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0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
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einem Pferdehuf am Kopf getroffen wurde und ins Koma fiel. Die Kräuterfrau, an die wir uns sonst wandten, wenn kleinere Wehwehchen anstanden, schüttelte nur den Kopf und meinte, dass es hoffnungslos sei. Und einen richtigen Arzt gab es nicht unter uns. Mein Bruder wachte tage- und nächtelang neben dem Bett seiner Frau. Er betete ununterbrochen, machte ihr warme und kalte Wickel, ganz wie die Heilkundige es ihm aufgetragen hatte - und dennoch starb Alma am sechsten Tag ihres schweren Unfalls.«
    Karl seufzte. »Ich höre noch heute den Schrei, der durch das ganze Dorf hallte. Den Schrei meines Bruders, der nicht wahrhaben wollte, dass es vorbei war. Er ließ niemanden in das Zimmer, in dem Alma lag. Er verriegelte die Tür von innen und reagierte auf kein gutes Zureden. Damals dachten wir, er würde sich selbst etwas antun wollen. Und niemand von uns verstand, was tatsächlich geschah. Mein Bruder verließ das Zimmer am nächsten Tag - an der Seite Almas, die neben ihm einher schritt, als hätte es nie ein Unglück, nie den Tod gegeben!«
    ***
    »Du bist sicher, dass die Frau deines Bruders überhaupt starb und nicht einfach nur aus ihrem Koma erwachte?«
    Zamorra sah sich genötigt, die Frage zu stellen - obwohl Karl der ›lebende‹ Beweis dafür war, dass mehr dahinterstecken musste.
    »Mein Vater war dabei, als sie ihr Leben aushauchte. Mein Bruder verschanzte sich erst später mit dem Leichnam.«
    »Diese Alma lebt noch heute?«
    »Sie ist noch da, ja«, bestätigte Karl. »Aber wie ich sehon sagte: Unter Leben verstehe ich etwas anderes. Sie hat dieselben Augen wie ich, in denen sich das Jenseits spiegelt.«
    »Was sagte dein Bruder? Wie ist es ihm gelungen, sie wieder lebendig zu machen und danach offenbar noch so viele andere?«, fragte Nicole mit belegter Stimme.
    Karl vergrub kurz das Gesicht in seinen Händen. Dann sagte er: »Er behauptete, Gott der Allmächtige sei in ihn gefahren und habe ihm die Gabe verliehen. Weil er ein Einsehen mit seinem Schmerz und seinem Flehen gehabt habe…«
    »Aber das glaubst du nicht?«
    »Nein. Wenn überhaupt, war es nicht Gott, sondern Satan. Denn auch Satan, so heißt es doch, stiehlt Seelen oder nimmt sie sich als Pfand…«
    »Konntest du je mit Alma darüber sprechen? Wie sie es erlebt hat?«
    »Nein. Niemand außer mir redet überhaupt darüber. Ich sagte ja, dass ich anders bin. Dass er mich anders gemacht hat. Vielleicht nicht einmal mit Vorsatz. Aber er hat mich immer noch gehasst, tief im Kern seines Wesens, damals als ich schließlich starb. Es grassierte ein Fieber, dem die Hälfte der Bevölkerung unseres kleinen Ortes zum Opfer fiel. Mein Bruder erweckte sie alle. Auch mich. Aber als ich die Augen aufschlug und ihn über mir sah, hörte ich ihn sagen: ›Auch Mutter könnte ewig leben, hätte es dich nie gegeben !‹«
    Nicole schluckte. »Warum hat er dich dann überhaupt zurückgeholt? Wenn er dich wirklich so sehr hasst, dass…«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Karl mürrisch. »Vielleicht muss er jeden zurückholen, weil das die Bedingung des Teufels war. Oder er wusste, wie er mich anders zurückholen konnte, so dass ich der Aussätzige blieb. Über den Tod hinaus…«
    Zamorra und Nicole schüttelten fast unisono den Kopf.
    In diesem Augenblick wurde der Türriegel draußen zurückgeschoben, ohne dass vorher Schritte zu hören gewesen waren.
    Die Tür schwang auf, und mehrere mit Äxten, Messern, Sensen und Sicheln bewaffnete Männer quollen herein. Schweigend. Ihre Augen verrieten, dass sie auch schon durch die Hand von Karls Bruder gegangen waren. Blitzschnell verteilten sie sich.
    Und dann tauchte Karls Bruder selbst auf. Das entwendete Amulett baumelte um seinen Hals, den Dhyarra hielt er in seiner Hand, sodass Zamorra beide sofort sehen konnte.
    Er handhabte die gestohlenen Gegenstände wie Trophäen.
    Zamorra war versucht, Merlins Stern zu rufen.
    Doch er zögerte zu lange. Einer der Männer packte Nicole am Arm und hielt ihr eine Klinge an den Hals.
    »Sie wird sterben«, sagte der Mann, der die Toten erweckte, mit kehliger Stimme an Zamorra gewandt. »Bei der kleinsten Dummheit wird sie sterben. Und auch, wenn du dich weigerst, ihn für mich einzusetzen.«
    »Ihn?«, fragte Zamorra nur mühsam beherrscht.
    »Den Zauberstein.«
    Urban Nestor hob den Dhyarra…
    ***
    Einer Prozession gleich näherten sie sich dem Dorfplatz. Zamorra und Karl liefen an der Spitze, dicht gefolgt von Karls Bruder. Dahinter ein Strom von Menschen - allesamt
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