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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da
Autoren: Jason Dark
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waren steif, und ebenso steif hingen auch meine Finger nach unten.
    Nichts zu machen.
    Vorbei…
    »So«, sagte sie wieder an meinem Ohr. »Es ist soweit. Ich werde dich in die Grube hineinstoßen und dann damit anfangen, die Erde auf dich zu kippen. Man wird sich morgen zwar darüber wundern, aber das kann mir egal sein, Sinclair. Wer weiß denn schon; was unter dieser Erde liegt? Keiner, nur ich.«
    Alles wies darauf hin, daß sie sich nicht von ihrem Plan abbringen lassen würde. Hatte es da noch Sinn, etwas zu sagen, einige Worte dagegen zu sprechen?
    Ich glaubte nicht daran. Diese Frau war zu grausam, sie gehorchte anderen Gesetzen, denen des Mondes und seinen geheimnisvollen, schwarzmagischen Kräften.
    Ich dachte in diesem Augenblick auch an Suko.
    Durch teuflische Kräfte war er zu einem Kind und praktisch wehrlos gemacht worden. Es war uns noch gelungen, ihn aus Cigams Klauen zu retten, aber an seinem Zustand hatten wir nichts ändern können.
    Es gab ihn als Geisterjäger praktisch nicht mehr. Und in kürzester Zeit würde es mich auch nicht mehr geben.
    Man hatte uns beide aus dem Weg geräumt. So schnell, so hastig und brutal ging das.
    Ich atmete heftig. Mir wurde übel, bereits ein erstes Anzeichen der Angst, die zwangsläufig kommen würde. Da reagierte ich wie jeder andere Mensch auch.
    Ich schwankte.
    Selma ließ mich los.
    Sie stieß mich an.
    Dieser kurze Stoß reichte aus.
    Ich fiel nach vorn.
    Und das verfluchte Grab öffnete sich mir wie der Fallschirm eines Springers…
    ***
    Vor dem offenen Friedhofstor blieb Harriet Slade stehen. Erst jetzt, wo sie etwas zur Ruhe kam und die innere Spannung nachließ, merkte sie wieder die Schmerzen, die ihren Körper quälten und praktisch keinen Muskel und keine Sehne ausließen.
    Für sie kam es schon einem kleinen Wunder gleich, daß sie sich überhaupt auf den Beinen halten konnte und den Weg bis hierher geschafft hatte.
    Der Friedhof…
    Als sie daran dachte und durch das offene Gittertor schaute, bekam sie eine Gänsehaut. Sie bedeckte wie ein Schauer aus Eis ihre gesamte Gestalt, und selbst auf der Kopfhaut spürte sie das Prickeln.
    Es war ihr gelungen, diese Selma Scott zu verfolgen, ohne von ihr entdeckt zu werden. Für diese kleine Meisterleistung hätte sie sich gerne selbst auf die Schulter geklopft, das aber wäre nur mit neuen Schmerzen verbunden gewesen, deshalb ließ sie es bleiben und suchte vor sich das breite, freie Gelände ab.
    Rechts lag die Leichen- und Trauerhalle. Der Turm der Kirche überragte den Bau als starrer Schatten.
    Vor ihr war der breite, mit Steinen bestreute Platz leer. Aber dort, wo er in den Hauptweg einmündete, ging die alte Frau mit dem Gefangenen über der Schulter.
    Mittlerweile hatte ihn Harriet erkannt. Es war der Mann, der mit ihr auf der Beerdigung gesprochen hatte. Ein Fremder, aber jemand, der diese Selma Scott wohl nicht leiden konnte.
    Daß sie zusätzlich noch einen Spaten mitführte, ließ auf etwas Schreckliches schließen. Da konnten gewisse Alpträume zur Wahrheit werden, und Harriet dachte daran, daß der Mann begraben werden würde. Womöglich noch lebendig.
    Sie schüttelte sich.
    Weglaufen und die Polizei alarmieren? Das wäre eine Möglichkeit gewesen, allerdings hätte sie Zeit gekostet. Außerdem wäre Harriet dann nicht die Heldin gewesen.
    Nein, sie würde weitergehen, auch wenn sie sich vor einem nächtlichen Friedhof fürchtete. Und sie mußte sich beeilen, sonst waren die Personen noch verschwunden, schließlich bot das Gelände genügend Deckung.
    Harriet Slade wuchs in diesen Augenblicken über sich selbst hinaus, als sie durch das Tor schlüpfte und sich dann ärgerte, weil ihre Füße auf den kleinen Steinen bei jedem Tritt zu viele Geräusche hinterließen. Aber sie machte weiter, sie überwand ihre Schmerzen, sie ging schneller, auch wenn sie humpelte.
    Wo steckte die Frau?
    Am Ende des Platzes blieb sie stehen.
    Für mehrere Wege konnte sie sich entscheiden. Erst hatte sie mit dem Gedanken gespielt, den Hauptweg einzuschlagen, sich aber dann gesagt, daß die Person nicht durch einen zufällig daherkommenden nächtlichen Friedhofsfreak entdeckt werden wollte und deshalb andere Pfade eingeschlagen hatte.
    Auch sie tat es.
    Die stille, mit Gräbern und Grabsteinen geschmückte unheimliche Landschaft schluckte sie. Harriet bewegte sich durch die dichte Finsternis, die aus Hunderten von Armen zu bestehen schien, deren Hände über ihren gesamten Körper strichen, als wollten sie diesen
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