Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
lebend als jeder andere, den ich jemals auf dieser Welt fand. Auch ihre Werkzeuge sind besonders. Die Kraft, die darin pulsiert. Ich muss sie mir untertan machen! Du weißt, was das bedeutet?‹
    ›Nein‹, log Nestor bebend.
    ›Es bedeutet‹ sagte das Fremde, ewig Kalte in ihm, ›dass ich dich verlassen werde - Wirt. Für immer. Er liebt dieses Weibchen. Er wird alles für sie tun. Alles. Erinnert er dich an jemanden…?‹
    ***
    »Du - du redest nicht gerade wie ein Zombie«, sprach Nicole aus, was auch Zamorra dachte. »Wenn du seelenlos wärest… Ich meine, wir kennen uns ein klein wenig aus in solchen Dingen…«
    Karl starrte sie nur an. So intensiv, dass sie fürchtete, unter seinem Blick selbst zu etwas zu werden, das dem gleichkam, was sich in seinen Augen widerspiegelte.
    »Du kannst nicht seelenlos sein«, unterstrich auch Zamorra.
    »Definiere Seele«, erwiderte Karl, ihm dabei langsam das Gesicht zuwendend. »Ich denke, ich weiß es besser. Ich bin davon betroffen. Auch wenn…«
    »Ja?«
    »Auch wenn es für möglich halte, dass ich mich von den anderen unterscheide. Und wenn dem so ist, kenne ich auch dafür den Schuldigen. Dieses - Monster!«
    »Du redest von deinem Bruder?«
    Karl nickte. Er stand mit hängenden Schultern da.
    »Er hat dich wirklich erweckt?«, fragte Nicole.
    »Ja.«
    »Wann genau war das?«
    »Als ich zehn war. Ich starb an einem Fieber, gegen das kein Kraut gewachsen war.«
    »Welches Jahr?«
    »Achtzehnsechzig.«
    »Achtzehnhundertsechzig…«, wiederholte Nicole gedehnt. »Und wann - hat dein Bruder mit der unglaublichen Gabe dich wiederbelebt?«
    »Am selben Tag.«
    »Wie?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Du hast ihm nie zugesehen? Bei anderen?«
    »Es ist ein heiliger Akt. Jedenfalls verkauft er es als solchen.«
    »Das Dorf weiß davon? Ich meine -alle?«
    Karl ballte die Fäuste. »Ja. Es war nicht zu verheimlichen.«
    Zamorra seufzte, trat vor und legte den Arm um die Schulter des Jungen, der behauptete, hundertvierzig Jahre alt zu sein, und drückte ihn sanft zu Boden. »Setzen wir uns. Ich will jetzt die Geschichte hören. Die ganze Geschichte!«
    Karl zögerte, leistete kurzen Widerstand. Doch dann gab er nach.
    Und erzählte die Geschichte von Elkhart…
    ***
    »Ein Treck von einundzwanzig Planwagen erreichte die Stelle, an der wir uns heute befinden, am 4. August 1850. Sie folgten dem Oregon-Trail, deutsche Aussiedler, die die Alte Welt hinter sich gelassen hatten, weil sie dort keine Zukunft für sich und ihre Familien gesehen hatten. Sie rodeten den Wald und gründeten Elkhart auf der so entstandenen Lichtung. Meine Mutter war schon während des Trecks hochschwanger mit mir. Die Niederkunft ereignete sich am selben Tag, als die kleine Blockhütte fertig wurde, die mein Vater und mein damals fünfzehn Jahre alter Bruder dort gebaut hatten, wo heute das Haus der Nestors steht. Meine Mutter, so wurde sie mir später beschrieben, war eine wunderbare Frau - zäh, ausdauernd, immer voller Optimismus. Dennoch starb sie im Kindbett, wenige Stunden, nachdem ich gesund zur Welt gekommen war. Eine Nachbarsfrau, die schon Wochen vorher ein Kind geboren hatte, nahm mich auf Bitten meines Vaters die erste Zeit auf und teilte die Muttermilch zwischen ihrem Sohn und mir auf. Ich wuchs heran, und es dauerte, bis ich fünf war, dass ich überhaupt begriff, keine eigene Mutter zu haben. Mein Bruder nahm mich eines Tages zur Seite und sagte mir hasserfüllt, dass ich schuld an ihrem Tod sei. Und dass er mich deshalb hasse. Genau wie mein Vater, der ihn mir tatsächlich bei jeder Gelegenheit vorzog - was ich bis dahin aber nie so klar durchschaut hatte.«
    Der Junge schluckte einmal, bevor er fortfuhr.
    »Von diesem Tag an fühlte ich mich wie ein Aussätziger. Und über Jahre änderte sich daran nichts. Einmal sprach ich meinen Vater direkt auf das an, was mein Bruder behauptet hatte - es war etwa zwei Jahre vor meinem Tod. Er war betrunken, beschimpfte mich und prügelte mich mit der Schnalle seines Ledergürtels. Eine andere Antwort erhielt ich von ihm nie. Mein Bruder freite in jener Zeit um Alma, die Tochter des Schmieds. Sie wurden Mann und Frau, und die Ehe veränderte meinen Bruder zum Vorteil. Plötzlich begegnete er mir hie und da sogar freundlich. Alma war eine wunderschöne Frau, und die Liebe zu ihr schien selbst das Herz meines Bruders zu erweichen. Er vergötterte sie. Und es muss ihn wie eine Kugel getroffen haben, als Alma eines Tages in der Schmiede ihres Vaters von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher