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0767 - Das Grauen von Milford Sound

0767 - Das Grauen von Milford Sound

Titel: 0767 - Das Grauen von Milford Sound
Autoren: Dario Vandis
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zum anderen ragten schroffe graue Felsen in einen nächtlichen, wolkenverhangenen Himmel. Spärliches Sternenlicht drang durch die Dunstschleier und erleuchtete ein erdbraunes Band, das sich breit und schründig wie ein Canyon zwischen gezackten Felsen hindurchzog.
    Erst auf den zweiten Blick erkannte Zamorra, dass es sich nicht um eine Schlucht handelte, sondern um eine Art riesenhafte Wurzel, die sich kilometerweit durch die Landschaft schlängelte, bevor sie am Horizont hinter einem eisgrauen Berg verschwand. Verästelte Zweige führten in alle Richtungen wie die Nebenarme eines Flusses, und Zamorra stellte erstaunt fest, dass die Spitze der Riesenwurzel sich zum Ende hin verjüngte - und genau in der Regenbogenblumenkolonie endete, bei der sie angekommen waren.
    »Wo zum Teufel sind wir hier?«, stöhnte Nicole, die sich bei dem Transport einfach von Zamorras Gedankenbildern hatte leiten lassen. »In einem Bild von Hieronymus Bosch?« Sie machte ein paar Schritte auf die Riesenwurzel zu.
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Wie der Garten der Lüste sieht das hier nicht gerade aus.« Er blickte auf seine Beine, die in den breiten, röhrenartigen Hosen des Anzugs steckten. »Spürst du, was ich spüre, Nici?«
    Die Schwerkraftverhältnisse unterschieden sich von denen der Erde. Der Planet konnte höchstens drei Viertel der Erdmasse haben. Nicole hüpfte vor Zamorra wie ein Springteufel auf und ab. Auch Zamorra fühlte sich seltsam leicht. Jede Bewegung kostete ihn kaum Kraft, und er glaubte zu spüren, wie ihm das Blut zu Kopfe stieg.
    »Wir sind richtig. Dieser kärgliche Flecken Erde sieht genauso aus, wie Nash ihn beschrieben hat.«
    »Aber hier gibt es nichts als Sand und Felsgestein. Wie kommst du darauf, dass jemand an so einem Ort leben kann?«
    Zamorra deutete auf die Blumen. »Die Unsichtbaren sind offenbar bereits hier gewesen. Vielleicht sind wir nur in irgendeiner Art Wüste angekommen. Die Oase finden wir auf der anderen Seite des Berges…«
    Er hätte zu gern gewusst, ob die Atmosphäre um sie herum Leben ermöglichte. Die Existenz der Blumen sprach dafür, andererseits hatte Zamorra schon des öfteren die Erfahrung gemacht, dass die Regenbogenblumen mit herkömmlichen Pflanzen nicht zu vergleichen waren.
    Jedenfalls wagte er es nicht, die Sauerstoffversorgung des Anzuges auszuschalten und den Helm abzunehmen.
    »Das gefällt mir gar nicht«, sagte Nicole. »Sieht aus, als hätte man dich in die Irre geführt. Ich bin dafür, dass wir…«
    Sie kam nicht dazu, den Satz zu vollenden.
    Der riesenhafte Wurzelstrang, der auf geheimnisvolle Weise mit der Blumenkolonie verbunden zu sein schien, begann zu wispern. Ein Rascheln ging durch die Regenbogenblumen, wie ein leichter Windstoß. Die Außenmikrofone der Schutzanzüge übertrugen das Geräusch originalgetreu. Es war das erste Mal, dass Zamorras Amulett schwach reagierte. Er fühlte die Wärme auf der Haut. Es schien, als ob Merlins Stern nicht genau einschätzen konnte, ob es sich um einen magischen Angriff handelte oder nicht.
    »Verdammt, was hat das zu bedeuten?« Nicole blickte fassungslos auf die monströse Wurzel, die zu beben und zu vibrieren begonnen hatte wie ein Riese, der aus tiefem Schlaf erwacht.
    Das Raunen drang durch die Luft, durch das Schutzglas der Helme, und kroch auf enervierende Weise in Zamorras Hirn.
    Irgendetwas geschieht, dachte er noch.
    Instinktiv machte er einen Schritt zurück in Richtung der Blumenkolonie.
    Aber für eine Flucht war es längst zu spät.
    ***
    Der Angriff der Unsichtbaren erfolgte ohne Vorwarnung.
    Zamorra wurde wie aus dem Nichts von einem Schlag getroffen und von den Beinen gerissen. Instinktiv schlossen sich seine Finger um den Blaster. Der nadelfeine Strahl schnitt durch die Finsternis - und endete im Körper eines Unsichtbaren, der dumpf krächzend zu Boden ging.
    Zamorra rappelte sich auf und ließ den Blasterstrahl kreisen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass auch Nicole attackiert wurde. Man hatte ihr die Waffe aus der Hand gerissen. Jetzt taumelte sie wie blind durch die Reihen der Gegner und versuchte sie mit ihren Schlägen zu erwischen. Zamorra sah, dass sie stattdessen selbst getroffen wurde.
    Wieder wurde ein Unsichtbarer von seinem Blasterstrahl niedergemäht. Zamorra versuchte, sich zu Nicole durchzukämpfen.
    Hatten die Unsichtbaren sie hier erwartet und ihnen eine Falle gestellt? Oder waren sie - vielleicht durch die Blumen -von der Ankunft der Fremden informiert worden?
    Er hatte keine Zeit,
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