na und? Was hat das zu bedeuten? Wir haben ein starkes Schiff. Kann uns ein Sturm aus der Bahn werfen?«
    »Der kommende schon.«
    »Erklär mir das!« Camacho hielt sich zurück. Normalerweise drehte er bei einem Überbringer schlechter Nachrichten durch, aber er traute dem Langen einfach zuviel Wissen zu, und er hatte sich tatsächlich so gut wie nie geirrt.
    »Der Sturm kann sich zu einem Orkan entwickeln. Ich rechne damit, daß gegen Abend der Wind auffrischt. Wenig später werden wir dann in die Hölle hineingeraten. Wenn der Wind ständig wechseln sollte, kann es sehr schlimm für uns werden.«
    Camacho fluchte. »Was soll ich tun?«
    »Willst du das wissen?«
    »Sonst hätte ich nicht gefragt.«
    »Wir segeln weiter. Es hat keinen Sinn mehr, umzudrehen. Wir sind schon zu weit von der Insel weg. Wir müssen jetzt durchhalten, ob Sturm oder nicht. Außerdem würde er uns sowieso erwischen, auch wenn wir uns anders entscheiden.«
    Camacho nickte. Manchmal bewunderte er die intelligente Ausdrucks-. weise seines Steuermanns.
    Er stammte aus einer vornehmen Familie, hatte sogar Schulen besucht, konnte lesen, schreiben und rechnen. Nur war ihm das normale Leben zu langweilig gewesen, deshalb hatte er sein Wissen in den Dienst der Piraten gestellt.
    Plötzlich kamen Camacho die Segel schlaff vor. Er hatte den Eindruck, daß sie immer mehr zusammenfallen würden und mußte davon ausgehen, daß der Wind schon jetzt abflaute. Irgendwann würden sie in ein Loch hineinsegeln, bevor es dann zu einem Sturm oder einem Unwetter kam, das wie ein Monster war und alles in sich hineinfressen wollte. Gegen vieles konnten sie ankämpfen, nicht aber gegen die Unbillen der Natur.
    Er fluchte leise.
    »Ich kann es nicht ändern«, sagte der Steuermann.
    »Weiß ich.«
    »Was machen die Kranken?«
    Camacho lachte. »Ich wollte, sie wären schon verreckt.«
    Der Lange grinste nur. Er spürte, wie Camacho ihm auf die Schulter tippte. Er drehte den Kopf. Die beiden Männer waren allein. Bei diesem Seegang konnte der Steuermann das Ruder allein halten, und nur er und Camacho selbst wußten über das zweite Problem Bescheid, das sich bei ihnen an Bord befand.
    »Ich werde jetzt zu ihr gehen!« flüsterte Camacho.
    Der Steuermann nickte nur. »Wie lange bleibst du?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Willst du sie fertigmachen?«
    »Würde ich gern!« flüsterte Camacho. »Aber ich weiß nicht, ob sie auch die Pest hat.«
    Der Lange mußte lachen. »Danach sieht sie mir nicht aus. Ich würde es an deiner Stelle versuchen.«
    »Mal sehen.«
    »Wissen die anderen Bescheid?«
    »Nein, aber du weißt, wo du mich finden kannst. Es tut mir ja leid, diese Person zurückzulassen. Sie wäre für uns das Liebchen geworden.«
    »Laß das nicht den König hören.«
    »Eben.« Camacho fuhr an seinem Hals mit der flachen Hand entlang. »Ich will meinen Kopf noch behalten.«
    »Das meine ich auch.«
    Der Bärtige schlug dem Steuermann auf die Schulter und verließ den Platz. Am Heck des Seglers befanden sich die Räume, die den Offizieren und dem Kapitän vorbehalten waren, aber auch für Gäste waren Kajüten eingerichtet worden.
    Es war unerträglich heiß auf dem
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