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070 - Komplott der toten Moerder

070 - Komplott der toten Moerder

Titel: 070 - Komplott der toten Moerder
Autoren: Fritz Steinberg
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auf.
    Vor ihnen lag ein schmaler, düsterer Hof, von hohen Hauswänden umgrenzt. Nur an einer Seite befand sich eine zwei Meter hohe Trennmauer.
    „Kommen wir hier raus?“ fragte Landru.
    „Wir müssen es versuchen“, antwortete Marfadra.
    Sie schleppten eine Mülltonne zu der Mauer hin, stiegen darauf und zogen sich hinüber auf die andere Seite.
    Sie standen in einem anderen Hof, der ebenso klein war. Auch ohne freien Ausgang.
    Landru betrachtete die hohen, schwärzlichen Wände. Aus seinem Mund kam ein dünnes Geheul, das an einen klagenden Wolf erinnerte.
    „Sei still!“ herrschte ihn Marfadra an.
    Landru hörte auf. Er sah sich verwundert nach allen Seiten um, als hätte er vorübergehend vergessen, wo er war. Er lief zu der Tür, die von diesem Hof in das Nachbarhaus führte.
    Sie war unverschlossen.
    Hinein in die Dunkelheit des Hausganges – die Vordertür abgeschlossen. Zurück nach hinten, die Kellertreppe hinunter. Endlich war ein Fenster zu sehen. Er stellte eine Kiste darunter und stieg hinauf.
    Das Fenster war viel zu eng für ihn.
    Aber er mußte hindurch. Er schob den Kopf seitlich durch das Eisengitter, schrammte sich ein Ohr auf, zwängte die Kinnpartie in die Öffnung. Da verloren seine Füße den Halt unter ihm. Die Kiste fiel polternd um.
    Er zappelte herum, bis seine Finger neben dem Kopf einen schmalen Halt fanden, einen winzigen Halt. Er krallte sich fest und schnappte nach Luft.
    Mit letzter Kraftanstrengung versuchte er seine Schulter in die Öffnung zu stemmen. Vergeblich. Ebenso wenig besaß er noch die Kraft, seinen Kopf wieder heraus zu zwängen.
    Landru und Marfadra blickten in einen kleinen Schacht, wie man ihn meist vor den Kellerfenstern von Großstadthäusern hat. Etwa einen Meter darüber lag ein eiserner Rost. Und über dem Rost – die Straße. Verzweiflung ergriff sie beide, als sie in zitternder Anstrengung dort hingen. Für einen Zeitraum von einer halben Minute oder auch zwei Stunden erinnerten sie sich an nichts. Sie hingen zwischen Bewußtlosigkeit und Panik wie an einem Galgen.
    Erst als ein vorbeikommender Fußgänger auf den Rost trat, kamen sie wieder zu sich.
    Draußen war es heller geworden.
    Landru gelang es, sich ächzend umzudrehen, so daß sein Gesicht nach oben zeigte. Jetzt konnte er die Knie anziehen und die Füße gegen die Kellerwand stemmen. Ein Zentimeter. Noch einer. Noch einmal. Er hielt schwer atmend an. Gleich darauf ein verzweifelter Ruck, und es gelang ihm, die Schulter durchzuzwängen.
    Er saß so qualvoll in dem Fenster fest, daß er kaum Luft bekam. Aber jetzt konnte er seine Hände nach oben strecken, sich in die kleinen Vierecke des Rostes krallen und ziehen. Marfadra hatte das Gefühl, daß seine Finger abgeschnitten würden. Aber Landru achtete nicht darauf. Er zerrte und zerrte, bis nur noch die Knie in dem Fenster waren. Da sank er keuchend gegen die Schachtwand und schloß die Augen.
    „Vorwärts!“ mahnte Marfadra. „Steh auf.“
    Aber Landru war eingeschlafen. Marfadra blieb wach. Er sah sich als Wachender in der absonderlichen Traumwelt des toten Wesens gefangen. Landru träumte, daß er durch endlose kahle Gänge schwebte.
    Die Gänge waren erfüllt von widerhallenden, gleichmäßigen Taktschlägen, etwa im Tempo einer alten Standuhr. Dazwischen erklang ein betäubendes Froschquaken. Eine Frau mit aschgrauem Gesicht und glasigen offenen Augen glitt stumm vorbei. Aus einem Seitengang kam zähnebleckend ein Neandertaler, der auf die kahle Wand zustürzte und in rasender Eile mit Schmutz und Unrat das Bild eines durchgeschnittenen Halses malte. Vor Landru erweiterte sich der Gang nach rechts, links, oben und unten trompetenförmig ins Unendliche. Fern von hier, in der Halbdämmerung, war ein graues Gebilde zu sehen. Es schien aus Stein zu bestehen, glich aber einem leeren Schädel, durch dessen Öffnungen weißlicher Rauch kam. Marfadra raffte feucht klebrigen Unrat vom Boden auf und malte damit riesengroß die Worte ‚Wach auf’ an die Wand. Immer wieder: ‚Wach auf. Wach auf’. Alle Wandflächen waren schließlich davon bedeckt.
     

     
    Landru öffnete die Augen.
    Er hockte zusammengesunken in dem Kellerfensterschacht. Schwerfällig stemmte er sich hoch, wobei er mit Schultern und Nacken den Rost abhob.
    Die Straßen waren noch immer menschenleer. Er kroch auf die Straße hinaus und sah benommen die Steinplatten des Pflasters an. Er schob das Gitter wieder an seinen Platz, richtete sich auf und ging schwankend
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