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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen
Autoren: John E. Muller
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Gebäude innen immer düster. Sehen Sie! Ein Teil des Dachstuhls ist eingebrochen. War ja, nach so langer Zeit, auch zu erwarten.“
    Die Männer stiegen eine breite Wendeltreppe hinauf, Fenner voran. Oben angelangt, stieß Fenner die Tür zu einem kleinen Raum auf. „Hier, in diesem Raum, lebte Pendrake.“
    Durch ein winziges Fenster drang nur spärlich Licht, doch ließ es, da es ohne Glas war, ungehindert den kalten Wind herein. Zur Hälfte war das Guckloch mit derben Brettern vernagelt, der Boden des Zimmers war verschmutzt. Der Gestank in diesem Raum war fast unerträglich. Ein widerlicher, ekelhafter Geruch, der einem den Magen umdrehte.
    So war es auch in den anderen Räumen.
    An der Rückseite des Hauses kamen sie wieder ins Freie. Der ehemalige Garten, der sich dort befunden hatte, war wild überwuchert. Ein dichter Teppich von Unkraut breitete sich über das Areal, und es blühte hier merkwürdigerweise noch Etliches, was im Tal schon längst verblüht war.
    „Dort!“ rief Kennaway plötzlich und fuchtelte mit seinem Zeigefinger. Fenner blickte in die angegebene Richtung.
    Die fünf roh behauenen Grabsteine standen schief da, wie faule Zähne in einem Greisenmund, vom Zahn der Zeit benagt, starr und unheimlich im grauen Licht. Langsam gingen die Männer vorwärts, bis zu den Grabsteinen, und starrten auf sie nieder.
    Chambers kniete sich vor den größten Stein und wischte vorsichtig die dicke Staubschicht von der Inschrift, die in das weiche Gestein geritzt worden war.
    Als er sich aufrichtete, schien er noch blasser geworden, als er schon vorher gewesen war. Auf seiner rechten Wange begann ein Muskel zu zucken. Chambers ging einige Schritte zurück, dann begann er mit heiserer Stimme zu sprechen.
    „Das also ist die letzte Ruhestätte der Familie de Ruys. Irgendwie habe ich etwas Derartiges erwartet. Ein unheimlicher, weltabgeschiedener Ort. Niemand hätte sie in geweihtem Boden unten auf dem Friedhof bestattet. Nicht Menschen wie diese da, die ihre Seele dem Teufel verkauften.“
    Fenner stand schweigend da und beobachtete Chambers. Er spürte in diesem Augenblick die gleiche Faszination wie an jenem regnerischen Tag, als man Pendrake der Erde übergeben hatte. Er fühlte, wie ihm Schweiß auf die Stirn trat. Seine Handflächen waren schweißnaß und klebrig.
    „Gehen wir lieber“, sagte Grosser, doch seine Stimme wurde lauter und schriller, je weiter er vom Grab weg auf das Haus zustolperte. „Dieser Ort … dieser Ort … ist …“
    Fenner spürte, wie sich ihm das Haar im Nacken sträubte. Er wandte sich um und wollte Grosser folgen, doch der ungeschlachte Mann war einige Schritte vor ihm so abrupt stehen geblieben, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen.
    , Was zum Teufel, ist los mit Ihnen, Grosser!’ wollte Fenner sagen, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken, das Grauen schüttelte ihn. Nackte Angst ließ ihm fast die Augen aus dem Kopf quellen.
    Im Torbogen, durch den sie noch vor kurzem gekommen waren, hielt sich etwas auf. Ein Schattenwesen ohne Gestalt und Form, ohne jede Substanz. Ein Nebel, dunkel und drohend, nicht greifbar, der sich langsam verdichtete und Gestalt anzunehmen begann. Der Schatten wuchs in die Höhe und in die Breite und verbreitete ein phosphoreszierendes Licht, das den grauen Tag noch zu überstrahlen schien.
    Grosser zitterte am ganzen Leib. „Was, zum Teufel …“, begann er, dann verstummte er.
    Das Ding, das sie da so verschwommen sahen, schien abscheulich. Fenner hatte das undeutliche Gefühl, daß ein lauerndes Gesicht sie aufmerksam beobachtete, aus boshaften, haßerfüllten Augen. Er vermeinte, die Augen nur in seine eigenen starren zu sehen, und er konnte sich aus diesem Blick nicht lösen, so sehr er auch versuchte, seine Augen wo anders hin zu wenden. Die Kleidung, die das Schattenwesen trug, kam ihm nur entfernt bekannt vor. Er tippte auf das sechzehnte oder das siebzehnte Jahrhundert. Die Tracht war offensichtlich die eines Edelmannes.
    Er konnte später nicht mehr sagen, wann ihm plötzlich bewußt geworden war, daß dies ein Mitglied der de Ruys-Familie sein konnte. Er wußte nur, daß er wie gebannt auf diese Erscheinung gestarrt hatte, bewegungslos, unfähig, den kleinsten Muskel zu bewegen, festgebannt vom Eiseshauch, der von dem Wesen auszugehen schien. Er spürte, wie das Blut ihm zäh durch die Adern floß und seine Beine weich wurden. Jener süßliche, widerliche Geruch, den sie schon vorhin im Hause wahrgenommen hatten,
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