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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen
Autoren: John E. Muller
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Pendrake eigentlich starb, dann sage ich, daß ich mit Ihnen komme.“
    „Jetzt?“ fragte Fenner gespannt. „Heute morgen?“
    Chambers zuckte mit den Schultern. „Wenn Sie gleich gehen wollen, soll es mir auch recht sein. Ich habe im Augenblick nichts anderes vor.“
    „Mein Wagen steht vor der Tür.“ Fenner erhob sich. Er spürte, wie Furcht sich seiner wieder zu bemächtigen begann. Es war ihm, als seien sie wieder auf dem Friedhof und hörten die Erdbrocken mit dumpfem Laut auf Pendrakes Sarg aufschlagen.
    Chambers schnitt eine Grimasse, als er hastig seinen Kaffee austrank. Dann schob er geräuschvoll seinen Sessel zurück und stand auf. „Gehen wir also“, sagte er knapp. „Ich bin mir nur nicht ganz klar, was Sie da oben zu finden erwarten, Doktor.“
    „Das weiß ich selber nicht. Aber was immer es auch sein mag, je früher wir Bescheid wissen, desto besser.“
     

     

Der Motor des Wagens heulte und röhrte protestierend, als sie holpernd und rüttelnd über die steinige Straße rumpelten, die einst über den Hügel nach Kenton geführt hatte, nun aber, verfallen und überwuchert, von der Natur zurückerobert war.
    Obwohl der Morgen schon dem Vormittag gewichen war, lagen noch immer schwere Schatten zwischen den Bäumen, deren Wurzeln außergewöhnlich dick schienen, als säugten sie dunkles Gift aus dem Erdreich. Für Fenners Gefühl waren sie zu still und reglos. Er hielt das Lenkrad krampfhaft umklammert und saß steif und angespannt in seinem Sitz. Er sah geradeaus, wo das Schloß bald auftauchen mußte, und wagte weder nach links nochrechts zu schauen.
    Über dem ganzen Ort lag etwas Rastloses, Erwartungsvolles, ein Hauch Unwirkliches und Groteskes, als hätte etwas diese Gegend einer Veränderung unterworfen, etwas, das nicht sofort bemerkbar war, aber immer mehr und mehr zum Vorschein trat, je näher sie dem Schloß kamen.
    „Sogar jetzt, am hellichten Tag, läßt mir dieser Ort eine Gänsehaut über den Rücken laufen“, sagte Grosser schaudernd. Seine tiefe Stimme kam rollend aus seinem mächtigen Brustkasten. Er saß, fest in seinen Mantel gewickelt, auf dem Rücksitz.
    „Und dennoch wollte Pendrake unbedingt hier wohnen. Fünfzehn Jahre lang hauste er hier“, meinte Kennaway verwundert. „Und keine Menschenseele weiß, was ihn hier festhielt.“
    „Er war eben verrückt“, sagte Grosser. „Er muß schließlich verrückt gewesen sein. Kein normaler Mensch wäre freiwillig dort geblieben.“
    Bald stand das Schloß vor ihnen auf einem weiten Plateau, das mit Unkraut und wildem Hafer überwuchert war. Fenner hielt an und stellte den Motor ab.
    Augenblicklich wurde ihnen die Stille bewußt, die über dem ganzen Plateau lag. Sie war fast greifbar, dick, schwer und bedrückend. Fenner fühlte ihren Zugriff sowie er aus dem Wagen gestiegen war.
    „Nichts ist da“, sagte Grosser. Er bewegte sich langsam und spähte in alle Richtungen. Sein Gesicht verriet, daß er jeden Augenblick erwartete, etwas Dämonisches, Grausiges würde auf ihn zuspringen.
    „Gehen wir hinein, damit wir’s hinter uns bringen“, schlug Chambers vor. Er ging auf das Tor zu, das, in rostigen Angeln hängend, halb offenstand. Die schweren Eisenbeschläge auf dem dicken Holz waren verrostet und vom Zahn der Zeit zernagt. Ein Haufen Ziegelsteine lagen mitten im Torbogen, über den die Männer klettern mußten, wenn sie ins Haus wollten.
    Die Luft in der geräumigen Halle war dumpf und moderig. Ein seltsamer Geruch drang in ihre Nasen, der bei Kennaway einen heftigen Hustenreiz verursachte. Die kurzen, bellenden Laute wurden von den Wänden in vielfachem Echo zurückgeworfen und peinigten höhnisch ihre Ohren. Über allem lag jahrhundertealter Staub, den ihre Füße bei jedem Schritt aufwirbelten.
    „Teufel noch mal! Was für ein Ort!“ rief Chambers. „Jetzt, wo ich da bin, bin ich froh, daß ich nicht schon früher hierher kam. Sicherlich hätte ich manchen Absatz im Entwurf für mein Buch anders geschrieben.“
    „Vergessen Sie das Buch für einen Augenblick und helfen Sie uns lieber ein wenig mit Ihrem Fachwissen“, mahnte Fenner. „Können Sie es schon fühlen?“
    „Was fühlen?“
    „Ich kann es nicht beschreiben. Irgend etwas liegt hier in der Luft. Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß es hier drinnen viel dunkler ist als es – entsprechend der Helligkeit draußen – sein dürfte?“
    „Das liegt vielleicht an den schmalen Fenstern“, erwiderte Chambers. „In früheren Zeiten waren die
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