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0545 - Der teuflische Engel

0545 - Der teuflische Engel

Titel: 0545 - Der teuflische Engel
Autoren: Jason Dark
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Die Person betrat kurz vor Feierabend das Blumengeschäft!
    Wendy Lakeman wußte sofort, daß es ein außergewöhnlicher Kunde sein mußte. Sie sah ihn zwar nicht, aber es gibt Ahnungen.
    Und eine dieser Ahnungen überkam sie.
    Die junge Frau hielt sich nicht im Laden auf. Sie fegte in einem der hinteren Räume Blumen- und Blätterreste zusammen, um sie für den Kompost zu sammeln.
    Das Klingeln der Glocke hatte sie aufgeschreckt. Noch fünf Minuten bis zum Feierabend. Jetzt mußte sie bedienen, ging zur Tür – und fühlte die Spannung wie ein Kribbeln in sich hochsteigen.
    Im offenen Ausschnitt blieb sie stehen. Sie wußte selbst nicht, weshalb sie den Fuß nicht in den Laden setzte. War es das ungute Gefühl, die Angst vor dem Kunden?
    Er drehte ihr den Rücken zu. Gekleidet war er ganz in Weiß. Weiße Hose, ein dünnes, weißes Jackett und auch helle Schuhe. Sein Haar besaß mehrere Farbmischungen. Wendy glaubte, ein dunkles Blau ebenso erkennen zu können, wie sein sehr helles Blond. Die Farben liefen ineinander über, so daß keine von ihnen dominierte.
    Der Kunde stand etwas gebückt auf dem Fleck und betrachtete einen der mit Blumen gefüllten Kübel. Sommerrosen schauten hervor. Langstielig und voll erblüht. Für jeden Blumenfreund mußte es ein Genuß sein, sie zu betrachten.
    Wendy hatte sich noch nicht gerührt, dennoch wußte der Kunde, daß jemand hinter ihm stand. »Weshalb kommen Sie nicht näher?« fragte er mit einer Stimme, der Wendy nur nachlauschen konnte.
    Einen ähnlichen Klang hatte sie noch nie in ihrem Leben gehört.
    Die Stimme war wie Musik. Ein feines Singen, sehr melodisch, wunderbar weich und irgendwie hypnotisierend. Die Verkäuferin kam sich vor, als würde der Klang sie wegtragen.
    »Ja, bitte«, sagte sie. Bisher war sie mit ihrer Stimme stets zufrieden gewesen. Das änderte sich nun, als sie sich selbst reden hörte.
    Der Kunde richtete sich auf, drehte sich um, und Wendy, die im Begriff gewesen war, vorzugehen, blieb schon nach dem ersten Schritt stehen, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen.
    Dabei hatte sie den Kunden nur angesehen. Doch welch ein Gesicht! Tatsächlich ein Gesicht?
    Nein, das mußte etwas Überirdisches sein. Diese engelhaften Züge, weich und hart zugleich. Mit einer Haut noch glatter als die eines Babys. Es gab überhaupt nichts Unebenhaftes im Gesicht dieses Menschen, das zu einem Mann ebenso gut paßte wie zu einer Frau. Die beste Bezeichnung wäre Jüngling gewesen, aber das paßte auch nicht so recht. Diese Person schien alterslos zu sein.
    Dabei besaß die Haut nicht die Farbe eines normalen Menschen.
    Sie zeigte einen leichten Ton ins Blaue, vermischt mit einem hellen Grauschimmer. Auf den Wangen und um den etwas arrogant wirkenden Mund schienen kleine Funken zu tanzen. Als hätte jemand Sterne oder Flitter auf die Haut gelegt, um diese Dinge explodieren zu lassen.
    Wendy konnte nicht anders. Sie mußte einfach in die Augen der Person schauen. Waren sie blau? Wenn ja, welche Bläue besaßen sie?
    Dunkel, hell – vielleicht schattiert?
    Diese Augen übten auf Wendy eine fast magische Faszination aus.
    Wie auf die Haut gemalt wirkten die Brauen, über denen sich eine hohe Stirn wölbte. Das Haar war sorgfältig geschnitten, nicht zu lang, auch nicht kurz.
    Die Verkäuferin ertappte sich wieder bei einem Vergleich. Man hatte ihr bescheinigt, nicht häßlich zu sein, sondern gut auszusehen.
    Einen Vergleich mit diesem Kunden aber hielt sie nicht aus. Ihr Blick floß auch an der sehr schlanken, trotzdem idealen Gestalt entlang nach unten. Da zeichnete sich kein Gramm Fett unter dem ebenfalls weißen T-Shirt ab. Dieser junge Mann brachte alles mit, um als optimal zu gelten.
    Wendy holte tief Luft. Die Lippen des Kunden verzogen sich zu einem Lächeln, wobei die Arroganz blieb.
    »Womit…?« Wendy mußte sich erst einmal räuspern. »Womit kann ich Ihnen dienen, Sir?«
    »Nun, was möchte ein Kunde in einem Blumengeschäft. Sicherlich keinen Wagen kaufen.«
    »Natürlich, nicht, Sir. Haben Sie einen besonderen Wunsch?«
    Wendy Lakeman war froh darüber, daß sie wieder normal sprechen konnte. Die Beklemmung war von ihr abgefallen.
    Er hob die Schultern. Wieder war sie von dieser Bewegung fasziniert. Sie kam ihr so glatt vor, so sicher, als wären Arme und Schultern eine Schlange.
    Draußen, im noch hellen Licht der Sonne, floß der Verkehr vorbei.
    Die zahlreichen Geräusche, die durch ein gekipptes Fenster in den Laden drangen, hörte Wendy nicht. Sie
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