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070 - Komplott der toten Moerder

070 - Komplott der toten Moerder

Titel: 070 - Komplott der toten Moerder
Autoren: Fritz Steinberg
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heimlicher Kindermörder? Eh?“
    „Ha! Ha!“ machte Morricourt nicht sonderlich begeistert. „Immer der alte Jacques Leburton. Man wird dir noch einen Orden für Kalauer verleihen.“
    „Was soll das heißen – immer der Alte? Schließlich fällt mir ständig etwas Neues ein. Ganz im Gegensatz zu euch Sargschnüfflern, die ihre Mörder nicht gerade reihenweise einharken.“
    „Na, dann laß dir mal was einfallen, damit dir der hier begegnet“, sagte Morricourt noch mißmutiger. Er gab Leburton die Phantomzeichnung und wollte an ihm vorbei.
    „He!“ rief Leburton. „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen? Aber mit Leburton könnt ihr das nicht machen. Hier nimm dein Foto und zeig’s eurem Alten, der fällt bestimmt darauf ’rein!“
    „Was ist denn jetzt wieder?“ fragte Morricourt.
    „Was jetzt wieder ist? Du denkst wohl, ich bin noch nie im Kriminalmuseum gewesen. Das ist ein Foto von Landru! L-A-N-D-R-U, Massenmörder, mit der Guillotine hingerichtet in Großvaters Jugendzeit. Und nun entschuldigst du wohl, auf mich wartet nämlich ernsthafte Arbeit.“
    Morricourt sah ihm nachdenklich nach. Er zog Augenbrauen und Schultern hoch: Komischer Typ, dieser Jacques. Was hatte er gesagt? Morricourt steckte das Foto wieder ein. Drei Treppenabsätze weiter holte er es noch einmal heraus, betrachtete es und ging den langen Gang hinunter, an dessen Ende sich eine Tür mit dem Schild „Kriminalmuseum“ befand.
    Einige Minuten später legte er seine Phantomzeichnung fasziniert neben ein vergilbtes Foto. Eine verblüffende Ähnlichkeit.
    Morricourt griff zum Telefon. Nun wurden sämtliche Pariser Streifenbeamte per Funk angewiesen, die ausgegebene Phantomzeichnung mit der Kleidungsbeschreibung nicht zu beachten. Denn wenn das herauskam – welche Blamage. Die Pariser Polizeipräfektur hatte die Fahndung nach einem Mann eingeleitet, der seit mehr als einem halben Jahrhundert tot war. Alle anderen Angaben der Zeugin wurden stillschweigend ad acta gelegt.
     

     
    Der Fahndungs-Widerruf ging um 16.05 Uhr hinaus. Um diese Zeit erwachte Hassan Marfadra benommen, er hatte einige Stunden auf der Kirchenbank geschlafen. Das majestätische Lärmen eines Orgelkonzerts hatte ihn geweckt. Es flößte ihm Furcht ein. Er trat hinaus in den Herbstsonnenschein.
    „Hoppla“, dachte der Polizeibeamte, der auf seinem Streifengang gerade an dem Kirchenportal vorbeikam. „Das wäre einer, auf den die Beschreibung paßt. Wenigstens die Kleidung. Aber die in der Präfektur wissen ja nicht, was sie wollen!“ Er wandte sich ostentativ von dem verstört wirkenden, abgerissenen Marokkaner ab und patrouillierte weiter.
    Marfadra trat an einen Würstchenstand schlang heißhungrig etwas hinunter, was nach Pfeffer, heißem Fett und Curry schmeckte. Allah sei Dank – wenigstens gab es in diesem Frankreich Curry. Vielleicht hatte er einen dieser üblen Träume gehabt, wie sie einem nach schlechtem Essen – er dachte an die Mahlzeit im Flugzeug – beschieden waren.
    Aber das entsprach nicht den Tatsachen. Denn wo war sein Koffer geblieben? Und wie konnte sein Anzug so erbärmlich zerfetzt aussehen? Er blinzelte und faßte in seine Tasche. Heraus kam seine Hand mit einem kleinen Bündel Banknoten, die ihm nicht gehörten.
    Als er sich umdrehte, sah er, wie der Wurstverkäufer seine Kleidung und das Geld neugierig musterte. „Wenigstens habe ich mir bei dem Unfall nichts gebrochen“, sagte Marfadra in fließendem Französisch. „Aber mein Fahrrad ist völlig kaputt. Na ja! Geben Sie mir bitte noch einmal dasselbe.“
    Er zahlte, schlang das Essen hinunter und ging. Im Gehen versuchte er über seine unerklärlichen neuen Französisch-Kenntnisse nachzudenken. War Landru noch in ihm?
    Aber dieses Nachdenken wurde durch eine weitere Entdeckung gestört: Marfadra fand, daß er mit einer rätselhaften Kenntnis des französischen Alltagslebens durch die Straßen dieser ihm völlig fremden Stadt ging. Und – er konnte riechen, welche von den vielen Frauen, die ihm begegneten, allein lebte! Er konnte es riechen.
    War von Landrus Persönlichkeit etwas in ihm zurückgeblieben? Die neue Kaltblütigkeit, mit der er alles betrachtete und bedachte, schien diese zweite Vermutung zu bestätigen.
    Ich muß mich neu einkleiden, dachte er, ich ziehe zu viele Blicke auf mich.
    In einem Trödlerladen kaufte er eine gebrauchte, sauber gebügelte Jacke mit fast dazu passender Hose. Beides zog er sofort an. Der Tag ging langsam in Dämmerung über, als er
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