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0767 - Das Grauen von Milford Sound

0767 - Das Grauen von Milford Sound

Titel: 0767 - Das Grauen von Milford Sound
Autoren: Dario Vandis
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trottete hinüber und stellte sich neben Karin auf.
    Der Bärtige gab das Zeichen, und die Frau fragte: »Where do you come from?«
    »Germany«, antwortete Karin, während Robert noch versuchte, den Dialekt gedanklich in einigermaßen verständliches Oxford-Englisch zu übersetzen.
    »Where do you want to go?«
    »Milford Sound.«
    Das Lächeln der Reporterin gefror.
    Karin wandte sich an Robert: »Sie sagt, dass es im Sound schnell dunkel wird. Es ist nicht gut, so spät zu fahren.«
    »Warum nicht?«
    Die Reporterin überging die Frage und hatte es plötzlich eilig, das Interview zu Ende zu führen. Endlich setzte der Bärtige die Kamera ab.
    »Sie sagt, es wäre besser, wenn wir zurückfahren. Nach Einbruch der Dunkelheit ist der Sound nicht geheuer.«
    »So ein Blödsinn!«, brummte Robert. »Ich fahre die Strecke doch kein zweites Mal!«
    Das Kamera-Team verabschiedete sich knapp. Karin und Robert sahen dem Van nach, wie er in Richtung Te Anau hinter einer Serpentine verschwand.
    »Das ist aber komisch«, sagte Karin. »Erst waren sie so freundlich, und als wir sagten, dass wir nach Milford Sound wollen…«
    »Mach dir keine Gedanken. Das sind Eingeborene«, scherzte er. »Die sind eben etwas seltsam.«
    Er stand am Geländer und ließ die Landschaft auf sich wirken. Der Ausblick war herrlich. Vor ihnen fielen die Klippen zweihundert Meter steil in die Tiefe. Jenseits des Tals erhoben sich von Nadelbäumen besetzte Berge, im Tal ein reißender Fluss, dessen Rauschen wie aus weiter Ferne zu ihnen herauf drang.
    »Lass uns weiterfahren«, sagte Karin fröstelnd.
    »Gleich.« Er knipste ein paar Fotos.
    Ein paar Minuten später erreichten sie den Homer-Tunnel. Er bohrte sich wie ein schwarzes Loch in die aufragende Felswand. Auf der anderen Seite des Berges angekommen, erwartete sie ein neues Panorama, noch atemberaubender als zavor. Die schneebedeckte Straße schlängelte sich hinab ins Tal, durch Wolkenbänke in zweitausend Meter Höhe. Die Stille verlieh der Szene etwas Würdevolles. Keine Häuser auf den Hängen, keine Anzeichen von Rodung oder künstlicher Aufforstung.
    Kein Mensch im Umkreis von einigen Dutzend Kilometern.
    »Das muss das Paradies sein«, flüsterte Robert. »Wie ist es da erst in Milford Sound?«
    Karin antwortete nicht. Eine innere Stimme flüsterte ihr zu, dass sie auf der Stelle umkehren sollten.
    ***
    »Das musst du dir ansehen!«, krähte Fooly.
    Zamorra öffnete die Augen, blinzelte - und wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er ein ganz und gar nicht gewöhnliches Leben führte. Er lag in seinem Bett im Château Montagne, es war kurz nach Tagesanbruch, und ein kurz gewachsener, fettleibiger, grüngeschuppter Drache hüpfte vor dem Fußende seines Bettes auf und ab.
    Der Meister des Übersinnlichen ertastete die Decke neben sich und warf einen schläfrigen Blick zur Seite. »Wo ist Nicole?«
    Fooly zuckte die Schultern. »Kann ja nicht jeder so ein Langschläfer sein wie du.«
    »Langschläfer?« Zamorra ließ sich in das Kissen zurückfallen. »Wie spät haben wir's?«
    »Elf ist es bestimmt.«
    »Elf?«
    »Na ja, vielleicht kurz nach zehn…« Fooly wurde ein paar Zentimeter kleiner. »Ich gebe zu, es ist spät gewesen gestern, und William hat mich gewarnt, dich vor neun zu wecken, aber ich konnte es einfach nicht mehr aushalten, und da hab ich…«
    Zamorra seufzte. Neun Uhr also.
    Er erinnerte sich nur grob an den gestrigen Abend. Nicole und er hatten im Kaminzimmer gesessen, die Umgebung und die Ruhe genossen und sich von den vergangenen Abenteuern erholt. Drei Stunden hatten ausgereicht, um den Bestand im Weinkeller des Châteaus um drei oder vier der besten Flaschen zu reduzieren. Gegen Mitternacht war Zamorra das Sitzen zu anstrengend geworden. Sie hatten die unbequemen Sessel mit den flauschigen Fellen vor dem Kaminfeuer vertauscht und sich annähernd zwei Stunden lang hingebungsvoll geliebt.
    Er wusste nicht einmal mehr, wie er ins Schlafzimmer gekommen war. Alles, woran er sich erinnerte, war Nicoles Nähe und das wohlige Gefühl, langsam in einen rauschartigen Zustand zwischen Wachen und Schlafen zu versinken. Mochte es der Alkohol oder das Liebesspiel gewesen sein, das ihn letztendlich erledigt hatte - er hatte sich seinen Schlaf verdient gehabt.
    »Wahrscheinlich verfügt Nicole über eine bessere Kondition als du. Vielleicht hast du dich gestern Abend auch einfach stärker verausgabt. Jedes Mal, wenn ich die Tür geöffnet habe, um…«
    »Du hast was?«
    Fooly
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