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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da
Autoren: Jason Dark
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Für sie war ich so gut wie erledigt.
    Ob sie atmete oder nur keuchte, war für mich nicht so genau herauszufinden. Jedenfalls hatten mich die Geräusche zuerst gestört, jetzt hatte ich mich an sie gewöhnt.
    Die Gasse schien kein Ende zu nehmen, die düsteren Hausfassaden ebenfalls nicht. Wohin wir gingen, konnte ich nicht erkennen, mein Blick war nach hinten gerichtet. Ich starrte in die Gasse hinein und hoffte darauf, daß sich irgendwann eine Haustür öffnen und jemand seine Wohnung verlassen würde.
    Es war vergeblich.
    In diesem verfluchten Kaff zogen sich die Menschen wohl mit den Hühnern zurück.
    Dann veränderte sich dort etwas.
    Dicht über dem rissigen Pflaster huschte etwas hinweg. Es waren sich schnell bewegende Wesen, die so gut wie lautlos liefen und schneller waren als wir.
    Ich konzentrierte mich auf sie und sah sehr bald die funkelnden Kreise. Da wußte ich, wer dabei war, uns einzuholen.
    Katzen!
    Pechschwarze Katzen. Wenn mich nicht alles täuschte, zählte ich sechs dieser Tiere.
    Ich bin ein Katzenfreund. In diesem Augenblick aber paßten sie mir überhaupt nicht.
    Auch veränderten sie ihr Tempo, sie liefen schneller, sprangen manchmal sogar, so daß eine Katze die andere im Sprung überholte, als wollte jede die erste sein, die uns erreichte.
    Und sie blieben bei uns.
    Sie paßten sich der Schrittfolge der hexenhaften Frau an, die ihren Kopf nach rechts und links drehte, die Tiere sah und sehr froh darüber war. Sie lachte leise. Aus ihrem Mund drang ein Zischen, und sie begrüßte die Tiere mit geflüsterten Worten.
    »Ich wußte, daß ihr mich nicht im Stich lassen würdet, meine Freunde. Ja, ich wußte es genau. Kommt zu mir, bleibt in meiner Nähe. Es wird alles wunderbar werden. Ihr werdet zuschauen können, wie ich dem Mond ein Opfer bringe und wie ich es dann durch seine Kraft schaffe, wieder zu erblühen. Ihr werdet euch mit mir freuen, meine Lieben, das kann ich euch versprechen.«
    Sie reagierten sogar, sie sprangen die Frau an, wild und freudig, wie mir schien, und auch ich wurde nicht verschont, denn einige Male kratzten Krallen über meine Handrücken.
    Die Katzen hatten mich abgelenkt. Mir war nicht aufgefallen, daß wir die alte Gasse längst hinter uns gelassen hatten und über das freie Feld gingen.
    Rechts lagen noch einige Häuser, allerdings abgeschirmt durch hohe Laubbäume.
    Der Weg wurde beschwerlicher. Selma Scott mußte mehr als einmal stampfen, was ihr nicht gefiel, denn ich hörte ihr wütendes Schimpfen, aber sie hielt durch.
    Ihre Kraft war so stark, daß sie nicht einmal die Schulter wechselte und mich auf die andere legte.
    Sie ging unbeirrt ihren Weg. Es war nur eine Frage der Zeit, wann wir den Friedhof und damit auch das für mich vorbereitete Grab erreichten.
    Da erschien vor uns das breite Eingangstor. Im Mondlicht warf es einen Schatten, deshalb konnte ich es auch erkennen.
    Sie mußte das Tor aufziehen.
    Die Katzen drängten sich dicht um unsere Beine. Sie schabten mit ihren Körpern am Stoff der Hose, sie schrieen leise oder miauten, bewegten ihre Pfoten über den Boden und rissen mit ihren Krallen die Erde auf.
    Das Tor ›schrie‹ leise, als die Alte es nach außen zog und den Weg freimachte.
    Zuerst huschten die Katzen auf das Gelände. Flink und beinahe lautlos. Sie wußten genau, wohin, sie zu laufen hatten und tauchten ein in die Finsternis.
    Natürlich befand ich mich nicht zum erstenmal auf einem Friedhof. Sie gehörten praktisch zu meinen bevorzugten ›Arbeitsplätzen‹, aber nie zuvor hatte ich ein solches Gelände auf eine derartige Art und Weise ›betreten‹.
    Trotz meiner unbequemen Lage bekam ich einiges von der gespenstischen Atmosphäre des Friedhofs mit. Wir bewegten uns nicht durch den neueren Teil des Totenackers, sondern waren dort, wo die alten Gräber lagen, die Familiengruften. Ich war gespannt darauf, wo sie das Grab für mich ausgesucht hatte. Wenn wir auf den neuen Teil gingen, wo auch mein alter Lehrer begraben lag, würde es noch dauern, aber danach sah es nicht aus, denn wir verließen den breiten Weg und betraten einen schmalen Pfad, dessen Seiten von einer Hecke eingefriedet wurden.
    Ich hörte ihre Tritte, die über den Untergrund kratzten. Ich sah die Augen der Katzen. Ich schwang immer wieder von einer Seite zur anderen. Die Stiche, die dann durch meinen Schädel zuckten, endeten in kleinen Explosionen, so daß mir hin und wieder schwarz vor Augen wurde, und ich hatte es noch nicht geschafft, mich zu
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