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075 - Der Kopfjaeger

075 - Der Kopfjaeger

Titel: 075 - Der Kopfjaeger
Autoren: Neal Davenport
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darüber schreiben. So eine verdammte Sauerei!“
    „Seien Sie froh, daß Sie noch leben, Armand“, sagte Sybill. „Wissen Sie, was de Buer mit Ihnen vorhatte?“
    „Ja, er wollte mich töten“, sagte Melville kleinlaut.
    „Genau“, bestätigte Sybill. „Er wollte Sie vom Henker töten lassen.“
    Melville kniff die Lippen zusammen. „Ohne Ihr Erscheinen, Hunter, wären wir jetzt beide tot. Ich habe Ihnen noch gar nicht dafür gedankt, daß …“
    „Lassen Sie das“, sagte ich und grinste. „Verschonen Sie mich mit Dankesfloskeln. Tun Sie mir nur einen Gefallen, schreiben Sie im Augenblick kein Wort über Ihre Erlebnisse. Versprechen Sie mir das?“
    Er überlegte einen Augenblick, dann nickte er. „Ich verspreche es Ihnen.“
    Wir schwiegen. Ich erreichte die N 13, und nach wenigen Minuten hatte uns Paris wieder. Ich fuhr die Avenue de Neuilly entlang.
    „Noch eines“, sagte ich. „Wir schweben in Gefahr. Der Henker wurde nicht gefunden. Wahrscheinlich lauert er irgendwo in der Stadt. Wir wissen nicht, wo. Wenn de Buer tatsächlich gelungen ist, noch im Tod Kontrolle über den Henker zu gewinnen, dann kann das sehr gefährlich für uns werden. Ich bringe Sie jetzt nach Hause. Verlassen Sie Ihre Wohnung nicht! Ich rufe Sie morgen an.
    Wo wohnen Sie, Sybill?“
    „Rue Fortuny“, sagte das Mädchen.
    „Ich wohne ganz in der Nähe von Sybill“, sagte Armand. „Boulevard de Courcelles.“
    „Wohnen Sie allein, Sybill?“
    „Nein, ich habe zusammen mit zwei Freundinnen eine Wohnung.“
    „Dann sagen Sie Ihren Freundinnen, daß sie vorsichtig sein sollen. Sperren Sie sich ein und lassen Sie keinen Menschen in die Wohnung! Keinen! Haben Sie verstanden?“
    Sybill nickte.
    „Das gilt auch für Sie, Melville. Schreiben Sie mir Ihre Telefonnummer auf, Sybill! Ich rufe Sie morgen gegen neun Uhr an.“
    Sybill schrieb ihre Nummer auf einen Zettel, und ich steckte ihn ein.
    Zuerst setzte ich Sybill ab. Sie drückte mir einen Kuß auf die Lippen, hauchte danke und winkte Armand lächelnd zu. Dann stieg sie aus, und ich wartete, bis sie im Haus verschwunden war. Zwei Minuten später wurde ein Fenster im zweiten Stock geöffnet, und Sybill winkte uns zu. Alles war in Ordnung.
    Danach brachte ich Melville nach Hause. Es war fast zwölf Uhr, als ich weiterfuhr. Mein Ziel war die Rue Moret.
    Eigentlich hätte ich zufrieden sein sollen, denn ich hatte den letzten meiner Brüder getötet. Aber ich spürte keine Befriedigung. Der Gedanke an den Henker, der möglicherweise noch immer lebte, war alles andere als angenehm.
    Wieder einmal mußte ich ein versperrtes Tor öffnen: Ich kam mir langsam wie ein routinierter Einbrecher vor. Das Schloß war alt und bot keinerlei Schwierigkeiten.
    Drei Minuten später stand ich vor de Buers Wohnung. Die Tür war mit zwei Schlössern gesichert, die ziemlich schwierig zu knacken waren. Es dauerte eine Viertelstunde, bis ich endlich die Tür geöffnet hatte.
    Die Wohnung sah wie ein Saustall aus. Die Fenster strotzten vor Schmutz, die Böden waren mit einer dicken Staubschicht bedeckt, die Einrichtung war alt und unfreundlich. In einem Kasten fand ich einige Anzüge, Schuhe und Unterwäsche.
    Ich setzte mich an den Schreibtisch. Die Laden waren versperrt. Ich brach sie einfach auf. Alle, mit Ausnahme einer, waren leer. Ich fand einige Bogen Briefpapier, Bleistifte und einen Schnellhefter, den ich auf den Schreibtisch legte. Rasch blätterte ich ihn durch und lehnte mich dann zufrieden zurück. Ich hatte gefunden, wonach ich suchte. De Buers Aufzeichnungen lagen vor mir. Seine Handschrift war klein und fast unleserlich.
    Ich durchsuchte noch die restlichen Kästen und Schränke, fand aber nichts Interessantes mehr und verließ die Wohnung. Die Tür ließ ich offen.
    Ich fuhr in mein Hotel und bestellte beim Room-Service einige Sandwichs und eine halbe Flasche Bourbon mit Eis und Wasser. Dann setzte ich mich aufs Bett, legte den Schnellhefter auf meine Knie und blätterte ihn langsam durch.
    Gelegentlich las ich einige Sätze. Die Aufzeichnungen trugen leider kein Datum.
    Ein mißgelaunter Kellner brachte die Sandwichs und den Bourbon. Ich gab ihm zehn Franc, was seine Laune hob und ein Lächeln in sein Gesicht zauberte.
    Als ich allein war, sperrte ich die Tür ab und schenkte mir einen ordentlichen Schluck ein. Ich verschlang die Sandwichs, als hätte ich seit Wochen nichts mehr gegessen. Dann zündete ich mir eine Zigarette an und vertiefte mich in de Buers
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