Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0707 - Im Schatten des Vampirs

0707 - Im Schatten des Vampirs

Titel: 0707 - Im Schatten des Vampirs
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
Tendyke.
    Nur war der eben ausgetauscht worden gegen sein negatives Ich…
    Zamorra wusste, dass er sich so bald wie möglich darum kümmern musste, in diesem Punkt wieder »geordnete Verhältnisse« herzustellen. Freunde lässt man nicht im Stich - er musste Tendyke irgendwie aus der Spiegelwelt heraus holen und zur Erde zurück bringen.
    Beim ersten Mal hatte das leider nicht geklappt…
    Aus den Augenwinkeln warf er einen Blick auf die Chinesin, die neben ihm saß. Sie hatte ihn am Flughafen von Shanghai abgeholt und sich als Yu Li-Wen vorgestellt. Er schätzte sie auf Mitte dreißig. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Zopf zusammengeflochten, der über ihre Schulter hing und mit dem sie seit Beginn des Fluges nervös spielte. Angeblich war sie die Polizistin, die den Fall zu bearbeiten hatte, aber daran konnte Zamorra nicht so recht glauben. Er hielt es für unwahrscheinlich, dass eine normale chinesische Polizeibeamtin fließend und fast akzentfrei Englisch sprach.
    Zamorra sah auf, als einer der beiden Piloten seinen Platz im Cockpit verließ und sich seinen Weg an den grau gekleideten Ölarbeitern vorbei bahnte. Er ging auf Yu Li-Wen zu, die ihn bemerkte und aufstand. Die beiden tauschten einen Wortschwall aus, dann wandte sich die Chinesin an Zamorra.
    »Er sagt«, rief sie über den Lärm hinweg, »dass wir in fünfzehn Minuten da sind. Es herrscht ein starker Wind, deshalb sollten Sie sich gut festhalten.«
    Zamorra nickte abwesend. Er sprach keinen der beiden großen chinesischen Dialekte, weder kantonesisch noch Mandarin, und war darauf angewiesen, dass Yu Li-Wen für ihn dolmetschte. Zumindest war er bis vor einigen Stunden davon ausgegangen, aber seit seiner Ankunft in Shanghai hatte er den Eindruck, mehr und mehr von dem zu verstehen, was um ihn herum gesagt wurde. Es erschien ihm, als dränge eine längst verschüttete Erinnerung langsam zurück an die Oberfläche.
    Wie kann das sein?, dachte er. Wie kann ich mich an etwas erinnern, das ich nie gelernt habe?
    ***
    »Detective O'Neill kommt gleich«, sagte der junge Polizist, der an der Rezeption des Polizeireviers saß. »Nehmen Sie doch einen Moment Platz.«
    »Danke.« Nicole drehte sich um und ging auf eine Reihe von Stühlen zu, die an der Wand standen. Nur zwei von ihnen waren besetzt. Auf dem einen saß eine südamerikanisch wirkende ältere Frau, die lautlos in ein Taschentuch weinte, auf dem anderen ein Weißer mittleren Alters, der wie ein Geschäftsmann aussah.
    Nicole suchte sich einen Stuhl am Fenster aus und sah hinaus auf den Pico Boulevard, eine der Hauptverkehrsstraßen, die Los Angeles von den Hügeln Hollywoods bis zum Pazifik durchschnitt. Der Verkehr quälte sich in der beginnenden Rush Hour durch die Sommerhitze. Die weiter entfernt liegenden Häuserblocks verschwammen hinter einer Wand aus Abgasen und waberten wie eine Fata Morgana.
    »Sie sind längst hier«, sagte der Geschäftsmann unvermittelt.
    Nicole wandte sich vom Fenster ab und sah ihn an. »Wer?«
    »Die Kontrolleure. Sie zeigen sich niemandem, aber ich sehe sie.« Er deutete mit dem Kopf nach draußen. »Sie sind überall.«
    »Natürlich«, sagte Nicole und fragte sich, wieso sie bei jedem Besuch in Los Angeles mindestens einen Wahnsinnigen traf.
    »Dann siehst du sie auch?« Der Mann klang aufgeregt. »Wir sind auserwählt, die Menschheit zu retten. Du und ich, wir…«
    Er brach ab. Es klirrte, als er seine Hände bewegte und Nicole bemerkte überrascht, dass er an die Stuhllehnen gefesselt war.
    »Wir müssen hier raus«, flüsterte er. »Sie dürfen unsere Gedanken nicht lesen. Wenn…«
    »Nicole«, unterbrach ihn eine Stimme. »Schön, dich zu sehen.«
    Detective Jack O'Neill stand in der offenen Tür. Er war unrasiert, hatte dunkle Ringe unter den Augen und trug einen Anzug, der aussah, als hätte er darin geschlafen. Trotzdem grinste er, als er Nicole umarmte.
    »Wie ich sehe, hast du den Mann, der die Welt von sämtlichen Schaffnern und U-Bahn-Kontrolleuren befreien will, bereits kennen gelernt.«
    Der Gefangene riss an seinen Handschellen. »Wenn du sie auch siehst, warum unternimmst du dann nichts?«
    »Wir sehen sie alle, Henry«, sagte O’Neill geduldig. »Aber die meisten von uns versuchen nicht, einem Schaffner die Haut vom Gesicht zu ziehen, um seine wahre Gestalt zu erkennen.«
    Er wandte sich an Nicole. »Komm, ich zeig dir, weshalb ich euch nach L. A. gebeten habe. Wo ist überhaupt Zamorra?«
    »Er geht in China einem anderen Fall
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher