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075 - Der Kopfjaeger

075 - Der Kopfjaeger

Titel: 075 - Der Kopfjaeger
Autoren: Neal Davenport
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den Augen.
    „Du warst dein Leben lang ein gläubiger Mann, Sanson de Longvale“, sagte ich. „Spürst du die Wirkung des geweihten Kreuzes? Sie ist stärker als die Schwarze Magie, die dich zurückgeholt hat. Konzentriere dich auf das Kreuz! Konzentriere dich!“
    Ein heiseres Keuchen kam über die Lippen des Henkers. Seine Hände zitterten. Er streckte die Arme aus, und ich trat einen Schritt vor. Seine bebenden Finger griffen nach dem Kreuz. Er packte es mit beiden Händen und preßte es gegen seine Stirn.
    Für einige Sekunden erstarrte er und schloß die Augen.
    Ich bückte mich, hob das Schwert auf, holte die Spraydose mit dem geweihten Wasser heraus und besprühte das Schwert damit. Mir graute vor dem, was ich notfalls tun mußte, aber ich würde nicht zögern, es zu tun.
    Ich hob das Schwert, und in diesem Augenblick öffnete der Henker wieder die Augen. Sein Blick war leer. Er bewegte sich leicht und ging dann an mir vorbei. Ich folgte ihm. Er hielt noch immer das Kreuz fest umklammert. Sein Körper sackte langsam in sich zusammen. Mühsam schleppte er sich vorwärts. Seine Bewegungen wurden immer abgehackter.
    Er stieß gegen eine Wand, ging in die Knie, rappelte sich nochmals auf.
    Endlich erreichte er den Raum, in dem ich die lebenden Schädel gesehen hatte. Ich sah, wie er das Kreuz hob und damit einmal rund um seinen Hals strich. Dann stieß er einen durchdringenden Schrei aus und fiel bäuchlings ins Zimmer. Ich sah nur noch seine Beine.
    Vorsichtig kam ich näher und ließ das Schwert fallen. Es war nicht mehr notwendig, den Henker zu enthaupten. Das hatte jemand anderer besorgt. Eine unerklärliche Kraft.
    Ich starrte auf den kopflosen Körper zu meinen Füßen. Aus dem Halsstumpf floß nicht ein Tropfen Blut.
    Hinter mir hörte ich die erregten Stimmen Sybills und Armands, die aus ihrer Erstarrung erwacht waren.
    Ich stieg über den leblosen Körper hinweg und blieb vor dem Schrank stehen.
    Die Köpfe, die vor wenigen. Minuten noch ein eigenes Leben geführt hatten, waren nun tot. Sie sahen wie Schrumpfköpfe aus, seltsam klein, kaum faustgroß und wirkten mumifiziert. Die Augen waren geschlossen, die Gesichter unmenschlich verzerrt.
    Ich trat näher und erkannte Ray Pellegrins Kopf. Dann fiel mein Blick auf einen Schädel, der allein im obersten Fach stand. Es war Pierre Gormats Schädel, der Schädel, den der Henker von Paris getragen hatte.
    Langsam wandte ich mich um. Sybill und Armand kamen ins Zimmer. Beide waren bleich, und das Mädchen zitterte am ganzen Leib.
    „Der Henker von Paris ist tot“, sagte ich und blickte die beiden an. „Er lockte Sie in eine Falle. Er verstellte seine Stimme und rief Sie an. Gott sei Dank kam ich noch rechtzeitig. Sonst würden sich Ihre Schädel jetzt auch hier in diesem Schrank befinden.“
    „Eine unsichtbare Gewalt lähmte uns“, sagte Armand stockend. „Sie zwang uns, in den dunklen Raum zu gehen und uns niederzuknien. Ich hörte deutlich, wie der Henker seinen seltsamen Spruch aufsagte, da tauchten Sie auf. Wie gelang es Ihnen, den Henker zu töten?“
    Ich hob die Schultern.
    „Mit den Waffen des Glaubens“, sagte ich. „Charles-Henri Sanson de Longval war ein gläubiger Mensch. Er glaubte an die Kraft des Kreuzes. Und die setzte ich ein. Das war für Frederic de Buer unmöglich, da er kein geweihtes Kreuz berühren konnte. Der Henker von Paris tötete sich selbst. Aber fragen Sie mich nicht, wie er es getan hat. Das wird für ewige Zeiten ein Rätsel bleiben.“
    Sybill und Armand blieben vor den Schrumpfköpfen stehen.
    „Er nahm die Schädel seiner Opfer mit“, sagte ich. „Er sammelte sie. Ein unheimliches Hobby, aber der Henker von Paris war verrückt. Auch mit ein Grund, weshalb de Buer ihn nicht töten konnte.“ Ich warf den Schrumpfköpfen noch einen letzten Blick zu und verließ das Zimmer. Sybill und Armand folgten mir aus dem Haus.
    Ich trat auf die Straße und blinzelte in die hochstehende Sonne. Noch heute würde ich Paris verlassen. Vor mir lag nun die schwierige Aufgabe: Ich mußte mich Asmodi, dem Herrn der Finsternis, zum Kampf stellen.
     
     
     
    ENDE
     
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